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Babelsberger Eltern wollen ihre Kinder auf eine Schule in unmittelbarer Nähe schicken. Doch die Kapazitäten sind begrenzt.

© Kai-Uwe Heinrich

Grundschulen in Babelsberg: Kein Platz mehr frei

Die Grundschule nah am Wohnort, für Kinder fußläufig zu erreichen - ein ganz normaler Wunsch von Eltern. In Babelsberg erhalten 20 Kinder allerdings keinen Grundschulplatz, sie sollen nun auf Schulen in anderen Bezirken verteilt werden. Das sehen die Eltern nicht ein.

Potsdam - Hendrik Tietze ist sauer. Sein Sohn soll ab Sommer auf eine Babelsberger Grundschule gehen, bis vor zwei Wochen rechnete niemand damit, dass das ein Problem sein könnte. Doch dann kam die Ablehnung: An keiner der drei Grundschulen sind Plätze frei. Nun steht er bei der Goethe-Grundschule auf der Warteliste an zweiter, in der Bruno-H.-Bürgel-Schule an achter Stelle. Auch die Privatschule ist voll.

Zwanzig weitere Kinder in Babelsberg seien davon betroffen. Sie wurden abgelehnt und sollen nun auf Schulen im Zentrum-Ost oder Am Stern ausweichen. Eltern hatten zwei Wochen Zeit, sich nach einer Alternative für ihr Kind umzusehen und sich selbst um einen freien Platz für ihr Kind zu kümmern.

Die Verantwortlichen stellten sich überrascht

Dass die Frist für diese Suche am Dienstag verstrich, kümmert Hendrik Tietze nicht. Er weigert sich: Sein Sohn soll in Babelsberg zur Schule gehen, dort wo die Familie wohnt, wo seine Freunde sind, wo er die Schule fußläufig erreichen kann.

Statt nach Alternativen zu suchen, wandte er sich in einem Schreiben an die Bildungsbeigeordnete Iris Jana Magdowski (CDU): „Es kann nicht sein, dass die betroffenen Familien in der Kalenderwoche 20 über die Situation informiert werden und dann innerhalb von zwei Wochen eine neue Schule aussuchen müssen. Vernünftige Lebensplanung in einer der (angeblich) kinderfreundlichsten Städte Deutschlands sollte nach unserer Einschätzung anders aussehen“, schreibt er darin im Namen der Eltern. Am 19. Mai wurde er dann kurzerhand persönlich zu einer Sitzung ins Rathaus eingeladen, in der er die Situation in Babelsberg erläuterte. Die Verantwortlichen stellten sich überrascht und kündigten Maßnahmen an.

Krisensitzung einberufen

Hätten diese nicht bereits Ende 2014 wissen können, dass nicht genügend Schulplätze für alle Kinder im Bezirk Babelsberg zur Verfügung stehen werden? Monatelang drangen keine Informationen zu den Eltern, obgleich die Anmeldung der Schulanfänger bereits in der Zeit vom 29. November bis 12. Dezember 2014 stattfand. Selbst in einer Pressemitteilung der Stadt vom 25. März hieß es noch, dass im „Vergleich zu der Prognose des Schulentwicklungsplans insgesamt nur geringfügige Abweichungen festzustellen“ seien.

Als Reaktion auf Tietzes entschiedenen Auftritt vor dem Bildungsausschuss wurde am 21. Mai eine Krisensitzung zwischen den Verantwortlichen der Stadt, des Landesschulrates und Direktoren einberufen, um nach Lösungen für Babelsberg zu suchen. Ergebnisse gibt es bislang nicht: „Wir haben verschiedene Alternativen erörtert. Jeder ist erst einmal mit Hausaufgaben nach Hause gegangen“, äußerte sich Petra Rademacher, Fachbereichsleiterin Bildung und Sport. Auf Nachfrage wollte sich die Stadt gestern nicht zu der konkreten Situation in Babelsberg äußern: „Im Moment können wir dazu keine Angaben machen, da das Verfahren noch läuft.“ Für genaue Zahlen wird an das Landesschulamt verwiesen.

Der Weg ist weit

Thomas Förster, ein weiterer betroffener Vater, hat seine sechsjährige Tochter in der Grundschule Am Stern angemeldet – widerwillig. Wenn er seiner Tochter den Schulweg nicht alleine zumuten will, müsste er die nächsten sechs Jahre fahren, doch das kann er gar nicht leisten. Beide Elternteile sind berufstätig. Wie das alles gehen soll, weiß er nicht. Dabei wohnten die Großeltern in Babelsberg, nur wenige Hundert Meter von der Grundschule entfernt, das Kind abzuholen wäre dort kein Problem. Nun aber muss seine Tochter auf eine Schule gehen, wo sie niemanden kennt und der Weg weit ist.

Wie aber kommt es zu der Situation in Babelsberg, warum hat die Stadt so lange Maßnahmen versäumt? „Eine Schulleiterin hat uns bestätigt, dass es die letzten Jahre immer grade so alles hingehauen hat. Dieses Jahr ging diese Strategie allerdings scheinbar nicht auf,“ so Tietze.

Dritter Klassenzug gefordert

Die Eltern fordern nun einen dritten Klassenzug, die Anzahl der Kinder ließe das zu. Tietze ist vor allem die nachhaltige Sicherung von Grundschulplätzen wichtig. Immerhin: Er hat drei Kinder und sein Sohn ist nicht der letzte, den er in Babelsberg an die Schule bringen will.

Ob noch weitere Stadtteile in diesem Jahr betroffen sind, dazu äußerte sich die Stadt bislang nicht. Als nächstes stehe aber eine vorgezogene Bevölkerungsprognose an, die Auskunft über erwartete Zuwächse oder Abnahmen in den Bevölkerungszahlen und Altersgruppen geben wird. Mit Ergebnissen rechne der Fachbereich Schule und Sport im Spätsommer dieses Jahres. Für die Kinder, die im September eingeschult werden, kommen diese Statistiken allerdings zu spät.


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Rita Orschiedt

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