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Hans Joachim Schellnhuber, Klimaforscher und Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK).

© dpa

Neue Initiative für Staudenhof-Erhalt: Klimaschützer Schellnhuber stellt sich gegen Abrisspläne

Ein neuer Aufruf zur Sanierung des umstrittenen Wohnblocks hat schon mehr als 200 Unterstützer - darunter ist auch der Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.

Der Widerstand gegen den im nächsten Jahr geplanten Abriss des Wohnblocks Staudenhof am Alten Markt bekommt viel prominente Unterstützung. Einen neuen Aufruf zur Rettung des DDR-Baus haben unter anderem der Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber, sowie als Privatperson der Chef der Schlösserstifung, Christoph Vogtherr, unterzeichnet.

Ebenso finden sich unter den Unterstützern die frühere Stadtentwicklungssenatorin von Berlin, Katrin Lompscher (Linke), der Präsident der Universität der Künste in Berlin, Norbert Palz sowie die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe, Barbara Metz. Die Liste mit den schon mehr als 200 Unterstützern stellte die im Rechenzentrum neu gegründete Initiative „Retten wir den Staudenhof“ am Freitag der Presse vor.

Unterschrieben wurde dabei gegen die Idee, den 1972 gebauten Block abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen, der sich in den historischen Stadtgrundriss einfügt. Doch die Nachahmung solcher „unzeitgemäßen Stadtbilder“ könne man sich angesichts der Klimakrise „nicht mehr leisten“, heißt es in dem neuen Aufruf. So würde man mit einem Neubau den Kohlendioxid-Emissionen von 40.000 Bäumen freisetzen „und zusätzlich knappe Ressourcen und Energie verbrauchen“ - trotz des 2019 ausgerufenen Klimanotstands für Potsdam. Unterstützer Schellnhuber hat wie berichtet in Potsdam die Initiative „Bauhaus der Erde“ initiiert, die sich überregional und staatlich gefördert für mehr Klimaschutz im Gebäudebereich einsetzt.

Vielmehr müsse der Staudenhof zum ersten Haus in der Mitte Potsdams werden, „das beispielhaft aufzeigt, wie Gebäude und Städte im Zeichen des Klimawandels weitergedacht werden können“. Die Rede ist von einem „Zeichen der dringend benötigten Bauwende von nationaler und internationaler Bedeutung“. Ziel müsse ein „ökologischer und sozial verträglicher Um- und Weiterbau des Staudenhofs“ sein, heißt es weiter. So könne der Staudenhof „umgebaut und durch Erweiterungen ergänzt werden, die in Holzbauweise mit vergleichsweise geringem Kosten- und Materialaufwand zu realisieren sind“.

Der Wohnblock Staudenhof am Alten Markt

© Foto: pnn/Andreas Klaer

Dafür haben auch mehrere Potsdamer Institutionen und Vereine ihre Stimme gegeben, so die Potsdamer Arbeiterwohlfahrt, das Autonome Frauenzentrum, der Potsdamer Mieterverein, der Stadtjugendring und das linke Netzwerk „Stadt für alle“. Auch diverse Vertreter des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten finden sich auf der Liste, ebenso aktive oder frühere Politiker der Linken sowie aus der Fraktion Die Andere. Dazu kommen mehrere Kunsthistoriker, mit Bauen befasste Professoren oder auch Ulrike Rehberg, Büroleiterin und Pressesprecherin Brandenburgischer Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB). Zu den Unterstützern gehört ferner Heinz-Herwig Mascher, Vorsitzender der Grünen Liga in Brandenburg. 

Bisher ist der Abriss des Staudenhofs gesetzt - erst im Mai 2021 hatte ein breites Bündnis aus CDU, SPD, Bürgerbündnis, FDP und AfD das Ende des Baus besiegelt. Ebenso hatten die Grünen zugestimmt, was schon damals für Irritationen bei Klimaschützern sorgte. Dagegen votierten damals die Linken und Die Andere. Allerdings steht nun wieder eine Abstimmung an. So müssen sich die Stadtverordnete zu dem mit rund 6600 Abstimmungspunkten durchaus erfolgreichem Bürgerhaushaltsvorschlag verhalten, den Staudenhof klimaschonend zu sanieren.

Die Stadtverwaltung lehnt einen Erhalt bisher ab

Hierzu hat die Stadtverwaltung bereits auf den schlechten Gesamtzustand des Hauses hingewiesen - weswegen anzunehmen sei, dass der klimatische Mehrwert „sehr gering“ ausfalle. „Auch sind zur Zeit der Erbauung heute nicht mehr zulässige und teils gesundheitsschädigende Baustoffe verwendet worden, was eine Sanierung weiter verteuern würde.“ Zudem bestehe in dem Neubau ein „großer Gestaltungsspielraum für die Stadt, bezahlbaren und bedarfsgerechten Wohnraum - insbesondere auch große Wohnungen für Familien im Zentrum - mit zeitgemäßen Grundrissqualitäten und energetischen Standards anzubieten.“

Kritiker überzeugt das nicht: So hat die Fraktion Die Andere angesichts der massiv steigenden Baukosten eine neue Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Varianten Abriss und Neubau sowie Sanierung beantragt, über die auch im Stadtparlament entschieden werden muss. Schon 2021 war die Sanierung des Hauses auf rund 18 Millionen Euro geschätzt worden. Der Neubau mit mehr Wohn- und Gewerbeflächen, der auch mit Hilfe von hier möglichen Fördermitteln realisiert werden könnte, wurde mit knapp 40 Millionen Euro angegeben.

Die Veröffentlichung des Aufrufs der neuen Initiative soll nur der Auftakt einer Reihe von Aktivitäten sein, auch weitere Mitstreiter werden gesucht. Am 7. Dezember will das Bündnis den Appell im Stadtparlament an Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) übergeben, unter www.staudenhof.info gibt es auch eine neue Internetseite zum Thema. Über den Wohnblock wird seit Jahren gestritten. Der erste Abrissbeschluss erfolgte 2012, im Zuge der Beschlüsse zur Wiedergewinnung der Potsdamer Mitte - dem das Haus im Wege steht. Derzeit sind dort auch Flüchtlinge untergebracht, der Leerzug läuft bereits.

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