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Aus dem GERICHTSSAAL: „Ich zahle keine Kopeke!“

Ehefrau geschlagen und eingesperrt / 500 Euro Strafe

„Das Urteil ergeht in wenigen Minuten. Laufen Sie nicht weg“, bittet Amtsrichterin Constanze Rammoser-Bode den Angeklagten. Doch Pjotr P.* (76) muss unbedingt rauchen. Er findet den Hauptausgang des Justizzentrums nicht, öffnet eine alarmgesicherte Nottür. Bis das durchdringende Pfeifen verstummt, vergeht einige Zeit. Eine Etage höher wartet die Vorsitzende auf den Mann aus der Ukraine. Endlich taucht er auf, kommentiert das Urteil – 500 Euro Geldstrafe wegen Körperverletzung sowie Freiheitsberaubung seiner wesentlich jüngeren Ex-Gattin – mit den Worten: „Ich zahle keine Kopeke, und wenn ich bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen muss.“

Auch während der Verhandlung gebärdete sich der Angeklagte mit dem Vollbart renitent. Mehrfach musste er zur Ordnung gerufen werden. Mit höhnischem Grinsen lauschte er dem Verlesen der Anklageschrift. Laut Staatsanwaltschaft soll Pjotr P. am 19. Juli 2008 seine damals bereits von ihm getrennt lebende Ehefrau in seiner Wohnung Am Schlaatz eingesperrt, geschlagen und ihr die Kleidung zerrissen haben. „Möchten Sie sich zur Sache äußern“, fragte die Vorsitzende. „Mit Ihnen rede ich überhaupt nicht“, antwortete der Ukrainer. Dann überlegte er sich jedoch anders, bestritt die Vorwürfe vehement. „Es war mein Geburtstag. Larissa stand plötzlich mit Blumen und einer großen Flasche Wein vor meiner Tür“, erzählte Pjotr P. Die habe die Frau nahezu alleine ausgetrunken. Gegen ein Uhr nachts habe Larissa hysterisch an der Wohnungstür gerüttelt, die er – wie immer – abgeschlossen hatte, danach mit den Füßen dagegen getreten und laut um Hilfe geschrien. „Ich habe sie von hinten umfasst, um sie wegzuziehen. Dass dabei ihre Sachen kaputtgegangen sein sollen, habe ich nicht gesehen“, versicherte der Angeklagte. „Warum haben Sie nicht aufgeschlossen, als die Frau die Wohnung verlassen wollte“, hakte die Richterin nach. „Sie sollte warten, bis ich mich umgezogen hatte. Dann hätte ich sie nach Hause begleitet“, betonte Pjotr P.

„Pjotr wusste, dass ich ihn besuchen komme“, berichtete Larissa L.* (44) im Zeugenstand. „Wir haben gegessen, getrunken und geredet. Dann sagte er plötzlich: Ich möchte nicht, dass du gehst und hielt mich fest.“ Als sie sich wehrte, habe er sie geschlagen und aufs Bett geschubst. „Ich wusste, was er wollte. Da habe ich ihn ins Ohr gebissen“, erzählte die Frau. „Er ließ mich kurz los. Ich rannte zur Tür. Aber die war zu.“ In ihrer Not habe sie versucht, Nachbarn auf sich aufmerksam zu machen. Einer habe sie zum Glück gehört und die Polizei alarmiert. „Man mag sich gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn der Hausbewohner die Hilferufe nicht vernommen hätte. Mit der Geldstrafe kommen Sie noch gut weg“, stellt die Vorsitzende in ihrer Urteilsbegründung klar. (*Namen geändert.Hoga

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