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ORTSTERMIN: Lehrstunde im Protokollfechten

Warum nur streiten sie so vehement? Wo soll das noch hinführen?

Warum nur streiten sie so vehement? Wo soll das noch hinführen? Und vor allem: Wann ist es endlich vorbei? Das waren die Fragen, die sich so oder so ähnlich den Besuchern der jüngsten Golmer Ortsbeiratssitzung am vergangenen Donnerstagabend aufdrängen mussten.

Was war geschehen? Der Ortsbeirat hatte sich vorgenommen, diverse Protokolle vergangener Sitzungen auf eventuelle Fehler durchzusehen und über die Endfassungen der Sitzungsniederschriften abzustimmen. Wer jedoch als unbedarfter Laie geglaubt haben sollte, diese Formalie könne kurz und schmerzlos abgehakt werden, der wurde eines Besseren belehrt. Als Zuhörer erhielt man eine Gratis-Schulstunde im Protokollfechten – oder wie auch immer man das nennen mochte. Worum ging es konkret? CDU-Bundestagsdirektkandidatin und Ortsbeiratsmitglied Saskia Ludwig sah ihren Debattenbeitrag zu den Planungen für die neue Golmer Mitte im Sitzungsprotokoll vom 27. April dieses Jahres nicht korrekt wiedergegeben – und diskutierte mit Ortsvorsteher Marcus Krause (SPD), der im Sommer wegen des gestörten Verhältnisses im Ortsbeirat einen Abwahlantrag überstanden hatte, lang und intensiv über den Verlauf der damaligen Sitzung.

Als Nächstes fochten die beiden Kontrahenten um die Genese einer Tischvorlage für die Juni-Sitzung des Ortsbeirats. Ergebnis: Ein solches Schriftstück hatte es wohl nie gegeben. Die Sitzung näherte sich ihrem dramaturgischen Höhepunkt, als schließlich Ortsbeiratsmitglied Sylvia Frenzel (Bürgerbündnis) mit Krause um die Frage stritt, ob sie in der August-Sitzung eine oder zwei Unterbrechungen beantragt hatte. Zu diesem Zeitpunkt dauerte die Diskussion um die Protokolle bereits rund eine Dreiviertelstunde an. Eine Schulstunde eben. Doch dann hielt es eine Frau aus dem Publikum nicht mehr aus und fragte, ob man das Ganze jetzt nicht abbrechen könne, worauf eine andere Frau, ebenfalls im Publikum sitzend, anmerkte: „Das ist immer hier so – die unwichtigen Sachen sind die wichtigen.“ Ulrich Buller, für die SPD im Ortsbeirat, stellte daraufhin den Antrag, die Diskussion zu beenden. Der Ortsbeirat stimmte tatsächlich zu. Die Zuhörer waren erlöst.

Drei Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die zu verschiedenen Themen in den Ortsbeirat eingeladen waren, hatten die ganze Zeit über schweigend zuhören müssen. Eine von ihnen, Viola Holtkamp aus der Bauverwaltung, berichtete später von den Planungen zur neuen Golmer Mitte. Es werde eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit geben, versprach die Rathausmitarbeiterin. Am Rande der Sitzung erläuterte Holtkamp, zunächst müssten die Stadtverordneten das Großprojekt in die Kategorie eins der Prioritätenliste hieven. Erst danach könne es mit den eigentlichen Planungen losgehen. Zu der bereits in der Öffentlichkeit kritisierten Idee, am Bahnhof Golm ein Hochhaus zu bauen, sagte Holtkamp, es seien zwar zwei höhere Häuser – jeweils eines östlich und westlich der Bahnstrecke – angedacht. Diese würden jedoch „mit Sicherheit nicht“ so hoch wie das Stern Plaza nahe dem Stern-Center. Für Golm seien eher zwei Gebäude mit vielleicht vier bis sechs Geschossen denkbar. Und Holtkamp sagte auch, die Verwaltung werde den Ortsbeirat zu den Planungen anhören. Ob man als Besucher diesem Gremium bei seinen Diskussionen über die neue Golmer Ortsmitte dann allerdings wird zuhören wollen? Der Donnerstagabend machte da nur wenig Hoffnung.

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