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Landeshauptstadt: Gedenkgottesdienste für Verkehrsopfer

Christoph Rudel arbeitet im Potsdamer Büro des Verkehrsclubs Deutschland

Christoph Rudel arbeitet im Potsdamer Büro des Verkehrsclubs Deutschland Von Erhart Hohenstein Wem der Verkehr vor der Haustür zu laut und zu schnell wird, der kann beim Verkehrsclub Deutschland (VCD) Schallpegel- und Geschwindigkeitsmessgeräte ausleihen, um seinen Protest mit exakten Fakten zu untermauern. Auch Schulklassen können davon für Unterrichtszwecke Gebrauch machen. In Potsdam ist die Ausleihe beim VCD-Landesverband im Haus der Natur möglich. Ebenso vermittelt er Interessenten eine „Mobilitätsberatung“, wie sie durch die Kombination von Bahn, Bus, Radfahren und zu Fuß Gehen ihre Ziele mit möglichst wenig Autofahren erreichen können. Für einigen Strecken ist es dem Verkehrsclub darüber hinaus gelungen, Bahn AG und Busgesellschaften an einen Tisch zu bringen, damit sie ihre Fahrpläne besser aufeinander abstimmen. Projektleiter Christoph Rudel gibt selbst ein Beispiel: Der 57-jährige Diplomingenieur für Maschinenbau bewältigt die Fahrten zwischen Fürstenberg, wo er mit Frau und Tochter wohnt, und der Landeshauptstadt mit der Bahn. Nach der deutschen Wiedervereinigung hat er sich dem Verkehrsclub angeschlossen, der 1991 auch für Brandenburg gegründet wurde. Seit 1999 führt Rudel, einst im Kernkraftwerk Rheinsberg angestellt, zumeist das kleine Büro im Haus der Natur. Der VCD ist nicht prinzipiell gegen das Autofahren, möchte es aber beschränken und gibt dem öffentlichen Personen- und Güterverkehr den Vorrang. Er geht davon aus, dass die jetzige Verkehrspolitik zugunsten einer „Autogesellschaft“ der Umwelt schadet und in etwa einem Jahrzehnt zu einem Kollaps auf den Straßen führen wird. „Die Füße wurden fürs Laufen, nicht fürs Gaspedal geschaffen“, spitzt Christoph Rudel zu. Daran richten sich die Projekte aus, an denen er mitwirkt. So will der VCD das Nebenstreckennetz der Bahn erhalten. Dazu zählt die brandenburgische Städtebahn zwischen Neustadt (Dosse) und Belzig, die in diesem Jahr 100 Jahre alt wird. Sie ist, nachdem die Deutsche Bahn AG mit dem Fahrplanwechsel im Dezember auch den Abschnitt Brandenburg (Havel) - Belzig stillgelegt hat, auf ein Reststück zwischen Rathenow und Brandenburg zusammengeschmolzen. „Ich will nichts schön reden“, meint Rudel. „Wir müssen auch Niederlagen hinnehmen.“ Dagegen gehört zu seinen Erfolgserlebnissen, dass mit anderen Umweltverbänden die Wiedereinführung der Bahn Card 50 erreicht wurde. Auch im Kampf gegen die Schließung ländlicher Bahnhöfe gibt es Lichtpunkte, so kürzlich die Wiederöffnung der Empfangshalle des Bahnhofs Fürstenberg. Bürgerinitiativen, die sich gegen überdimensionierte Verkehrbauvorhaben wenden, erhalten durch den VCD Unterstützung und juristische Beratung. Für den Schutz der brandenburgischen Alleen hat der VCD mit anderen Partnern bewirkt, dass bei Fällungen Ersatzpflanzungen zur Pflicht geworden sind. Jetzt im Winter macht der Club gegen das aggressive und giftige Tausalz mobil, das die Alleebäume zum Absterben bringt, die Gesundheit gefährdet, Böden, Grundwasser und Gebäude belastet, aber auch zu Korrosionsschäden an den Kraftfahrzeugen führt. Für seine Ziele wirbt der Verkehrsclub mit zeitgemäßen Mitteln. Dazu zählen in Potsdam der Gesprächskreis ökologische Verkehrspolitik und Umweltaktionstage für Kinder. Besonders eindringlich wirkt der Gedenkgottesdienst für Verkehrsopfer, wie er beispielsweise im Vorjahr an der Glienicker Brücke stattfand und demnächst in der „Kirche am Wege“ in Dannenwalde vorgesehen ist.

Erhart Hohenstein

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