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Der Turm der Garnisonkirche wird seit 2017 wiedererrichtet. Daneben steht das Rechenzentrum.

© Andreas Klaer

Update

Debatte um Garnisonkirche geht weiter: Linke-Fraktion warnt vor einer „offenen Wunde“

Das neue Rechtsgutachten zum Umgang mit Rechenzentrum und Stiftung Garnisonkirche löst kontroverse Reaktionen aus. Gegner von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sehen sich gestärkt.

Potsdam - Nach der Veröffentlichung eines neuen Rechtsgutachtens zum Umgang mit Rechenzentrum und Stiftung Garnisonkirche sehen sich die Gegner des Kurses von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) gestärkt. „Alle Bemühungen, statt des Kirchenschiffs ein ,Haus der Demokratie‘ zu errichten, laufen ins Leere“, erklärte auf Facebook Barbara Kuster, Sprecherin der Bürgerinitiative Mitteschön, die sich für einen originalgetreuen Wiederaufbau der 1968 gesprengten Kirche einsetzt. Schon im Januar habe man vor den rechtlichen Hürden für so ein „Haus der Demokratie“ gewarnt, fügte sie hinzu.

Die AfD hofft auf ein Ende des Kompromisskurses

Laut dem Gutachten wäre für die Errichtung eines solchen Hauses eine weitreichende Satzungsänderung bei der Stiftung Garnisonkirche notwendig – die dort mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Kuratorium beschlossen werden müsste. Es zeige sich, dass dieser im vergangenen Dezember präsentierte Kompromiss von Schubert übereilt und unausgereift vorgestellt wurde, befand auch der AfD-Fraktionschef Chaled-Uwe Said. 

Zumindest könne Schubert das Projekt nun aber gesichtswahrend beenden. Von einer schlechten Vorbereitung für den von Schubert erhofften Kompromiss hatte auch schon die CDU gesprochen. Der Grundsatzbeschluss vom 26. Januar für das „Haus der Demokratie“ sei mit dem Gutachten obsolet geworden, hieß es in einer Mitteilung von Partei und Fraktion.

Potsdams Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg.

© Ottmar Winter

Von „verengten Handlungsspielräumen“ und „ernüchternden Ergebnissen“ sprach angesichts des Gutachtens auch Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg. Es zeige sich, dass bei der Gründung der Stiftung eine Vertragskonstruktion gewählt worden sei, die der Kommunalpolitik jegliche Einflussmöglichkeit auf diese wesentliche Frage der Stadtpolitik genommen habe, sagte Linke-Kreischef Roland Gehrmann. Man müsse die Frage stellen, wer dafür die Verantwortung trage. Wollenberg wiederum erklärte, dass Gutachten zeige aber auch, dass die Stiftung keinen Anspruch auf den Abriss des benachbarten Kreativhauses Rechenzentrum habe. 

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Damit liege die Entscheidung über dessen Zukunft bei der Stadtpolitik. Hierzu hatte auch der Oberbürgermeister am Dienstag eine Grundsatzentscheidung der Stadtverordneten gefordert. Aus Sicht von Wollenberg ist auch das „Haus der Demokratie“, in dem unter anderem der Plenarsaal der Stadtverordneten angesiedelt werden soll, noch möglich. Es sei schließlich auch im Interesse der Stiftung, an dem mit dem Rechenzentrum entwickelten Kompromiss festzuhalten, glaubt Wollenberg. Sonst drohe an diesem zentralen Platz in der Stadt über Jahre eine „offene Wunde“.

Ein Appell an die Stiftung Garnisonkirche

Einen Appell an die Stiftung, nach dem präsentierten Kompromiss vom Dezember „Wort zu halten“, formulierten Vertreter des Rechenzentrums in einer gemeinsamen Stellungnahme. Stiftungsvertreter hätten selbst deutlich gemacht, dass man finanziell in absehbarer Zeit nicht in der Lage sein werde, ein Kirchenschiff zu errichten – für welches das Rechenzentrum weichen müsste. „Das Kuratorium der Stiftung muss bei seiner nächsten Sitzung im November entscheiden, ob es den gemeinsam vereinbarten Weg weitergehen und auch die erforderlichen Taten folgen lassen will“, so die Rechenzentrum-Vertreter. Gesellschaftlich und aus Gründen der Nachhaltigkeit sei der Abriss nicht vertretbar. 

Die angesprochene Stiftung Garnisonkirche wiederum betonte, es seien von der Stadt noch viele Fragen zu klären, unter anderem bauordnungsrechtlicher Natur. Von allen Beteiligten sei konstruktive Kommunikation nötig, so die Stiftung. Und weiter: "Wir gehen davon aus, dass das Gutachten zur Versachlichung mancher Debatten beiträgt. Zunächst aber hat die Fertigstellung des Turms und dessen Ausrichtung als Lernort von bundesweiter Bedeutung und europäischer Ausstrahlung für die Stiftung höchste Priorität." Die zuletzt mit einer neuen Führung besetzte Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche wiederum sieht ihre Kritik an Schuberts bisherigem Kompromisskurs bestätigt. "Wir setzen darauf, dass im Rahmen der nächsten Sitzung des Stiftungskuratoriums ein gemeinsames Zeichen für den Wiederaufbau unserer Potsdamer Garnisonkirche mit Turm und Schiff gesetzt wird", sagte Fördervereinschefin Maike Dencker. Allerdings ist unklar, ob dafür im Kuratorium eine Mehrheit möglich ist. 

Das Thema wird auch in der nächsten Sitzung des Stadtparlaments am 7. September eine Rolle spielen. So will die Linke eine Grundschuld für das Grundstück der Stiftung nur durch die Stadtverordneten genehmigen oder eben ablehnen lassen – obwohl das neue Gutachten dies als Geschäft der laufenden Verwaltung in Verantwortung des Oberbürgermeisters ansieht. Die CDU wiederum will ein zukunftsweisendes Gesamtkonzept für das Potsdam Museum beantragen – jenseits des möglichen Standorts im besagten „Haus der Demokratie“ für eine Geschichtsausstellung des Museums.

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