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Tausende Menschen auf dem Alten Markt in Potsdam: Ein Bild der Demonstration am Sonntag.

© Andreas Klaer

Großdemo gegen Rechts in Potsdam: „Wir sind besorgt wegen unserer Sicherheit“

Bei einer der größten Kundgebungen in Potsdams Geschichte kamen viele Menschen zu Wort. Das Hans Otto Theater bringt das rechte Geheimtreffen auf die Bühne.

Es war einer der bewegenden Momente des Sonntagnachmittags, als der Potsdamer Gastronom Fouad Abdullah das Mikro nahm und sagte: „Wir sind besorgt wegen unserer Sicherheit.“ Der aus dem Libanon stammende Gastwirt meinte seine Freunde, die vielfach aus anderen Ländern kommen und nun in Deutschland leben. Dabei fühle er sich in Potsdam zu Hause, „meine Kinder sind hier geboren“. Gemeinsam müssten jetzt die demokratischen Werte in Deutschland verteidigt werden. Und: „So viel Applaus habe ich nicht verdient, ich bin ein Teil von euch.“

Abdullah sprach vor einer beeindruckenden Kulisse von rund 10.000 Menschen, die am Sonntag auf dem Alten Markt gegen Rechtsextremismus und die AfD protestierten. „Es ist eine der größten Demonstrationen der vergangenen Jahre“, rief Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) den Teilnehmern zu. Seit Freitag hatte er zusammen mit dem parteiübergreifenden Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“ dafür mobilisiert, laut Schubert begleitet von Anfeindungen in sozialen Netzwerken. Doch am Ende reichte der Platz auf dem Alten Markt kaum aus, so viele Teilnehmer - auch aus umliegenden Landkreisen - folgten dem Aufruf unter dem Motto „Potsdam wehrt sich“.

Viele Demonstrierende waren mit Plakaten auf den Alten Marklt gekommen.
Viele Demonstrierende waren mit Plakaten auf den Alten Marklt gekommen.

© Andreas Klaer

Doch nach dem Geheimtreffen von „verfassungsfeindlichen Ideologen, AfD-Politikern und Unternehmern“ im Landhaus Adlon gelte es nun, die Sprachlosigkeit über die dort geschmiedeten Pläne einer „millionenfachen Aussiedlung von Migranten mit und ohne deutschen Pass in einen neuen Staat in Nordafrika“ zu beenden, sagte Schubert.

Auf dem Alten Markt in Potsdam: Demonstrierende warnten auch vor der Wiederholung der Geschichte.
Auf dem Alten Markt in Potsdam: Demonstrierende warnten auch vor der Wiederholung der Geschichte.

© Andreas Klaer

Viele Redner bezogen sich auf das von dem Recherchenetzwerk Correctiv öffentlich gemachte Treffen. Carmen Klockow, Ortsvorsteherin von Neu Fahrland, sprach von ihrer Fassungslosigkeit angesichts der Berichte. „Ich kenne den Eigentümer vom Landhaus Adlon persönlich. Ich habe ihn gefragt, was dort geschehen ist: Er sagte, ein Zahnarzt hat Räume gebucht, es habe kein Geheimtreffen gegeben. Reicht uns diese Antwort? Nein!“

Die evangelische Superintendentin von Potsdam, Angelika Zädow, sagte: „Ich habe die Vielfalt und den Reichtum kennengelernt, die andere Kulturen in unsere Gesellschaft bringen. Das will ich nie mehr missen.“  Brandenburgs CDU-Chef Jan Redmann sagte: „Es ist eine Schande, dass nach den Berichten der vergangenen Woche Menschen Angst haben mussten.“

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne, M.) sprach vor der Nikolaikirche mit Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD, r.) und Neu Fahrlands Ortsvorsteherin Carmen Klockow.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne, M.) sprach vor der Nikolaikirche mit Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD, r.) und Neu Fahrlands Ortsvorsteherin Carmen Klockow.

© Andreas Klaer

Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) lobte den solidarischen Geist der Potsdamer und sagte: „Ich wünsche mir, dass rechtes Gedankengut, dieser immerwährende Appell an unseren inneren Schweinehund, nicht erfolgreich sein wird. Sondern dass wir entlarven, was es ist: Der direkte Weg in den moralischen Bankrott und die menschlichen Untiefen.“

Mahnende Worte in Richtung der Mitte der Gesellschaft fand Jibran Khalil, der sich als Träger des Potsdamer Integrationspreises seit Jahren gegen Rassismus und für Integration einsetzt. Auch die demokratischen Parteien würden inzwischen Abschiebungen in großem Stil fordern, erinnerte er an einen Satz von Bundeskanzler Olaf Scholz - der da die Kundgebung schon wieder verlassen hatte. Fereshta Hussein, die Vorsitzende des Migrantenbeirats, erinnerte wie auch andere Redner an die Zeit des Nationalsozialismus: „Wir dürfen die Vergangenheit nicht vergessen, die Geschichte - es ist Zeit, dass wir jetzt handeln.“

Eins von vielen Plakaten, die auf der Demonstration am Sonntag in Potsdam zu sehen waren.
Eins von vielen Plakaten, die auf der Demonstration am Sonntag in Potsdam zu sehen waren.

© Andreas Klaer

Warum die AfD vor Ort war

Aus einem anderen Grund unter den Teilnehmern war der Potsdamer AfD-Fraktionschef Chaled-Uwe Said, der via Facebook von einer „Correctiv-Lügengeschichte“ sprach, die längst widerlegt sei. So werde Hass und Hetze gegen die demokratisch legitimierte Opposition geschürt.

Hingegen hat Correctiv bereits angekündigt, dass weitere Details der Recherche bereits am Mittwoch publik werden sollen: Bei einer szenischen Lesung im Berliner Ensemble sollen die Protokolle des Geheimtreffens verlesen werden. Die Chefin des Hans Otto Theaters Bettina Jahnke sagte, dass diese Lesung in Potsdam am 27. Januar zu sehen sein wird, ab 21 Uhr im Theater. „In erster Linie ist uns wichtig, dass die Öffentlichkeit davon erfährt, was dort wirklich passiert.“

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