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Hände hoch. Mit einer Pistole bedrohten die Täter Angestellte von Supermärkten und anderen Geschäften, um an die Tageseinnahmen zu kommen. Manchmal zückten sie auch ein Messer – und in einem Fall einen Elektroschocker.

©  dpa

Überfälle auf Potsdamer Supermärkte: Mit der Waffe an die Kasse

In Potsdam häufen sich in den vergangenen Wochen bewaffnete Überfälle. Die Polizei geht davon aus, dass die Täter dieselben sind.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Ein Mann geht in einen Supermarkt, nimmt sich ein Produkt aus einem Regal und legt es auf das Kassenband. Doch als er mit Zahlen an der Reihe ist, zückt er anstatt seines Geldbeutels eine Pistole und hält sie der Kassiererin vors Gesicht. Mit dieser Masche haben bislang unbekannte Täter in den vergangenen Wochen viel Geld erbeutet und vor allem für Angst und Schrecken in Potsdam gesorgt – in Supermärkten aber auch mit abgewandelter Taktik in Wettbüros und anderen Geschäften. Aus Sicht der Polizei handelt es sich immer um dieselben Täter, wie die PNN auf Anfrage erfuhren. Dafür spreche die ähnliche Vorgehensweise, hieß es. Aber auch die Täterbeschreibungen der Opfer ähneln sich teilweise. Mal treten die Täter zu zweit auf, mal alleine. Noch sind sie auf freiem Fuß, erst am vergangenen Wochenende schlugen sie wieder zu.

Der erste Fall, der aus Sicht der Polizei in diese Serie fällt, ereignete sich am 17. März, einem Donnerstag. Ein mit einem schwarzen Schal vermummter Mann hatte damals kurz nach Ladenschluss ein Wettbüro in der Innenstadt betreten und den einzigen Angestellten dazu gezwungen, ihm die Tageseinnahmen zu geben. Er ging äußerst brutal vor, schlug den 24-jährigen Angestellten ins Gesicht und bedrohte ihn mit einem Messer. Nur einen Tag später der nächste Vorfall, diesmal ist ein Supermarkt am Stern der Tatort. Erstmals wendet der Unbekannte dort den oben beschriebenen Trick an – gibt sich als normaler Kunde aus und zückt eine Waffe, als die Kassiererin sich ihm zuwendet. Gut drei Wochen später versucht der Täter – diesmal offenbar mit einem Komplizen – sein Glück in einer Videothek in Babelsberg. Maskiert betreten die beiden das Geschäft und bedrohen den 27-jährigen Mitarbeiter mit einer Pistole, doch dieser lässt sich nicht einschüchtern. „Wegen den paar Kröten so ein Aufwand“, soll er laut Polizei gesagt haben, daraufhin ergriffen die beiden Täter die Flucht.

Überfall auf Pizza-Lieferdienst mit Messer und Elektroschocker

Nach diesem misslungenen Überfall sah es zunächst so aus, als würde wieder Ruhe einkehren – bis die Serie am 19. Juni fortgesetzt wurde, aus Sicht der Polizei wahrscheinlich von denselben Tätern. An jenem Donnerstag marschierten sie zu zweit in einen Pizzalieferdienst in der Brandenburger Vorstadt und verlangten – diesmal bewaffnet mit einem Messer und einem Elektroschocker – die Tageseinnahmen. Eine gute Woche später trat wieder nur einer der Männer auf: Am Stern überfiel er nach bekanntem Muster einen Supermarkt, wieder mit einer Pistole. Am 4. Juli dann traf es ein Spielcasino im Kirchsteigfeld, diesmal wurde die Angestellte, die mitten in der Nacht alleine im Laden war, sogar gefesselt. Am vergangenen Freitag war wieder ein Supermarkt das Ziel der Täter, diesmal in Potsdam-West. Und am Samstag erneut ein Wettbüro in der Innenstadt.

Zumindest einer der Täter scheint recht groß zu sein, mehrere Zeugen gaben an, dass der Mann 1,80 Meter oder sogar 1,90 Meter groß war. Bei der Schätzung des Alters gehen die Aussagen auseinander, mal soll er zirka 24 Jahre alt sein, mal zwischen 30 und 40 und mal sogar erst etwa 18 Jahre alt. Womöglich sind aber auch mehrere Täter aus einer Gruppe aktiv – dafür würde auch sprechen, dass die Opfer einmal „akzentfreies Deutsch“, mal ein „arabisch-türkisches Erscheinungsbild“ und mal eine „dunkle Hautfarbe“ erkannt haben wollen. Details dazu nannte die Polizei nicht.

Wie können solche Überfälle verhindert werden?

Für die Angestellten, die in den Geschäften mit dem Tode bedroht wurden, sei ein solcher Überfall eine enorme Belastung, sagte Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg. Er kenne Opfer solcher Fälle, bei denen das Ereignis noch sehr lange nachhalle. „Das ist eine schlimme Situation.“ Die Händler hätten allerdings das Problem, dass sie quasi von dem Konzept der offenen Türen lebten, so der Verbandschef. „Wir können uns schlecht verbarrikadieren.“ Auch Zugangskontrollen seien nicht zielführend. Viele Möglichkeiten gebe es nicht, so etwas zu verhindern.

Allerdings gebe es zum Beispiel von der Berufsgenossenschaft Schulungsmaterialien zur Prävention, so Busch-Petersen. Auch viele Ladeninhaber würden ihre Mitarbeiter mit entsprechendem Informationsmaterial ausstatten. Viele hätten Videoüberwachung installiert, andere die Möglichkeit, per Knopfdruck „stillen Alarm“ auszulösen – nicht nur direkt an der Kasse. Dass niemand alleine im Laden stehen sollte, wie von der Polizei empfohlen, sei in vielen Geschäften ebenfalls Standard. Kleine Läden könnten sich das aber oft gar nicht leisten.

Er hoffe, dass die Täter in Potsdam bald gestellt werden, so Busch-Petersen. Schließlich werde das Wertvollste bedroht, das ein Ladeninhaber habe: seine Mitarbeiter.

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