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Landeshauptstadt: Geschlossen, offen, geschlossen

Nach Verkaufsverbot am Sonntag müssen einige Händler, die dennoch öffneten, mit Strafen rechnen. Stadtpolitik diskutiert die Lage

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Sie kamen umsonst: Hunderte Besucher, die am Sonntagmittag mit dem Auto zum Einkaufen ins Stern-Center gefahren waren, standen dort vor verschlossenen Geschäften. Center-Mitarbeiter verteilten Handzettel, die aufklärten, dass nach Beschluss des Potsdamer Verwaltungsgerichts der verkaufsoffene Sonntag nicht stattfinden dürfe. Und weiter: „Wir bedauern diese Entscheidung sehr. Die Händler des Stern-Centers wären gerne für Sie da gewesen.“ Viele Kunden zeigten sich enttäuscht.

Die Entscheidung des Gerichts hatte das Rathaus gegen 15 Uhr am Samstag per Fax erreicht. Damit setzte der zuständige Richter Reiner Roeling eine Ausnahmegenehmigung von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) zum verkaufsoffenen Sonntag außer Vollzug – diese sei rechtswidrig. Noch am Freitag hatte Jakobs entgegen einer gegenteiligen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg verfügt, dass die Läden öffnen dürften. Dagegen war die gegen Potsdams Sonntagsöffnungszeiten klagende Dienstleistungsgewerkschaft Verdi erneut vorgegangen.

Doch nicht alle Händler hielten sich an das Verbot. Während zum Beispiel auch die Bahnhofspassagen geschlossen hatten, hatten die Einrichtungshäuser von Porta und Möbel-Boss – fast direkt neben dem Stern-Center – ab 13 Uhr geöffnet. Besucher berichteten den PNN von erheblichem Andrang in beiden Häusern. Dort habe man sich bewusst über geltendes Recht hinweggesetzt und einen unlauteren Wettbewerbsvorteil erzielt, kritisierte Brandenburgs Verdi-Vize Uwe Diedrich. Seine Gewerkschaft werde fordern, die Maximalstrafe für solche Fälle durchzusetzen – also die Tagesumsätze einzuziehen. Bei Porta- und Möbel-Boss war am frühen Sonntagabend von der Geschäftsführung niemand zu erreichen. Stadtsprecher Jan Brunzlow sagte, solche Verstöße gegen das brandenburgische Ladenschlussgesetz würden zunächst mit bis zu 5000 Euro Geldbuße geahndet.

Insgesamt hätten Mitarbeiter des Ordnungsamts am Sonntag rund 35 Geschäfte aufgesucht, bei der Behörde seien zahlreiche Hinweise eingegangen – vor allem auf Läden in der Brandenburger Straße. Dort hatten am frühen Sonntagnachmittag vor allem Schuhläden wie Tamaris, Görtz oder Wittstock geöffnet. Brunzlow sagte, nach Hinweisen des Amts sei ein Großteil dieser Geschäfte wieder geschlossen worden. Ein Bußgeld werde gegen die Läden erhoben, die sich den Anweisungen nicht fügten.

Laut Handelsverband Berlin-Brandenburg reagierten Potsdamer Händler auf das gerichtlich verhängte Verbot „niedergeschlagen und enttäuscht“ (siehe Interview). Stadtsprecher Brunzlow sagte,  „Wir denken, das Geschehen schädigt die Unternehmen und das Stadtimage.“ Die Kurzfristigkeit der Absage habe die Händler vor große Probleme gestellt. Verdi wies die Kritik zurück: „Die Verantwortung für die kurzfristige Absage und die nachfolgenden Unsicherheiten liegt ausschließlich bei der Stadt, die das Ergebnis durch bewusst rechtswidriges Handeln gezielt in Kauf genommen hat.“

Wie es weitergeht, ist offen. Die nächsten verkaufsoffenen Sonntage sind in zwei Monaten vorgesehen. Einmal aus Anlass der Antikmeile nur in der Innenstadt am 31. Mai sowie am 14. Mai wegen der Böhmischen Tage in Babelsberg. Auch diese Sonntage sind für die Händler wegen der Gerichtsentscheidung gestrichen. Jakobs will nach Beratungen mit den Stadtverordneten bis Ende April einen Verfahrensvorschlag machen. Auch die politische Debatte läuft. Kritik am Vorgehen der Stadt kam aus der Opposition im Stadtparlament. Von einer „eindeutigen juristische Backpfeife für Jakobs“ sprach Linke-Kreischef Sascha Krämer. Er begrüße das Urteil: „Der Konsum bestimmt das Denken und Handeln der Verwaltungsspitze.“ Die Fraktion Die Andere bescheinigte der Stadtverwaltung – auch wegen der verbalen Attacken auf Verdi – einen „ganz schlechten Stil“.

Potsdams SPD-Chef Mike Schubert schlug derweil eine Regelung vor, die seinen Worten nach in Mecklenburg-Vorpommern praktiziert wird – mit speziellen Öffnungszeiten in Städten mit starkem Fremdenverkehr und für die Zentren der Weltkulturerbestädte. In Bezug auf die Stadtverwaltung erklärte Schubert: „Geltende Gesetze kann man nicht ignorieren.“ Zugleich müsse das Ladenschlussgesetz für alle Kommunen in Brandenburg gleichermaßen gelten. Die Stadtverwaltung hatte mehrfach darauf hingewiesen, dass andere Kommunen in Brandenburg das Ladenschlussgesetz ähnlich wie Potsdam oder noch liberaler auslegen würden. Hintergrund ist eine Verordnung der Stadt vom Dezember, die stadtteilbezogen zehn Sonntagsöffnungen zulässt. Mit ähnlichen Regelungen war die Stadt bereits zweimal am Widerstand aus dem Landessozialministerium gescheitert.

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