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Zu groß der Schmerz? Bei aller Trauer ist es jetzt wichtig, die beiden Morde an Elias und Mohamed gründlich aufzuklären. Dabei sind noch viele Fragen offen. Vor allem eine: Gibt es noch mehr Opfer von Silvio S.?

© Andreas Klaer

Die Fälle Elias und Mohamed: Makabres Puzzlespiel

Der mutmaßliche Mörder von Mohamed und Elias schweigt, doch die Ermittlungen gehen weiter. Ein Überblick darüber, welche Fragen bereits beantwortet sind - und welche noch offen sind.

Potsdam/Berlin – Warum wurden die beiden Kinder Mohamed und Elias so grausam getötet? Was waren die Motive? Mussten sie sehr leiden? Es gibt mehr Fragen als Antworten im Fall des mutmaßlichen Doppelmörders Silvio S. Der 32-Jährige schweigt, jetzt müssen die Ermittler mühsam das Puzzle selbst zusammensetzen. Eine Bestandsaufnahme:

Wie entführte Silvio S. den sechsjährigen Elias?

Darüber ist bislang fast gar nichts bekannt geworden. Der mutmaßliche Täter gab in der Vernehmung zum Tod des vierjährigen Mohamed aus Berlin nur an, dass er auch den Jungen aus dem Potsdamer Stadtteil Am Schlaatz tötete. Möglicherweise fuhr er mit seinem Auto zum Sandkasten in der Straße Inselhof und nahm das Kind mit. Dazu wollten Polizei und Staatsanwaltschaft aber keine Angaben machen. „Wir müssen versuchen, den Ablauf möglichst genau zu rekonstruieren“, sagte der Sprecher der Potsdamer Staatsanwaltschaft, Christoph Lange, am Montag den PNN. Das bedeutet viel Kleinarbeit und Recherche. Auch sollen weitere Zeugen vernommen werden, etwa die Nachbarn in der Gartenkolonie in Luckenwalde, in dem Silvio S. eine Laube angemietet hatte. Auch die Familienmitglieder werden sicher vernommen. S. wohnte im Haus seiner Eltern in Niedergörsdorf-Kaltenborn (Teltow-Fläming).

Ist die Obduktion des Leichnams von Elias abgeschlossen?

Ja, die Ergebnisse werden aber wohl nicht so schnell bekannt werden. „Wir werden zum Obduktionsergebnis nichts sagen“, sagte Lange. Erst mit der Eröffnung des Hauptverfahrens will die Staatsanwaltschaft Details nennen. Dies sei Täterwissen. Bekannt ist lediglich, dass die Leiche des Jungen in einem Paket eingeschnürt auf dem Grundstück der Gartenlaube in Luckenwalde vergraben wurde – in etwa 50 Zentimetern Tiefe. Dort war sie am Freitag gefunden worden. Michael Scharf, Leiter der Soko „Schlaatz“, sagte auf der Pressekonferenz am Sonntag in Potsdam, dass der Todeszeitpunkt vermutlich „zeitnah“ liege, also wenige Tage nach der Entführung von Elias am 8. Juli dieses Jahres.

Was weiß die Polizei über den Täter?

Auch hier hält man sich noch bedeckt. Der 32-Jährige wohnte bei seinen Eltern und war in einem Wachschutz-Unternehmen in Teltow tätig. Er soll laut Polizei viele Einsatzorte in ganz Brandenburg und Sachsen-Anhalt gehabt haben. Er sei ein Einzelgänger gewesen, berichtete sein Vater. Der „Bild am Sonntag“ sagte der 72-Jährige, dass er seinen Sohn sofort auf dem Fahndungsfoto erkannt habe. Als er ihn zur Rede gestellt habe, habe dieser die Tötung von Mohamed zugegeben. „Er war ganz ruhig, keine Tränen, wirkte wie immer.“ Dann hätten die Eltern die Polizei gerufen. Im Dachgeschoss hatte der Sohn zwei Zimmer. Als Wachmann habe er immer die ganze Nacht gearbeitet, „dann haben wir gefrühstückt, dann hat er sich hingelegt und nach dem Abendessen ist er wieder los zur Arbeit gefahren“, so der Vater.

Hat Silvio S. Kinderpornografie konsumiert?

Ja. Zumindestens verlautete dies am Montag aus Ermittlerkreisen. Demnach wurden auf den beschlagnahmten Computern entsprechende Dateien entdeckt. Das überrascht kaum, da Silvio S. bereits bei Mohamed zugegeben hatte, den Jungen auch sexuell missbraucht zu haben.

Wie starb Mohamed?

Dazu äußerte sich Silvio S. in der Vernehmung vergangene Woche ausführlich. Er habe den vierjährigen Jungen am 1. Oktober auf dem Gelände des Berliner Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) ein Plüschtier in die Hand gedrückt und den Jungen an die Hand genommen, als dieser ihm folgte. Dann sei er mit dem Vierjährigen zunächst durch die Straßen und dann nach Kaltenborn gefahren. In seiner Wohnung sei es zu sexuellen Handlungen an dem Vierjährigen gekommen. Als dieser später anfing zu quengeln, habe er befürchtet, dass seine im Erdgeschoss lebenden Eltern etwas hören könnten und das Kind mit einem Gürtel erwürgt. Diese Schilderung des Tathergangs deckt sich mit den Ergebnissen der Obduktion des Jungen. Danach musste Mohamed bereits am 2. Oktober sterben – zu einem Zeitpunkt, als die Suchaktion nach ihm noch gar nicht richtig angelaufen war.

Gibt es Verbindungen zu weiteren Vermisstenfällen?

Nach Aussage der Ermittler derzeit nicht. Zwar gibt es eine zeitliche und auch räumliche Nähe, etwa zum Vermisstenfall Inga aus Sachsen-Anhalt. Das Mädchen im Alter von fünf Jahren aus Schönebeck im Salzlandkreis war Anfang Mai in einem Wald bei Stendal verschwunden. „Es gibt keinen aktuellen Anlass, dass es der gleiche Täter sein könnte“, sagte der Sprecher der Polizeidirektion Anhalt-Nord, Mike von Hoff, den PNN. Dennoch steht die Soko „Wald“ in Kontakt zu den Mordkommissionen in Berlin und Potsdam.

Was passiert mit den ausgelobten Belohnungen?

Das wird sich laut der Berliner Staatsanwaltschaft erst nach einem rechtskräftigen Urteil klären. In den Medien war bereits darüber spekuliert worden, ob der Mutter des mutmaßlichen Mörders von Mohamed und Elias die für Hinweise auf den Täter ausgesetzte Belohnung von insgesamt 20.000 Euro zusteht. Auch ein Privatmann hatte im Fall Elias 50.000 Euro über den Berliner Anwalt Robert Unger ausgelobt. „Grundsätzlich wäre die Mutter nicht ausgeschlossen“, sagte er den PNN. Die Mutter hatte der Polizei den entscheidenden Hinweis gegeben - allerdings im Fall Mohamed. Erst bei der Vernehmung hatte S. den Mord an Elias zugegeben. Möglicherweise sei aber auch ein indirekter Hinweis ausreichend, sagte Unger. Dies müsse geprüft werden. Nach Angaben der Polizei kam ein erster Hinweis auf den 32-Jährigen aber bereits davor ebenfalls aus dem familiären Umfeld. Der Ex-Schwager sei sich jedoch nicht sicher gewesen, ob der auf den Fahndungsfotos abgebildete Mann tatsächlich der später Festgenommene war.

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Stefan Engelbrecht

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