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Tafel-Chefin Imke Georgiew.

© Andreas Klaer

Manchmal fließen auch Tränen: Dramatische Lage bei der Potsdamer Tafel

Tafel-Leiterin Imke Georgiew schildert eindringlich die problematische Situation des Sozialträgers. Das Rathaus kündigt nun ein erstes Hilfspaket an.

Die Potsdamer Sozialverwaltung stellt angesichts des Aufnahmestopps bei der Potsdamer Tafel nun ein Hilfepaket in Aussicht. Für 15.000 Euro wolle man die baulichen Situation in der Tafel-Ausgabestelle in der Drewitzer Straße verbessern, um dort die Packkapazitäten zu erweitern, sagte eine Stadtsprecherin am Mittwoch auf PNN-Anfrage. Auch wolle man mit Hilfe der Bürgerhäuser in Potsdam weitere Ausgabestellen schaffen: „Die Koordinierung der Ausgabe erfolgt durch die Suppenküche der Volkssolidarität in Abstimmung mit der Tafel.“ Ferner wolle man mehr soziale Beratungsangebote vor Ort schaffen.

Über das Hilfspaket soll die Stadtverordnetenversammlung im November abstimmen, kündigte die Sprecherin an. Ferner sei die kommunale Pro Potsdam beauftragt einen geeigneten neuen Standort für die Tafel zu finden. Verschiedene Objekte hätte man dabei „leider aus verschiedenen Gründen wieder verwerfen müssen“.

Mit eindringlichen Worten hatte zuvor Potsdams Tafel-Chefin Imke Georgiew auf die dramatische Lage ihrer ehrenamtlich betriebenen Hilfs- und Ausgabestelle für Bedürftige hingewiesen. Vor allem müssten mehr Raumkapazitäten geschaffen werden, forderte sie in einem Interview mit „Spiegel Online“.

Zahl der Bedürftigen wächst

Immer noch gelte der im Juni verhängte Aufnahmestopp – neue Bedürftige erhalten also kein Essen mehr. „Die Menschen brauchen uns, aber wir müssen ihnen sagen: Wir können dir nicht helfen.“ Bei einigen Bedürftigen würden dann Tränen fließen. „Solche Momente sind sehr emotional, auch für uns Mitarbeiter.“ Manche würden aber auch wütend und „beschimpfen uns“, so Georgiew.

Voll. Anfang Juni hatte die Tafel mit Sitz in der Drewitzer Straße einen Aufnahmestopp für neue Kunden verhängt.

© Andreas Klaer

Zugleich wachse der bedürftige Personenkreis. „Würden wir den Aufnahmestopp aufheben, stünden hier wahrscheinlich morgen 500 Menschen mehr vor unserer Tür“, sagte die Tafelchefin. Lebensmittel und helfende Hände wären dafür genug vorhanden. Doch seien die Räume im Tafel-Hauptquartier in der Drewitzer Straße so begrenzt, dass dort maximal 25 Personen gleichzeitig das Essen sortieren und packen können.

Die Menschen brauchen uns, aber wir müssen ihnen sagen: Wir können dir nicht helfen.

Tafel-Chefin Imke Georgiew

Damit könne man pro Tag für 300 Menschen Essenkisten packen. Ein weiteres Problem: Die Bedürftigen würden schon jetzt im Mittel zwei Stunden an der Ausgabe warten, draußen, auch bei Wind und Wetter. „Die Schlange geht die ganze Straße hinunter, die Leute stehen auf dem Präsentierteller.“

Nötig sei eine Halle von bis zu 500 Quadratmeter, die möglichst gut erreichbar sein und auch über eine Kühlung verfügen müsse. Sie müsse dabei auch die ehrenamtlichen Helfer im Blick haben, die in der Regel an einem festen Tag in der Woche acht Stunden arbeiten würden. „Ich kann sie nicht in irgendeiner heruntergekommenen Bruchbude arbeiten lassen.“ Es müssten Mindeststandards eingehalten werden, sonst würde man die Helfer verlieren, warnte Georgiew.

Tafeln in ganz Deutschland seien überlastet, hieß es in dem Interview weiter. „Wenn nicht bald etwas passiert, dann bricht hier ein System zusammen“, sagte Georgiew, die mehrere Jahre auch im geschäftsführenden Vorstand des Tafel-Bundesverbandes arbeitete. „Niemand kommt von staatlicher Seite zu uns, um uns unter die Arme zu greifen.“ Hilfe erhalte man allerdings aus der Zivilgesellschaft, lobte sie.

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