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Stadt will für die unterfinanzierten Kitas in Vorkasse gehen.

© Andreas Klaer

Potsdams Kitas: Mindestens 4,5 Millionen Euro für mehr Erzieher

Die Entscheidung der Stadt, für die unterfinanzierten Kitas in Vorkasse zu gehen, sorgt für viel Lob. Das Land reagiert allerdings zurückhaltend.

Potsdam - Nach der Ankündigung von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) für millionenschwere Extra-Zuschüsse im unterfinanzierten Kitabereich gibt es viel Lob aus der Stadt. Dagegen reagierte das SPD-geführte Bildungsministerium nur äußerst zurückhaltend – vor allem zur Ankündigung der Stadt, sich das Kita-Geld vom Land Brandenburg zurückholen zu wollen, notfalls auch mit einer Klage. „Wir können uns dazu nicht äußern“, sagte Ministeriumssprecher Ralph Kotsch.

Von Stadt beauftragtes Rechtsgutachten liegt Land nocht nicht vor

Ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten, das die Verantwortung für die Kita-Finanzierung beim Land sieht, liege noch nicht vor, sagte der Sprecher weiter. Daher kenne man die genaue Argumentationslinie nicht, so Kotsch. Auch das Linke-geführte Finanzministerium mochte sich nicht weiter äußern.

Jakobs hatte am Mittwoch vor den Stadtverordneten angekündigt, dass die Stadt 2018 mindestens drei Millionen Euro mehr für das Kita-Personal ausgeben wolle als bisher geplant. Insgesamt könnten sich die Kitas damit im kommenden Jahr auf mindestens 4,5 Millionen Euro mehr einstellen, 1,5 Millionen zusätzlich hatten die Stadtverordneten bereits Anfang des Jahres genehmigt. 4,5 Millionen Euro würden für rund 120 zusätzliche Erzieher reichen, sagte ein Stadtsprecher den PNN. Insgesamt gibt es in der Stadt 119 privat betriebene Kitas plus 13 weitere Betreuungsangebote, das alles kostet in diesem Jahr 105 Millionen Euro. 57 Millionen davon trägt die Stadt, 30 Millionen das Land, weitere 18 Millionen Euro kommen durch die Elternbeiträge zustande.

Schlechterer Betreuungsschlüssel als gesetzlich vorgeschrieben

Das zu Jahresbeginn auf Initiative der Linken in Auftrag gegebene Gutachten hat ergeben, dass die vom Land gewährten Zuschüsse für die Potsdamer Kitas zur Deckung der tatsächlichen Betreuungskosten nicht ausreichten – weil viele Kinder acht oder zehn Stunden in den Kitas betreut werden, das Land aber nur Pauschalsätze für kürzere Zeiten zahlt. Dies führe zu einem schlechteren Betreuungsschlüssel als gesetzlich vorgeschrieben, so Jakobs – ein Problem, das so auch in anderen Kommunen bestehe. Daher will Jakobs – auch als Präsident des Städte- und Gemeindebunds der Mark – nun mit der Landesregierung über einen besseren finanziellen Ausgleich für die Kommunen verhandeln. „Wie soll die häufig geforderte Vereinbarkeit von Familie und Beruf funktionieren, wenn das Land selbst nur bereit ist, eine Kitagrundversorgung zu bezahlen?“, hatte Jakobs kritisiert. Kitaträger hatten mehrfach vor chronischer Überlastung ihrer Mitarbeiter gewarnt. Sozialdezernent Mike Schubert (SPD) teilte nun mit: „Die geplante Betreuungsschlüsselverbesserung wird Eltern und den Beschäftigen in den Kitas helfen.“ Nun wolle man beraten, wie sich Kapazitäten gemeinsam ausbauen lassen könnten.

Kita-Träger loben Oberbürgermeister Jakobs

Lob kam von Kita-Trägern. „Wir sind hocherfreut über dieses Zeichen für eine familienfreundliche Politik“, sagte etwa Stefan Spieker, Chef der Fröbel-Gruppe. Auch Elternvertreter sind erfreut. „Es ist schön, dass sich Engagement für ein Thema lohnen kann“, sagte die Babelsbergerin Wiebke Kahl. Sie hatte im vergangenen Jahr eine Online-Petition gestartet, bei der 8000 Potsdamer für bessere Kita-Betreuung unterschrieben hatten – dies hatte der Debatte um den schlechten Personalschlüssel neuen Schwung verliehen. Der einzige Wermutstropfen bestehe für sie darin, dass nicht nur das Geld entscheidend sei – sondern eben auch das Erzieher-Personal in Zeiten des Fachkräftemangels gefunden werden müsse. Auch da sei über Jahre hinweg zu wenig passiert, so Kahl.

Selbst die Opposition im Stadthaus begrüßte das Vorgehen von Jakobs „außerordentlich“, wie Stefan Wollenberg und Sigrid Müller (beide Linke) mitteilten. Wichtig sei, dass mit der vorläufigen Kostenübernahme durch die Stadt der Streit mit dem Land nicht mehr „auf dem Rücken von Potsdamer Kindern, Eltern und Erziehern ausgetragen“ werde, so die Linke-Politiker. SPD-Fraktionschef Pete Heuer sagte, der Stadt bleibe gar nichts anderes übrig, als den Rechtsanspruch der Kita-Betreuung per Vorkasse abzusichern. Nun müssten die Stadtverordneten schnell Einblick in das Gutachten erhalten, um über das weitere Vorgehen, auch gegenüber dem Land, beraten zu können.

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