zum Hauptinhalt

Gemälde von Sissis Maler: Mit Sissis Qualitätssiegel

Die Gemeinde Sankt Peter und Paul ließ ein Gemälde restaurieren und entdeckte einen kleinen Schatz: Das Bild stammt vermutlich von einem Hofmaler der österreichischen Kaiserin.

Jahrelang lag das Bild auf dem Kirchendachboden von Sankt Peter und Paul. Nach einem Wasserschaden hängte man es in der Sakristei auf, damit es keine weiteren Schäden erleiden würde. Was es damit auf sich hatte, wusste keiner so recht. Die Oberfläche war mit einem dicken Schmutzfilm überzogen, die Firnis-Schicht darunter stark vergilbt. Einige Nägel waren herausgebrochen, sodass sich dort die Leinwand vom Rahmen gelöst hatte und geschrumpft war. Stellenweise bröckelte die Farbe.

Auch die Restauratoren Grit Jehmlich und Oliver Max Wenske wussten nicht, was sie da erwartete, als sie im vergangenen Jahr zunächst mit der Reinigung des Gemäldes begannen. Dann aber zeigte sich Schritt für Schritt der Schatz: Ein handwerklich virtuoses und thematisch einzigartiges Gemälde – es zeigt eine Beichtstuhl-Szene–, das Hermann Fidel Winterhalter (1808 bis 1891) zugeschrieben wird. Auch Winterhalters Bruder Franz Xaver war Maler, beide arbeiteten Hand in Hand, waren erfolgreich und gut nachgefragt. Viele Mitglieder bedeutender Königs- und Adelshäuser ließen sich von ihnen porträtieren, mehrmals auch die österreichische Kaiserin Elisabeth. Von Franz Xaver stammt beispielsweise der berühmte Schulterblick der Kaiserin im weißen Kleid und mit markantem Edelweiß-Schmuck im Haar.

Nun also ein Bild von Sissis Hofmaler in Potsdam? Jehmlich und Wenske sind sich sicher, dass es so ist. Hinweise geben die Signatur „HW“ auf der Rückseite des Bildes und Abgleiche mit anderen Werken. Zudem konsultierten die Potsdamer Restauratoren weitere Experten, die ihnen zustimmten. „Es gibt auch keine andere Idee, wer es sonst sein könnte.“

Am gestrigen Freitag wurde das restaurierte Gemälde „Im Beichtstuhl“ der Öffentlichkeit präsentiert. Viele Gemeindemitglieder wollten dabei sein, als das Bild feierlich enthüllt wurde. Noch steht es vorne im Kirchenschiff auf einer Staffelei. In einigen Tagen soll es an seinen endgültigen Platz kommen, dann wird das doch recht große Bild, 175 mal 145 Zentimeter, über dem Taufbecken im rechten Seitenschiff hängen – ein repräsentativer Ort. „Es passt auch im theologischen Kontext“, sagt Propst Klaus-Günter Müller. „Taufe und Beichte, bei beiden Sakramenten werden die Sünden vergeben.“ Das Bild wurde vermutlich um 1850 angefertigt, der Kunde des eher ungewöhnlichen Sujets könnte ein kirchlicher Würdenträger gewesen sein, der über eine entsprechend prächtige und große Residenz verfügte.

Stilistisch ist es im Biedermeier einzuordnen. Das Bild strahlt eine angenehme Ruhe aus – ohne spannungslos zu sein. Als erstes fällt das Auge auf den Pfarrer. Sein weißes Gewand reflektiert das wenige Licht in der Kirche. Dann wandert der Blick zur jungen Frau, die auf der anderen Seite des Beichtstuhls kniet. Wandert entlang der Falten von Umhang und Rock, glänzende prächtige Seide, in denen sich wiederum das Licht fängt, so dass man meint, es knistern zu hören. Kleiner Gegenpol ist der zarte weiße Spitzenkragen auf ihren Schultern. Es ist schließlich der Kopf, um den es geht. Die Frau hält ihn leicht gesenkt, der Blick ist offen klar und geradeaus. Das perfekte Maß zwischen Demut und Selbstbewusstsein, während der Pfarrer mit geschlossenen Augen zuhört – eine Szene, die in ihrer fast abgeklärten und doch irgendwie liebenswerten Ernsthaftigkeit gut nach Frankreich passen würde, wo die Winterhalter-Brüder in Paris ihr Atelier hatten, meint Restaurator Wenske. „In Deutschland hätte man das distanzierter und kühler gemalt, in Italien inbrünstiger.“

Propst Müller stimmt ihm zu. Und er ist, wie andere Gemeindemitglieder, ganz begeistert von der Qualität und Detailtreue. So sei auch die Textur der Kleidung des Pfarrers überraschend genau zu erkennen: „Es könnte Wolle sein, es ist also Winter“, sagt Müller. Ein paar Fragen bleiben allerdings: Die verschattete lateinische Schrift im Inneren des Beichtstuhls kann auch Müller nicht entziffern.

Unklar wird wohl auch bleiben, welcher der Winterhalter-Brüder das Bild gemalt hat. Es ist bekannt, dass Franz Xaver der geselligere der beiden war, in der Öffentlichkeit stand, Akquise betrieb und wohl auch die meisten Bilder signierte, während sein Bruder Hermann Fidel lieber im Hintergrund arbeitete. Vom Thema her würde das Bild eher zu dem stilleren, bescheidenen Hermann passen, findet Wenske. Gewissheit gibt es keine, trotz Signatur. „Sie arbeiteten im Team und es lässt sich schlecht trennen, wer was machte.“ Wie das Bild aus Frankreich überhaupt nach Potsdam kam, ist ebenfalls unbekannt. Es wird eine Schenkung an die Gemeinde gewesen sein, vermutet Müller. „Die Gemeinde hatte über das Josephskrankenhaus enge Kontakte zum Kaiserhaus“, sagt Wenske, auch das Jerusalemgemälde von Louis Douzette gelangte vor Jahren auf diesem Wege in den Kirchenschatz. Mehrere wertvolle Gemälde wurden in den vergangenen Jahren von Jehmlich und Wenske restauriert. Demnächst soll es, auch wegen der Kunstwerke, Kirchenführungen für Besucher geben, sagt Propst Müller.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false