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Kindergesundheitshaus in Potsdam: Kranke Kinder unter einem Dach versorgt

Die Stadt Potsdam und das "Bergmann"-Klinikum planen eine neuartige ambulante Poliklinik für Kinder. Sie soll bundesweit einmalig sein.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Mit den Plänen für ein Kindergesundheitshaus will Potsdam bundesweit eine Vorreiterrolle einnehmen. Das Zentrum, das bis zum Jahr 2020 auf dem Gelände des Klinikums „Ernst von Bergmann“ in der Innenstadt entstehen soll, werde das Angebot für Eltern mit kranken Kindern in der Region deutlich verbessern, so der Chefarzt der Kinder- und Jugendklinik Westbrandenburg, Thomas Erler, am Dienstag. Eine vergleichbare Einrichtung dieser Größenordnung gebe es bislang seines Wissens in ganz Deutschland nicht, so BergmannGeschäftsführer Steffen Grebner. Am heutigen Mittwoch sollen die Pläne, die die Stadt und die kommunale Klinik gemeinsam ausgearbeitet haben, den Stadtverordneten in Form einer sogenannten Mitteilungsvorlage präsentiert werden.

Im Kindergesundheitshaus sollen neben dem Sozialpädiatrischen Zentrum Spezialisten aller Fachrichtungen vertreten sein, was vor allem für Eltern chronisch kranker oder behinderter Kinder große Vorteile hätte. Aber auch Hilfe für Eltern von Frühgeborenen, sogenannten Schreibabys oder beispielsweise suchtgefährdeten Jugendlichen könnte im Kindergesundheitshaus angeboten werden. „Eltern werden hier alles aus einer Hand in einem Gebäude finden“, so der städtische Sozialdezernent Mike Schubert (SPD). Frühchen müssten beispielsweise von Ernährungsspezialisten, Bewegungsspezialisten oder Nervenspezialisten beobachtet werden, so Erler. Manchmal sei auch psychologische Betreuung wegen auftretender Interaktionsstörungen zwischen Eltern und Frühgeborenen nötig. Die Chance, dass Kinder gut versorgt würden, steige deutlich an, wenn die Eltern alle Angebote aus einer Hand bekämen.

Noch unklar, ob dafür ein Neubau errichtet werden muss

Das Zentrum soll rund 2000 Quadratmeter groß sein – ob dafür ein Neubau errichtet oder ein Bestandsgebäude auf dem Klinikgelände genutzt wird, ist noch nicht entschieden, so Grebner. 1000 Quadratmeter sollen vom Klinikum genutzt werden, 1000 vom Potsdamer Gesundheitsamt. Dessen 49 Mitarbeiter sollen dann aus dem Plattenbau in der Jägerallee ins Kindergesundheitshaus umziehen, so Schubert. An der Jägerallee müsse ohnehin bald investiert werden, die Räume seien teils zu klein und sanierungsbedürftig.

Dass Mediziner und Gesundheitsamtsmitarbeiter dann „Wand an Wand“ arbeiten, habe viele Vorteile, so Erler. So könne über die Weiterbehandlung eines jungen Patienten im persönlichen Gespräch beraten werden, was bislang telefonisch oder sogar auf dem Postweg erfolge. Als Beispiel nannte er den fiktiven Fall einer alleinstehenden Mutter mit finanziellen Schwierigkeiten, die ein behindertes Kind zur Welt bringt. In so einem Fall sei es wichtig, dass die Versorgung nach dem Klinikaufenthalt unbürokratisch und schnell geregelt werde, so Erler. „Das geht besser im persönlichen Gespräch.“

Eine Poliklinik wie zu DDR-Zeiten - unter modernen Voraussetzungen

Die Idee, in Potsdam eine Art Poliklinik wie zu DDR-Zeiten unter modernen Voraussetzungen zu schaffen, ist nicht neu: Schon vor drei Jahren hatten sich die Stadtverordneten auf Initiative von SPD- und CDU-Fraktion für ein solches Zentrum ausgesprochen. Erst jetzt sei aber die Entscheidung gefallen, dass tatsächlich ein reales Haus und nicht nur ein virtuelles entstehen soll, in dem lediglich Synergien bereits bestehender Einrichtungen gebündelt werden, so Schubert. „Diese Grundsatzentscheidung haben Stadt und Klinik nun getroffen.“

Wie viele Menschen in dem neuen Kindergesundheitshaus arbeiten werden und ob sie Angestellte oder niedergelassene Ärzte sein sollen, ist noch nicht entschieden. Die Bergmann-Klinik will eigenes Personal einsetzen, aber auch zusätzliches einstellen, so Erler. Sorge, nicht ausreichend Kinderärzte zu finden, hat er nicht. Die Fachrichtung sei weiterhin sehr beliebt – genauso wie Potsdam als Standort. Außerdem sei die Größe der Klinik wegen der Möglichkeiten zur Weiterbildung und Spezialisierung für viele junge Ärzte attraktiv – im Gegensatz zum Potsdamer Gesundheitsamt, das jahrelang vergeblich Kinderärzte suchte und deshalb schon jetzt auf eine Kooperation mit der Klinik etwa bei den Schuleingangsuntersuchungen angewiesen ist.

Keine Konkurrenz zu Kinderärzten in Potsdam

Ebenfalls noch unklar ist, ob die niedergelassenen Ärzte, die schon jetzt im Medizinischen Versorgungszentrum am Klinik-Standort arbeiten, in das Kindergesundheitshaus integriert werden. Ziel sei es in jedem Fall nicht, in Konkurrenz zu den Kinderärzten in Potsdam zu treten, so Erler. „Wir wollen niemandem etwas wegnehmen, sondern das Angebot für die Eltern verbessern.“

Die Potsdamer SPD-Landtagsabgeordnete Klara Geywitz begrüßte die Pläne von Stadt und Klinik. Kinder mit Entwicklungsverzögerungen im Vorschulalter warteten bis zu sechs Monate auf einen Termin im Sozialpädiatrischen Zentrum der Klinik. „Ich hoffe, dass durch eine gute Verzahnung aller Angebote auch die Wartezeiten sinken“, so Geywitz.

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