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Garnisonkirche Potsdam: Kirche, Staat, Widerstand

Die Potsdamer Garnisonkirchen-Stiftung feilt am Versöhnungskonzept und nennt erstmals konkrete Stichworte: Der "Tag von Potsdam" wird ein Thema sein, der militärische Widerstand sowie der Versöhnungsgedanke von Coventry.

Von Peer Straube

Innenstadt - Die Stiftung Garnisonkirche hat erstmals konkrete Themenfelder für das im wiederaufgebauten Turm geplante Versöhnungszentrum vorgelegt. Insgesamt seien neun Bausteine für die „Friedens- und Versöhnungsarbeit“ mit Schulklassen entwickelt worden, erklärte Cornelia Radeke-Engst, die Pfarrerin der Nagelkreuzkapelle, am Dienstag. Sie gruppieren sich in drei übergeordnete Themenschwerpunkte. Unter der Überschrift „Kirche und Staat“ will man sich der Verbindung zwischen Thron und Altar in Preußen widmen, ein weiterer Punkt betrifft die 1817 auf Anordnung Friedrich Wilhelms III. erfolgte Vereinigung der lutherischen und reformierten evangelischen Kirche zu einer unierten Kirche.

Unter dem Stichwort „Korrumpierte Sehnsucht“ soll zudem der berüchtigte „Tag von Potsdam“ behandelt werden. Am 21. März 1933 hatten sich bekanntlich Hitler und Hindenburg bei der Feier zur Reichstagseröffnung vor der Garnisonkirche die Hand geschüttelt. Insbesondere an diesem Datum und dem Umgang mit der braunen Geschichte der Garnisonkirche reiben sich die Kritiker des Wiederaufbaus. So hatte etwa die evangelische Martin-Niemöller-Stiftung der Stiftung Garnisonkirche unter anderem mehrfach vorgeworfen, die NS-Geschichte des Gotteshauses nur unzureichend und unreflektiert zu beleuchten.

Freiheit, Frieden, Versöhnung

Der zweite Themenkomplex steht unter dem Motto „Freiheit und Widerstand“. Darin will man sich mit dem militärischen Widerstand am 20. Juli 1944 auseinandersetzen – für viele Widerständler gegen Hitler war die Garnisonkirche quasi die Hauskirche. Ein weiteres Kapitel soll sich dem Widerstand der Bekennenden Kirche in Potsdam widmen, der dritte Punkt beleuchtet den Neubeginn in der Heilig-Kreuz-Gemeinde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Im dritten und letzten Themenkomplex geht es um „Frieden und Versöhnung“. Zentrale Schwerpunkte dabei sind der Versöhnungsgedanke von Coventry, das Nagelkreuz von Coventry und das Gebet von Coventry, sowie der weltweite Versöhnungsgedanke. Am Dienstag nächster Woche will die Garnisonkirchen-Stiftung die Details des Projekts vorstellen. Kritiker des ohnehin umstrittenen Wiederaufbaus hatten bisher immer wieder das aus ihrer Sicht viel zu unkonkrete Versöhnungskonzept der Stiftung bemängelt.

Verzögerungen am Bau

Mit dem Wiederaufbau des knapp 90 Meter hohen Kirchturms hatte die Stiftung im vergangenen Oktober begonnen. Wegen Problemen bei der Gründung sind die Arbeiten aktuell rund drei Monate in Verzug. Deshalb hatte die Stiftung wie berichtet vorsorglich einen neuen Bauantrag bei der Stadt eingereicht. Die alte, 2013 erteilte Baugenehmigung läuft nämlich 2019 ab. Bislang ausfinanziert ist lediglich eine gut 26 Millionen Euro teure Rumpfvariante ohne Turmhelm, Glockenspiel und Verzierungen. Zwölf Millionen davon stammen vom Bund, der das Bauwerk als „national bedeutend“ einstuft. Komplett soll der Garnisonkirchturm rund 38 Millionen Euro kosten. Das fehlende Geld will die Stiftung durch Spenden einnehmen.

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