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Fotos aus der Kita dürfen nicht in jedem Fall verwendet werden.

© Andreas Klaer

Potsdam: Keine Fotos mehr vom Kitafest?

Die Datenschutz-Grundverordnung sorgt bei Potsdams Eltern und Kindereinrichtungen für Unsicherheit. Was ist erlaubt - und was nicht?

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Ein Schnappschuss vom Kita-Herbstfest, ein kurzes Video vom eigenen Kind auf dem Trapez bei der Zirkus-AG-Vorführung in der Schule: Immer öfter werden Eltern in Potsdam deshalb ermahnt, beziehungsweise dazu aufgefordert, das Handy wieder einzupacken. Hintergrund ist die derzeit viel diskutierte Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die seit Mai 2018 in Kraft ist und offenbar zu großer Verunsicherung führt. Doch einige Reaktionen sind übertrieben, wie PNN-Recherchen zeigen.

Ein Beispiel dafür sind die neuen Regeln in der Kita „Waldhaus“ in Bornstedt. Dort gilt seit neuestem ein Fotoverbot für Eltern auf dem gesamten Kitagelände, auch beim Herbstfest oder anderen Veranstaltungen. Schließlich könne ein Elternteil ja ein Foto im Internet hochladen, bei dem ein anderes Kind zu sehen sei, so die Argumentation der Kitaleitung. Bei manchen Eltern führte das Verbot zu Unverständnis. Und auch beim Träger, dem Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerk (EJF), betont man, dass dies „keine Unternehmensdoktrin“ sei, so Sprecherin Katrin Wilcken. Sie gehe davon aus, dass es sich bei dem Verbot im „Waldhaus“ um eine vorübergehende Regel handelt, die womöglich bald wieder geändert wird. Es sei geplant, einen externen Referenten zum Thema Datenschutz einzuladen, um Unklarheiten zu beseitigen, kündigte Wilcken an.

Kein vollständiger Verzicht auf Kita-Fotos

Tatsächlich ist ein solches Verbot auch nach der neuen Datenschutzverordnung nicht nötig. So heißt es von der Brandenburger Datenschutzbeauftragten Dagmar Hartge auf PNN-Anfrage, ein vollständiger Verzicht auf Fotos bei Veranstaltungen in der Kita sei nicht erforderlich, sofern die Bilder für private Zwecke gemacht werden. Dies gelte für eigene und für fremde Kinder – es ist also auch kein Problem, wenn auf dem Bild vom Herbstfest ein anderes Kitakind im Hintergrund zu sehen ist. Nicht erlaubt ist laut Hartge, dieses Bild anschließend zum Beispiel in sozialen Netzwerken hochzuladen – auch bei nur eingeschränkt sichtbaren Nutzerkonten. Selbstverständlich könne die Kita auf diesen Fakt hinweisen. Erforderlich sei dies aber nicht.

Anders ist es hingegen, wenn in der Kita Bilder gemacht werden, die öffentlich zu sehen sind, also zum Beispiel bei einem Aushang in der Kita oder auf der Homepage des Trägers. Für diese Fälle ist laut Hartge eine Einwilligung der Sorgeberechtigten notwendig, zum Beispiel in Form eines vorgefertigten Einwilligungsformulars.

Bändchen für Kinder ohne Foto-Erlaubnis

Tatsächlich ist dies mittlerweile wohl bei allen Einrichtungen Standard – Eltern kennen die Zettel, die sie am Anfang des Kitajahres zur Unterschrift bekommen. Beim EJF sei dies schon lange Praxis, sagt Sprecherin Wilcken, ähnlich wird es bei den Fröbel-Kitas in der Stadt gehandhabt. „Wenn bei uns Fotos gemacht werden, bekommen die Kinder ohne Einwilligung ein Bändchen um, sodass die Fotografen Bescheid wissen“, so Fröbel-Sprecherin Beatrice Strübing. Für Fotos, die Eltern beispielsweise auf Kitafesten machen, gelte dies aber nicht. Auch bei den Einrichtungen der Hoffbauer-Stiftung dürfen die Eltern auf Kitafesten fotografieren, berichtet Sprecherin Heidrun Spengler. 

Für Fotos, die von Erziehern oder professionellen Fotografen für die Öffentlichkeitsarbeit gemacht werden, gibt es auch bei Hoffbauer ein Formular, auf dem die Eltern ihr Einverständnis erklären können – oder eben nicht. Doch auch wenn eine solche Erklärung vorliege, werde sensibel bei der Fotoauswahl vorgegangen, so Spengler. „Ein Bild von einem Kind mit einem schokoladenverschmierten Gesicht würden wir zum Beispiel nicht nehmen. Und wenn, dann höchstens für das Portfolioheft, das nur für Eltern und Erzieher bestimmt ist.“

Erheblicher Aufwand für Erzieher und Kitas

Ein Formular, mit dem eine Fotoerlaubnis erteilt wird, bekommen auch Eltern von Kindern in Kitas der Arbeiterwohlfahrt (AWO) vorgelegt. Die Kinder, die eine solche Erlaubnis nicht haben, dürfen bei Veranstaltungen insbesondere mit Medienpräsenz nicht auftreten oder werden anderweitig beschäftigt, so die Sprecherin des AWO-Bezirksverbands Potsdam, Nicola Klusemann. „Dies bedeutet einen erheblichen Aufwand für die pädagogischen Fachkräfte, der aber andererseits gerne betrieben wird, um die für die Kinder schönen Momente im Bild festhalten zu können.“ Ein generelles Fotografierverbot gebe es aber nicht. „Es kann ja immer Gründe geben, weshalb ein Kind nicht foto-dokumentarisch in Erscheinung treten soll. Aber allen anderen sollte deshalb nicht die Möglichkeit genommen werden, Erinnerungsfotos aus Kindertagen zu haben“, sagt Klusemann.

Keine Erinnerungsfotos mehr gibt es hingegen seit Neuestem von Shows beim Circus Montelino, bei dem Kinder und Jugendliche Akrobatik, Trapezturnen oder Einradfahren trainieren und aufführen – zumindest nicht auf dem privaten Handy. Dort hat man die neue Datenschutz-Grundverordnung zum Anlass genommen, ein generelles Fotografier- und Filmverbot während der Vorstellungen zu erlassen, sagt Montelino-Geschäftsführerin Ute Warbein. „Wir haben nicht von allen Kindern eine Fotoerlaubnis, deshalb wollen wir auf Nummer sicher gehen“, erklärt sie. Der Effekt sei äußerst positiv, so Warbein. Statt auf ihr Handy konzentrierten sich die Eltern während der Aufführungen nun auf die Kinder auf der Bühne. Außerdem störten keine Blitze mehr, wenn es eigentlich dunkel sein soll im Zirkuszelt. „Die Eltern sind jetzt ganz anders dabei. Das merkt man zum Beispiel auch an der Spontaneität des Applauses.“ Eltern, die ein Andenken an den Abend haben wollten, könnten diese vom Zirkus haben – schließlich sei bei den Aufführungen ein professioneller Fotograf vor Ort. Es spreche auch nichts dagegen, das Kind nach der Aufführung nochmal aufs Trapez zu schicken und dann ein Foto für das Familienalbum zu machen.

Auch an Potsdamer Schulen herrscht Unsicherheit

Thema ist der Datenschutz also quasi überall, wo Kinder sind, das haben die PNN-Recherchen deutlich gezeigt. Auch an den Schulen herrscht Unsicherheit, wie Ralph Kotsch, Sprecher des Brandenburger Bildungsministeriums, auf Anfrage bestätigt. 

Um Lehrer und Schulleiter zu unterstützen, werde momentan eine Handreichung erarbeitet, in der die aktuell gültigen Regeln festgehalten sind, so Kotsch. Dieser werde derzeit in Zusammenarbeit mit den Datenschutzbehörden erarbeitet. Vor Jahresende ist mit einer Fertigstellung aber nicht zu rechnen. Es sei schließlich kompliziert.

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