zum Hauptinhalt

ATLAS: Mutig

Henri Kramer wünscht der Diskussion um das Toleranzedikt viel Glück

Das Vorhaben klingt mutig. Zehn Thesen liegen nun im Entwurf für ein neues Potsdamer Toleranzedikt vor, die von den Bürgern diskutiert werden sollen, auf den Plätzen der Stadt und im Internet. Es geht um die Zukunft der Stadt: Wie wollen die Ur-Potsdamer mit den neuen Familien aus Bayern und Sachsen zusammenleben, wie mit den Migranten, wie mit den anderen Minderheiten? Wohin will die Stadt, was ist ihr Leitbild? Mit dem Toleranzedikt sollen solche in den vergangenen Jahren oft vernachlässigten Kernfragen nun diskutiert werden, mindestens ein Jahr lang. Dabei, so versprechen die Verantwortlichen in der Verwaltung, soll es keine Zensur geben. Das verspricht Spannung: Dieser Ansatz ist fast schon ein sozialwissenschaftliches Experiment – und könnte deswegen faszinierend sein. Denn die Idee der freien Rede wird hier in ihrer ursprünglichen Form ohne Beschränkungen umgesetzt. Wo sich Bürger sonst oft ungefragt die demokratischen Selbstvergewisserungen der Politik anhören müssen, können sie nun selber ihrer Meinung freien Lauf lassen. Diese wird mit Sicherheit manches Mal weh tun, wohl auch die guten Sitten verletzen, vielleicht sogar Grenzen überschreiten. Extremisten sollen von der übergroßen Mehrheit demokratisch gesinnter Potsdamer Bürger schlicht übertönt werden. Ob sie reif sind dafür oder nicht, wird sich nun zeigen müssen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false