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Denkmalgeschütztes Welterbe. Ein Schweizerhaus in Klein Glienicke.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Jenseits von Sanssouci

Potsdam feiert 2014 das „Leben im Unesco-Welterbe“. Dazu gehören nicht nur Schlösser und Parks, sondern auch Filme, Märchen und berühmte Zitate

Sacrow mit der Heilandskirche, der Kaiserbahnhof, Klein Glienicke – all diese Orte gehören zum Unesco-Welterbe, neben überliefertem Gedankengut und Kulturgut. Diese Vielseitigkeit soll 2014 im Mittelpunkt der Kampagne „Leben im Unesco-Welterbe“ stehen, ein Motto, das die Stadt von der Deutschen Zentrale für Tourismus übernomen hat. Bisher sind es vor allem die Schloss- und Parkanlagen von Sanssouci, die als touristische Attraktionen wahrgenommen werden, sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am gestrigen Dienstag vor Journalisten. In diesem Jahr sollen verstärkt Nebenschauplätze in den Fokus gerückt werden. Dazu finden mit diversen Kooperationspartnern, wie der Schlösserstiftung, Museen, Vereinen, kulturellen und wissenschaftlichen Einrichtungen über 60 Veranstaltungen statt, in denen nicht nur Touristen das Unesco-Erbe Potsdams neu kennenlernen sollen.

Welterbe-Nachbarschaft

Auch wenn 2013 etwa 18,5 Millionen Tagesbesucher gezählt wurden – „Leben im Unesco-Welterbe“ erinnert daran, dass hier Menschen ganz konkret in und neben dem Erbe leben und davon profitieren. So konnten in den vergangenen Jahren mit städtischen Mitteln viele Bauvorhaben beendet werden, die Sanierung des Friedenssaals am Park Sanssouci, der Bornstedter Friedhofsmauer und der Heilandskirche Sacrow. Alle schönen Orte sollen aber nicht nur angeschaut, sondern belebt werden, mit Lesungen, Vorträgen und Konzerten. Erstmals seit Beginn der Musikfestspiele findet etwa in diesem Jahr ein Konzert in der Schwanenallee statt. Auch die Schulen sollen mit ins Boot: Der Welterbetag, der in diesem Jahr auf den Kindertag am 1. Juni fällt, wird mit Schülern der Unesco-Grundschule am Humboldtring im Schwimmbad im Babelsberger Park gefeiert.

Erinnern an den Mauerfall

Ohne den Mauerfall 1989 wären viele großartigen Orte heute gar nicht zugänglich. Deshalb soll mit speziellen Führungen im ehemaligen Grenzgebiet an den Mauerfall vor 25 Jahren erinnert werden. „Es ist für Gäste immer noch beeindruckend, entlang des einstigen Grenzverlaufs zu spazieren“, sagte Jakobs. Dazu finden viele Stadtführungen in Gebieten statt, die erst nach 1989 ins Welterbe aufgenommen wurden. Auch Klein Glienicke, das einst im Grenzgebiet lag, war von 1961 bis 1989 fast komplett ummauert. Gartenarchitektin und Stadtführerin Manuela Arndt stammt aus Klein Glienicke, sie führt gern durch den Ortsteil am Havelufer. Heute ist es eher ruhig in den Straßen mit den historischen Schweizer-Häusern, erbaut von Prinz Carl von Preußen. „In den 20er-Jahren war die Waldmüllerstraße der Ku’damm von Babelsberg“, sagte sie, „dort gab es alle wichtigen Geschäfte“. Ufa-Stars und Promis zogen sich hierher in die Sommerfrische zurück. 1961 setzte die Mauer dem Treiben ein Ende, Zutritt war nur mit Passierschein möglich. Manuela Arndt zeigt Gästen den Grenzverlauf, aber auch die sanierte Kirche. Der Mauerfall fand übrigens auch Eingang in das Weltdokumentenerbe. Walter Ulbrichts Satz „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“ sowie Günter Schabowskis Äußerungen in der Pressekonferenz am 9. November 1989 gehören zum immateriellen Erbe.

Filme, Musik und Märchen

In Potsdam soll in diesem Jahr auch des audio-visuellen Welterbes gedacht werden. Seit 2001 gehört der 1926 von Fritz Lang in Potsdam gedrehte monumentale Stummfilm „Metropolis“ dazu, er wird im Oktober im Filmmuseum gezeigt. Vom 13. bis 16. Februar steht Beethovens sinfonisches Werk im Fokus, mit Vorträgen und Konzerten der Kammerakademie Potsdam. Am 15. Februar erklingt Beethovens 9. Sinfonie, seit 2001 im Welterbe-Verzeichnis „Memory of the World“, ebenso wie die Märchen der Gebrüder Grimm. Sie werden an einem Märchentag im Volkspark vorgelesen. Vorträge der Reihe „Potsdamer Köpfe“ beleuchten dazu die konkrete Frage, was genau ein Denkmal oder audiovisuelles Erbe ist.

Mit dem Bus durchs Welterbe

Damit Potsdamer und Besucher das Welterbe auch garantiert finden, soll in diesem Jahr ein spezieller Linienbus durch die Stadt fahren – auf verschiedenen Strecken. Der Bus wird mit seiner äußeren Gestaltung auf die besonderen Orte hinweisen, drinnen finden sich Broschüren und Karten zum Mitnehmen. In den Bahnhofspassagen wird im Mai eine Ausstellung über die insgesamt 38 deutschen Welterbestädte zu sehen sein. Potsdam könne sich in eine prominente Gilde deutscher und weltweiter Orte und Landschaften einreihen, heißt es. „Wir wollen mit dem Jahresmotto natürlich auch etwas angeben – und neue touristische Zielgruppen erreichen“, sagte Jakobs. Steffi Pyanoe

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