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Das zerstörte Alte Rathaus nach der Bombardierung Potsdams.

© Werner Taag

Glockenläuten um 22.15 Uhr: Potsdam erinnert an das Bombardement von 1945

In nur einer halben Stunde wurden weite Teile der Potsdamer Innenstadt durch einen Luftangriff zerstört. Zum Jahrestag wird auf verschiedene Weise der Opfer gedacht.

Die späten Abendstunden des 14. April 1945 waren eine Zäsur für das Potsdamer Stadtbild. Binnen nur 36 Minuten wurden zwischen 22 und 23 Uhr weite Teile der Innenstadt durch einen Luftangriff der britischen Royal Air Force zerstört. Fast 1600 Menschen kamen dabei ums Leben, darunter auch viele Flüchtlinge aus den Ostgebieten sowie Zwangsarbeiter aus Polen und Frankreich. Rund 60.000 Menschen wurden durch den Luftangriff obdachlos.

Knapp 1000 Gebäude in der Innenstadt wurden teils oder völlig zerstört, darunter das Stadtschloss und die Garnisonkirche. Einzigartige Bauten und unschätzbare Kulturgüter gingen bei dem Luftangriff, der als „Nacht von Potsdam“ in die Geschichte eingegangen ist, verloren. Noch bis in die heutige Zeit werden Blindgänger im gesamten Stadtgebiet gefunden – und dann entschärft oder kontrolliert gesprengt. Insgesamt fielen nach Berechnungen von Militärhistorikern rund 1700 Tonnen an Bombenmaterial auf die Stadt.

In der Stadt wird am Freitag, dem 14. April, auf verschiedene Weise der Opfer und der Zerstörung in der „Nacht von Potsdam“ gedacht. Zentral ist das Läuten der Kirchenglocken in Potsdam, das traditionell auf 22.15 Uhr terminiert ist, den Zeitpunkt, als die ersten Bomben auf die Stadt fielen. Am Nachmittag öffnet um 16 Uhr die Nagelkreuzkapelle am Garnisonkirchturm zu einer Andacht mit Pfarrer Jan Kingreen.

Zentrale Gedenkveranstaltung im Alten Rathaus

Eine Stunde später, um 17 Uhr, beginnt im Potsdam-Museum im Alten Rathaus am Alten Markt die zentrale Gedenkveranstaltung der Stadt. Unter der Überschrift „Krieg und kein Ende? Wann wirklich Frieden ist“ wirft eine Podiumsdiskussion den Blick auf das Jahr 1945 und wendet sich der aktuellen Situation zu, die wieder von Krieg und Gewalt mitten in Europa geprägt ist. Dabei geht es laut Stadt um die leitende Frage, wie aus den Erfahrungen von 1945 Perspektiven für einen demokratischen Zusammenhalt der heutigen Gesellschaft gewonnen und wie Frieden geschaffen werden kann.

Auf dem Podium diskutieren die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete, Friedensaktivistin und Co-Vorsitzende des Sprechendenrates der Plattform Zivile Konfliktberatung, Ute Finckh-Krämer, die 27-jährige Marie Jünemann vom Verein Mehr Demokratie zusammen mit Potsdams Bürgermeister Burkhard Exner (SPD). Das Gespräch moderiert Arndt Breitfeld vom RBB. Musikalisch begleitet die Veranstaltung Jan Böttcher von der Kammerakademie Potsdam mit seiner Oboe.

1.700
Tonnen an Bombenmaterial fielen auf die Stadt

Um 19 Uhr schließt sich die Veranstaltung „Museumsfenster“ an. Dabei wird im Potsdam-Museum vertiefend der Frage „Krieg und kein Ende?“ nachgegangen. Über die Folgen des Krieges unter dem Gesichtspunkt der Traumabewältigung sprechen Katja Hüneke und Fabian Wehner, das Autorenduo des Buches „Nachbeben. Begegnungen mit deutschen Lebensgeschichten 20. Jahrhunderts“, sowie eine Psychologin der Potsdamer AWO-Beratungsstelle.

Um 19 Uhr findet auch das traditionelle Gedenkkonzert zum 78. Jahrestag der Bombardierung Potsdams in der Nikolaikirche am Alten Markt statt. Dabei wolle man sowohl der Menschen, die damals zu Tode kamen, als auch aller Opfer von Krieg und nationalsozialistischer Gewaltherrschaft gedenken, hieß es seitens der Veranstalter.

Der Nikolaichor und das Europe Symphony Orchestra unter Leitung von Björn O. Wiede führen das Mozart-Requiem auf. Es war das erste klassische Werk, dessen Aufführung nach Kriegsende von der sowjetischen Militäradministration genehmigt wurde. Außerdem soll das Adagio for Strings von Samuel Barber erklingen. Karten zu 11 Euro sind online und an der Abendkasse erhältlich.

Um 22.15 Uhr lädt schließlich die Evangelische St. Nikolaikirchengemeinde zum Friedensgebet auf dem Alten Markt unter dem einsetzenden Glockengeläut ein.

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