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Einen Termin beim Facharzt zu bekommen, das kann dauern.

© dpa

Fachärzte in Potsdam: Langes Warten in vollen Arztpraxen

Eigentlich gibt es genügend Fachärzte in Potsdam, vor allem im Landesvergleich. Dennoch müssen Patienten lange auf einen Termin warten. Und die Wartezeiten können sogar noch weiter zunehmen.

Potsdam - Um Termine bei Potsdamer Fachärzten zu bekommen, brauchen Patienten viel Geduld. Es gibt Wartezeiten von mehreren Monaten. Besserung ist nicht in Sicht, denn in Potsdam dürfen keine neuen Arztpraxen zugelassen werden. Im Gegenteil: Künftig könnten die Wartezeiten sogar weiter zunehmen, warnt die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB).

Dabei ist die Stadt derzeit statistisch gesehen mit Fachärzten überversorgt. Das geht aus den Daten der KVBB hervor. Demnach ist Potsdam die Stadt im Land Brandenburg mit der besten fachärztlichen Versorgung. Zum Ende des Jahres 2014 kamen auf einen Facharzt 699 Potsdamer. Andernorts im Land Brandenburg würde man sich über dieses Zahlenverhältnis freuen: Im Landkreis Spree-Neiße kommen auf einen Facharzt mehr als dreimal so viele Einwohner.

Praxen sind voll, trotz Überversorgung

Wie viele Fachärzte sich in einem Gebiet niederlassen dürfen, regelt die sogenannte Bedarfsplanung, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen und dem Spitzenverband der Krankenkassen festgelegt wird. Laut Sozialgesetzbuch soll die Versorgung ausreichend und zweckmäßig, aber auch wirtschaftlich sein. Für Potsdam sieht die Bedarfsplanung beispielsweise 12,8 Augenärzte vor. Tatsächlich sind es aber 15. In anderen Disziplinen ist die Überversorgung noch deutlicher. Den Spitzenwert halten die Chirurgen. Sie liegen fast 196 Prozent über dem geplanten Wert. Auch bei Kinderärzten herrscht statistisch gesehen eine Überversorgung von fast 164 Prozent.

Dennoch sind die Praxen voll. „Die Bedarfsplanung orientiert sich an statistischen Werten und kann die Realität der gesundheitlichen Versorgung nicht ausreichend abbilden“, sagt KVBB-Sprecher Christian Wehry den PNN. Denn in Potsdam gehen nicht nur Potsdamer zum Arzt, sondern auch viele Menschen, die in der Stadt arbeiten oder studieren. Mehr als jeder zweite sozialversicherungspflichtige Job wird von einem Pendler gemacht. Ob ein Gebiet überversorgt ist, richtet sich also nicht danach, wie viele Menschen dort tatsächlich zum Arzt gehen.

Bei der Stadtverwaltung mag man sich zu dem Problem nicht inhaltlich äußern und verweist an die KVBB. „Weder haben wir die Aufgabe, die Situation fachlich fundiert einzuschätzen, noch haben wir die Möglichkeit, etwas an der Situation zu ändern“, heißt es auf PNN-Anfrage. Der Stadtverwaltung sei plausibel nachgewiesen worden, dass die Versorgung statistisch gesehen sehr gut ist.

Zukünftig sogar weniger Ärzte möglich

In den kommenden Jahren könnte sich die Situation zuspitzen. „Angesichts der alternden Bevölkerung steigt der Behandlungsaufwand“, warnt Wehry. Ein weiterer Grund für seine Sorge ist ein Gesetzesentwurf der Großen Koalition, der derzeit vom Bundestag beraten wird. Damit will die Bundesregierung Praxen in überversorgten Gebieten schließen lassen. Der Entwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sieht vor, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen frei werdende Praxen aufkauft und dichtmacht. Das soll den Druck auf Ärzte erhöhen, sich in unterversorgten Gebieten auf dem Land niederzulassen. Statt mehr Ärzten könnten es in Potsdam also künftig sogar weniger Ärzte sein.

Um die Wartezeiten für Facharzttermine zu verkürzen, sieht Gröhes Entwurf sogenannte Terminservicestellen vor. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen die Termine vermitteln. Gibt es innerhalb von vier Wochen keinen Termin bei einem Facharzt in der Nähe, kann sich der Patient in einem Krankenhaus behandeln lassen. In Gebieten mit Ärztemangel kommt dies schon jetzt vor – und führt zu einer Belastung für die Notaufnahmen. So weit ist es in Potsdam allerdings noch nicht. Weder im Klinikum „Ernst von Bergmann“ noch im katholischen St.-Josefs-Krankenhaus sind die Behandlungszahlen in den Notaufnahmen stark gestiegen. In Letzterem eröffnete 2012 in Zusammenarbeit mit der KVBB eine Bereitschaftspraxis. „Sie ist stark frequentiert, besonders am Wochenende“, so Geschäftsführer Hartmut Hagmann.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Wartezeiten bei Fachärzten in Potsdam gemacht? Schreiben Sie uns an leserpost@pnn.de

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