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Landeshauptstadt: Geteilter Volkstrauertag

Erstmals fanden auf dem Neuen Friedhof zwei Gedenkveranstaltungen statt

Erstmals fanden auf dem Neuen Friedhof zwei Gedenkveranstaltungen statt Von Erhart Hohenstein Erstmals fanden am gestrigen Volkstrauertag in Potsdam auf dem Neuen Friedhof zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt zwei getrennte Veranstaltungen statt. Nachdem es der zweiköpfigen Stadtverordnetenfraktion „Die Andere“ und der Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär nicht gelungen war, den ehemaligen Wehrmachtsdeserteur Ludwig Baumann neben dem polnischen Botschafter Andrzej Byrt auf die Rednerliste des durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge organisierten Gedenkens zu setzen, lud sie zu einer eigenen Veranstaltung am Mahnmal für die verstorbenen Zwangsarbeiter ein. Der 82-jährige Baumann, Vorsitzender der Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz, bezeichnete die Bundeswehr als schärfsten Gegner der Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure. Dabei müssten sie Vorbilder für die heutigen Soldaten sein, da sie sich einem verbrecherischen Krieg entzogen. Er beklagte die „unmenschliche Weltwirtschaftsordnung“, die Wurzel neuer Kriege sei. Karl Sterzel vom Internationalen Sachsenhausenkomitee beklagte, dass den zivilen Opfern der Kriege und der Nazidiktatur zunehmend weniger Aufmerksamkeit geschenkt werde. Der Schwur der KZ-Häftlinge, nie wieder Krieg und Verfolgung zuzulassen, habe sich nicht erfüllt. Nahezu zeitgleich fand die Veranstaltung des Volksbundes statt. Sie begann auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof am Bassinplatz mit einer Kranzniederlegung und einer Ansprache von Oberbürgermeister Jann Jakob, der die deutsche Schuld am Ausbruch der beiden Weltkriege in den Vordergrund stellte. Polens Botschafter in Deutschland, Andrzej Byrt, rief wenig später bei seiner Rede in der Großen Trauerhalle des Neuen Friedhofs zur Völkerverständigung über die Gräber hinweg auf. Anschließend begab sich der Zug zur Kriegsgräberstätte auf dem Neuen Friedhof, wo Stadtkirchenpfarrer Martin Vogel und die 22-jährige Linda Schönherr für den Volksbund Worte des Gedenkens sprachen. Oberbürgermeister Jakobs und der PDS-Fraktionsvorsitzende Hans-Jürgen Scharfenberg legten den Kranz der Stadtverwaltung und der Stadtverordetenversammlung nieder, gleiches tat Landtagspräsident Herbert Knoblich für den Volksbund. Die beiden Veranstaltungen verliefen ohne Störungen. Baumann, Sterzel und der Organisator der gesonderten Veranstaltung, der Stadtverordnete Lutz Boede, nahmen sogar an der offiziellen Gedenkfeier teil.

Erhart Hohenstein

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