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Landeshauptstadt: Küsschen in Marmor

Die sogenannte Puttenmauer an der Bildergalerie ist um drei neue Marmorkopien ergänzt worden

Von Sarah Kugler

Park Sanssouci - Sie necken sich, tauschen scheue Küsse aus und umschmeicheln sich zärtlich – die Puttengruppen auf der Mauer unterhalb der Bildergalerie im Park Sanssouci verkörpern viele Facetten der Liebe. Nun wurden sie durch drei neue Marmorkopien ergänzt, die nach den originalen Vorbildern aus dem 18. Jahrhundert von drei Bildhauern fertiggestellt und am gestrigen Mittwoch von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) vor Ort präsentiert wurden.

Die Puttenmauer begrenzt den östlichen Lustgarten des Park Sanssouci unterhalb der Bildergalerie. Sie wurde 1764 bis 1766 unter Beteiligung des Gartenmeisters Joachim Heydert nach Plänen des französischen Baumeisters Jean Laurent Le Geay errichtet und mit zwölf Puttengruppen sowie zwölf dekorativen Vasen geschmückt. Auf Grund des schlechten Erhaltungszustandes der Originalskulpturen war es notwendig, alle Puttengruppen durch Marmorkopien zu ersetzen, wie Kathrin Lange, Leiterin der Restaurierungswerkstatt für Skulpturen der SPSG, erklärte. „Die Skulpturen zeigten deutliche Verwitterungsstellen auf“, sagte sie. „Und die wären mit der Zeit nur schlimmer geworden.“

Bereits zu DDR-Zeiten entstanden die ersten vier Kopien auf der Skulpturenmauer, damals noch unter Verwendung von Marmor aus dem ehemaligen Jugoslawien. Die drei neuesten Kopien sind hingegen aus Carrara-Marmor gefertigt, das qualitativ höherwertig und somit auch widerstandsfähiger ist. Um den richtigen Marmorblock auszusuchen, fährt Restauratorin Lange auch schon mal selber nach Carrara in den sogenannten „Michelangelo-Bruch“ und begutachtet das Material vor Ort. „Marmor kann man nicht aus der Ferne bestellen“, sagte sie, „da passiert es leicht, dass eine Ader mitten durch den Teil geht, an dem später der Kopf sitzen soll oder solche Dinge.“ Damit der wertvolle Marmor noch besser vor äußeren Einflüssen geschützt wird, sind die fertigen Skulpturen mit einer dünnen Wachsschicht überzogen. Zusätzlich werden sie im Winter, genauso wie die restlichen Figuren im Park, eingehaust, wie Saskia Hüneke, Kustodin für Skulpturen der SPSG, erklärte. Die Originalskulpturen aus dem 18. Jahrhundert sind im Depot der Stiftung untergebracht und werden restauriert.

Für die Anfertigung der Skulpturenkopien hat die SPSG drei Bildhauer beauftragt, die jeweils eine Figur nachgebildet haben. So wurden die – von links gezählten – vierte und achte von den freischaffenden Bildhauern Wolfgang Wille und Peter Flade angefertigt. Der 39-jährige Robert Freund, der seit 2003 in der Restaurierungswerkstatt für Skulpturen der Stiftung tätig ist, bildete die mittige, siebente Skulptur nach. Namen hätten die Figuren nicht, wie Hüneke sagte. Sie seien aber alle als Allegorien der Liebe zu verstehen. So stellen sie immer Pärchen dar: Sie sind im Kuss vereint, entdecken sich hinter wallendem Tuch oder legen vertraut die Hände umeinander.

Damit die Nachbildungen so originalgetreu wie möglich aussehen, verwenden die Bildhauer die sogenannte Punktierungstechnik, eine Methode, die schon seit der Antike in der Bildhauerkunst üblich ist, wie Robert Freund erklärte. Dabei werden die Höhen und Tiefen der Oberflächenstruktur Punkt für Punkt abgemessen und dann übertragen. Mit einem Spitzeisen und Presslufthammer werden dann die groben, mit Hammer und Meißel die feinen Züge herausgearbeitet. Etwa ein halbes Jahr dauert die Herstellung einer Figur, die etwa 200 Kilogramm wiegt. Die fertigen Puttengruppen werden dann mit Dübeln von unten an der Mauer angebracht. In den nächsten Jahren sollen die restlichen, noch fehlenden fünf Kopien nach und nach ergänzt werden.

Die Arbeiten an der Puttenmauer gliedern sich in die Wiederherstellung des östlichen Lustgartens ein, der wieder in seinen ursprünglichen spätbarocken Zustand versetzt werden soll. Für Maßnahmen in den Gartenanlagen unterstützt die Stadt Potsdam die Stiftung für fünf Jahre jährlich mit je einer Million Euro. Wie Anja Hecker, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Gärten, sagte, wurden von dem Geld unter anderem zwölf neue Gärtner und zwei Azubis eingestellt. Der Rest werde für die direkte Instandsetzung genutzt. Somit konnte bereits im Frühjahr 2014 ein Teil des historischen Wasserleitungsnetzes instand gesetzt und erweitert werden. Im Juli konnte zudem mit der Wegesanierung rund um das Oranier- und Mohrenrondell begonnen werden, die bis Ende des Jahres abgeschlossen sein soll.

Im Jahr 2016 plant die SPSG, das Parterre und die Alleen am Obeliskportal sowie das Parterre an der Neptungrotte wieder herzurichten. Im nächsten Jahr soll der Holländische Garten vor der Bildergalerie wiederhergestellt werden. Wie Hecker sagte, werden dabei Obstgehölze in die Heckenbereiche gepflanzt. Dafür würden historische Obstsorten zusammengetragen, die schon zu Zeiten Friedrichs II. dort angebaut wurden. Derzeit laufen dazu vorbereitende Maßnahmen, wobei unter anderem das Parterre unterhalb der Bildergalerie gartenarchäologisch untersucht und ausgewertet wird.

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