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Mit Seele und Säge. Wildholz-Chef Kai Meyer (l.) mit seinen Mitarbeitern Felix Riemer und Fridolin Kühn (v.l.) in einem Spielplatzhäuschen, an dem sie aktuell arbeiten. Ihre Auftraggeber sind vor allem Schulen und Kitas, aber auch private Haushalte.

© Ronny Budweth

Landeshauptstadt: Krumme Sachen

Kai Meyer baut Spielplatzelemente aus Robinienholz. Am heutigen Tag des Kunsthandwerks öffnet er seine Werkstatt

Die Robinie ist ein toller Baum. Sie wächst schnell und entwickelt dennoch hartes Holz. Gerade so hart, dass man es noch gut bearbeiten kann und dass es andererseits robust ist gegen Schädlinge und Umwelteinflüsse. Sie wächst schnell, schlank und relativ geradlinig, die Stämmchen gerade dick genug, dass ein Kinderfuß gut drauf passt. Oder auch zwei.

Die Spielplatzbauer haben die Robinie längst für sich entdeckt. Seit 2005 baut auch Kai Meyer aus diesem Holz alles, was auf einen Spielplatz gehört, für draußen oder drinnen. Am heutigen Samstag öffnet er anlässlich der Europäischen Tage des Kunsthandwerks seine Werkstatt Wildholz-Spielgeräte in Bornstedt für Besucher. Die dürfen sich dann umschauen zwischen den halbfertigen Häuschen und Kletterelementen und von Meyer erklären lassen, wie man das macht, dass aus der Robinie ein Spielplatzhit wird. „Der Baum wird gefällt, geschält, entsplintet und geschliffen“, sagt Mayer trocken. „Bis das Kernholz übrig bleibt.“

Krumm, so wie es gewachsen ist, ist es dann immer noch. Wildholz eben. Kai Meyer und seine vier Mitarbeiter, Bildhauer und Tischler, verbauen es dann zu Schaukeln und Kletterhäusern, Rutschen, Wackelbrücken, Tunneln und Piratenschiffen. Das Holz, so wie es gewachsen ist, gibt dabei die Verwendung vor. Dadurch wird jedes Objekt ein Unikat. Jedes Objekt und jeden Spielplatz gibt es nur einmal. Diese Individualität herauszukitzeln, ist die künstlerische Seite seiner Arbeit, sagt Meyer. Denn im Grunde sehe er sich eher als Handwerker. Er hat Schlosser gelernt und das Handwerkliche verlernt man nicht, auch wenn man später auf Holz umsattelt. Oder Sozialpädagoge wird.

Jahrelang arbeitete der 52-Jährige in der Suchthilfe. Er kann mit der Seele umgehen und mit der Säge. Eine tolle Kombination, die er jetzt nutzt. Denn Meyer entwickelt seine Spielelemente am liebsten gemeinsam mit den Kindern, die eines Tages damit spielen sollen. Seine Auftraggeber sind hauptsächlich Grundschulen und Kitas. Meyer veranstaltet dort Kindermitbauprojekte. Die Kinder liefern Ideen und Wünsche, was sie gerne auf dem Spielplatz hätten. Dann werden aus Stöckchen, Platten und mit Klebepistolen Modelle gebaut. Was umgesetzt wird, entscheidet zuletzt natürlich Meyer. Es hängt ab vom Geld, es muss machbar und natürlich sicher sein. Aber Meyer, zertifizierter Spielplatzprüfer, weiß auch: Ein Spielplatz muss vor allem erstmal einladend und anregend sein. Bespielbar, sagt Meyer. Und durchdacht. Ein Beispiel: Zu viele Zugänge oder Wege an einer Stelle würden zu Drängeleien und Konflikten führen. Auch darauf muss man achten.

Das Verknüpfen all dieser verschiedenen Enden, die Wünsche der Kinder, der Pädagogen, das Budget, die Möglichkeiten des Baums und natürlich seine eigene Kreativität, das empfinde er als Herausforderung. „Und es macht mir einfach Spaß.“ Mit seinem Glücksindex ist er zufrieden, sagt er, und die Firma hat gut zu tun. Sein Wildholz steht auf verschiedenen Potsdamer und auch Berliner Schulhöfen. Auf einem öffentlichen Spielplatz in Wildenbruch und manchmal auch in privaten Gärten. Es gibt Kunden, die möchten keine Schaukel aus dem Baumarkt, sondern etwas Individuelles und Langlebiges für ihre Kinder und Enkel.

Auch die Biosphäre hat bei ihm bestellt: mehrere Infopavillons und Hütten, die aus einem wabenförmigen Geflecht gebaut sind. Ausnahmsweise ist das Wildholz hier eher gerade zugeschnitten, wenn auch in unregelmäßigen Formen. Die Stücke bearbeitet gerade Bildhauer Felix Riemer, fräst die Seiten sämtlicher Teile glatt, die auf einem gezeichneten Plan, Maßstab eins zu eins, ausgebreitet liegen. Dann leimt er sie zusammen und legt Schraubzwingen an. Einen Raum weiter streicht sein Kollege alles mit Hartwachs. Ein unbedenkliches Mittel, sagt er, das das Holz vor der Feuchtigkeit des Dschungels schützen soll.

Denn das ist die Robinie nicht gewöhnt. Das Brandenburger Klima allerdings war auch neu für den Baum, der ein Neophyt ist, ein illegaler Einwanderer aus Nordamerika, sagt Meyer. Die Förster würden ihn gerne loswerden, weil er heimische Arten verdrängt. Umso besser, dass er von der Holzindustrie sehr gerne genommen wird. Meyers Wildholz kommt hauptsächlich aus der Region, der Försterei Krampnitz und aus Berliner Wäldern.

Oder aus der Döberitzer Heide. Die früher ein Schießplatz war. Das merkten sie, als ihnen bei einem Stück Holz, das eine Eule werden sollte, das Sägeblatt an einer russischen Gewehrkugel hängen blieb. Die Eule haben sie trotzdem fertig geschnitzt, nur der Ast, auf dem sie sitzt, hat ein seltsames Loch. Jetzt hängt die Eule neben der Eingangstür. Als Maskottchen. „Die geben wir nicht weg.“

www.wildholzspiel.com

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