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Jakobs (l.): "Gerade bei der Diskussion um die Potsdamer Mitte handelt es sich um ein derart grundlegendes Thema, dass man hier sehr sensibel vorgehen muss." - Scharfenberg (r.): "Aber jetzt war die Tür, die inhaltlichen Forderungen teilweise umzusetzen, ein Stück weit offen und wir haben das genutzt."

© A. Klaer

Kompromiss im Streit um Potsdams Mitte: Jakobs: „Wir wollen nicht spalten“ - Scharfenberg: "Wir haben einen riesigen Fortschritt gemacht"

Das Hotel Mercure soll stehen bleiben, das FH-Gebäude und der Staudenhof sollen fallen. Wie es zu der Entscheidung kam und wie sie den Beschluss bewerten, schildern Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Hans-Jürgen Scharfenberg, Vorsitzender der Linken im Stadtparlament, in zwei PNN-Interviews.

Von Katharina Wiechers

Jakobs: „Wir wollen nicht spalten“

Herr Jakobs, die Forderungen der Initiatoren des Bürgerbegehrens sind schon seit Monaten klar. Warum kommt Ihr Kompromissvorschlag erst jetzt?

Ich finde, selbst wenn man zu dem Schluss kommt, dass das Bürgerbegehren unzulässig ist, muss man eine politische Antwort darauf finden. Der Kompromiss ist ein Signal, dass man sich inhaltlich mit den Forderungen auseinandersetzt.

Warum war es Ihnen so wichtig, dass die Linken mit im Boot sind?

Es ging dabei nicht um die Linken, sondern um eine breite Mehrheit, das ist eine Frage der politischen Kultur. Gerade bei der Diskussion um die Potsdamer Mitte handelt es sich um ein derart grundlegendes Thema, dass man hier sehr sensibel vorgehen muss. Wir wollen ja nicht spalten, wir wollen möglichst alle Potsdamerinnen und Potsdamer mitnehmen. Das erhöht die Akzeptanz und letztlich auch die Identifikation mit der Potsdamer Mitte.

Manche werfen Ihnen vor, dass Sie die Fragestellung des Bürgerbegehens nicht schon zu Beginn haben prüfen lassen. Warum haben Sie das erst getan, als die Unterschriften schon gesammelt waren?

Die Verantwortung liegt bei denen, die ein solches Bürgerbegehren auf den Weg bringen. Man muss sich eben absichern, damit nicht später großer Frust erzeugt wird. Dass wir das vorher prüfen, war von den Initiatoren nicht gewollt. Hätten wir es von uns aus getan, wäre uns vorgeworfen worden, wir wollten das Bürgerbegehren verhindern.

Was glauben Sie persönlich, wie lange wird das Hochhaus des Mercure noch stehen?

Was ich persönlich darüber denke, ist wirklich die unwichtigste Frage. Es geht doch darum, dass Politik und Verwaltung handlungsfähig bleiben und deshalb wäre es falsch gewesen, die Sache sich selbst zu überlassen. Die Sanierungsziele sind immer noch bindend und alles weitere wird die Zeit zeigen. Irgendwann wird der Eigentümer kommen und uns ein Angebot machen.

Die Fragen stellte Katharina Wiechers

ZUR PERSON: Jann Jakobs, 62, wurde im ostfriesischen Eilsum geboren. Seit Ende 2002 ist der Sozialdemokrat Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam.

Scharfenberg: „Wir haben einen riesigen Fortschritt erzielt“

Herr Scharfenberg, Sie haben den von Jann Jakobs vorgeschlagenen Kompromiss mitgetragen und noch Änderungen durchgesetzt. Aber letztlich sollen der Staudenhof und wahrscheinlich auch die FH trotzdem abgerissen werden. Haben Sie jetzt Angst vor der Reaktion Ihrer Wähler? 

Wir haben doch einen riesigen Fortschritt erzielt! Die Chance, dass die Initiatoren des Bürgerbegehrens vor Gericht Recht bekommen, ist doch eher gering. Aber jetzt war die Tür, die inhaltlichen Forderungen teilweise umzusetzen, ein Stück weit offen und wir haben das genutzt. Dass jetzt die Filetgrundstücke zum Beispiel nicht an den Höchstbietenden verkauft werden und dass beim Staudenhof eine Sanierung zumindest geprüft wird, das alles hätte die Kooperation doch nie von sich aus gemacht.

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens sind über den Kompromiss aber trotzdem nicht besonders glücklich... 

Das ist doch klar, die wollen Ihren Bürgerentscheid durchsetzen. Aber was heute beschlossen wurde, ist doch alles aus dem Bürgerbegehren abgeleitet. Wir haben es jetzt zur Sprache gebracht – das ist eben der Unterschied zwischen lauten Parolen und Realpolitik. Ich glaube, dass wir dem Bürgerwillen damit durchaus gerecht werden. Wir hätten den Kompromiss ja gar nicht mit ausarbeiten müssen, wir hätten uns die Arbeit sparen können. Aber wir haben den schwereren Weg gewählt.

Das Mercure ist vorerst gerettet. Ist das Ihr Verdienst? Oder ist es nicht vielmehr so, dass die Stadt nicht weiterkommt? 

Es ist doch etwas ganz anderes, ob die Stadt sagt, sie möchte das Ding um jeden Preis weghaben oder ob sie sagt, wir machen jetzt gar nichts mehr – es sei denn, der Eigentümer meldet sich.

Fragen von Katharina Wiechers

ZUR PERSON: Hans-Jürgen Scharfenberg, 62, stammt aus Annaberg-Buchholz. Seit 1990 ist er Stadtverordneter und seit 1995 Vorsitzender der Linke-Fraktion im Stadtparlament.

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