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Landeshauptstadt: Heute schlägt’s dreimal zwölf

Das letzte Schnapszahldatum des Jahrhunderts lässt die Potsdamer kalt: kein Ansturm aufs Standesamt

Von Eva Schmid

Nach über einem Jahr ist es wieder so weit: Wir haben ein Schnapszahldatum und zwar sehr wahrscheinlich das vorerst letzte, das wir noch erleben werden. Erst in 89 Jahren, am 1.1.2101, wird es wieder so weit sein.

Doch was hat es mit diesem Datum und der Zahl zwölf eigentlich auf sich? „Das ist ein ganz besonderer Tag und eine ganz wichtige Zahl, denn unsere Welt tickt im Zwölfer-Rhythmus“, erklärt die Potsdamer Astrologin Sabine Wustmann. In der Astrologie sei die Zwölf eine kosmische Zahl und bedeute Vollendung.

Es ist schon interessant, was mit der Zahl alles zusammenhängt: Unser Sonnensystem hat zwölf Planeten, die Erde umkreist die Sonne in zwölf Monaten. Ein Tag hat zweimal zwölf Stunden. Die menschliche Luftröhre ist zwölf Zentimeter lang und wir besitzen zwölf Brustwirbel. An König Arthurs Tafelrunde vermutet man ebenfalls zwölf Ritter, die durch zwölf Rittertugenden die Ethik der Ritterlichkeit verkörpern. Auch in Redewendungen kommt die Zahl vor, wie zum Beispiel bei „Fünf vor zwölf“ oder „eins auf die Zwölf kriegen“.

Doch in Potsdam ist dieser besondere Mittwoch wohl ein Tag wie jeder andere. Die Potsdamer Besucher des Weihnachtsmarktes auf der Brandenburger Straße wissen zwar um das Datum, werden heute aber weder Lotto spielen, noch wichtige Verträge abschließen oder den Tag besonders angehen, wie eine nicht repräsentative Umfrage ergab.

„Viele Leute werden sicherlich heiraten, um sich dann wieder schnell scheiden zu lassen“, munkelt etwa die 50-jährige Sylvia Hintersdorf. Sie gehe wie gewöhnlich zur Arbeit und danach zum Yoga. An Hochzeiten dachte auch die 22-jährige Lucie: „Schnapszahldaten hab ich immer im Blick – da würde ich gerne auch heiraten.“ Nur leider ist gerade kein Bräutigam in Sicht. Ihr Favorit unter den Schnapszahlen ist leider auch schon lange vergangen – es war der 9.9.1999.

An diesem Tag im September waren im Vergleich zu anderen Schnapszahldaten die meisten Potsdamer im Heiratsfieber. Das Standesamt, so Stadtsprecher Jan Brunzlow, traute damals 24 Paare. Am 7.7.2007 und 8.8.2008 wurden ebenfalls je mehr als zwanzig Paare vermählt. Am 9.9.2009 und 11.11.2011 waren es dann nur noch 16 Eheschließungen. Es scheint, dass auch bei den Hochzeitspaaren die Schnapszahldaten an Bedeutung verlieren. Heute, so teilt der Stadtsprecher mit, werden nur acht Paare im Präsidentenflügel des Rathauses getraut. Das seien immerhin noch viermal mehr Eheschließungen als an einem regulären Tag im Dezember. Besonders in der kalten Jahreszeit sinke die Heiratslust. Erst wenn in den Sommermonaten, zwischen Mai und September, die schönen Hochzeitsorte Belvedere und Angerkirche geöffnet sind, schließen die Potsdamer wieder verstärkt den Bund der Ehe.

Für die Verwandtschaft der fünf Neugeborenen, die heute voraussichtlich im Bergmann-Klinikum geboren werden, ist das Datum wenigstens leicht zu merken. Auch für die Astrologin Wustmann ist der Tag vor Neumond ein guter Tag: „Morgens hat man wunderbare Ideen. Da können einem auch gute Einfälle für Weihnachtsgeschenke kommen – am besten sofort aufschreiben!“ Nachmittags sei man dank der Sternenkonstellation fröhlich, sogar leicht überdreht. Man neige zum Geld ausgeben, da sollte man aufpassen, so Wustmann. Jedoch verspricht die Astrologin auch viele positive Überraschungen.

Doch auch beim Glücksspiel wird das Schnapszahldatum keine großen Auswirkungen haben. Sowohl im Potsdamer Casino in der Schloßstraße als auch an der Lottoannahmestelle in der Wilhelm-Galerie erwartet man keinen größeren Ansturm. „Unsere Besucher kommen eher am Freitag, dem 13. – das ist für viele ein Glücksdatum“, sagt Casino-Sprecher Michael Masch.

Wenigstens auf der Internet-Plattform Facebook wird dem Datum Beachtung geschenkt. Hier gibt es mittlerweile eine Fanseite mit dem Namen „12.12.2012 um 12:12 Uhr - und ich werd dabei sein“, die schon 433 Anhänger hat. Unklar bleibt dagegen, was am 21.12.2012 – das Ende des Maya-Kalenders – passieren wird. Die Szenarien, die dazu im Netz kursieren, sind wenig erfreulich, der Katastrophenfilm „2012“ hat das Thema bereits effektvoll ausgemalt. Wir nehmen einfach mal an, dass wir mit dem heutigen Schnapszahldatum und dem zumindest angeschwipsten 20.12.2012 so viel Glück beschert bekommen, dass die Welt kurz vor Weihnachten einfach nicht untergehen kann. Eva Schmid

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