zum Hauptinhalt
Peter Paffhausen.

© Andreas Klaer

POTSDAMER AFFÄRE: „Fremdnützige Untreue“

Die Staatsanwaltschaftschaft stellt die Ermittlungen gegen Ex-EWP-Chef Peter Paffhausen gegen Zahlung einer fünfstelligen Summe ein.

Der im Juni 2011 fristlos entlassene Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen muss sich nicht vor einem Gericht verantworten. Die Potsdamer Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen den heute 62-Jährigen wegen des Verdachts der Untreue gegen Auflagen eingestellt: Er muss eine fünfstellige Summe zahlen. Das bestätigte Oberstaatsanwalt Helmut Lange am Freitag auf PNN-Anfrage. Die Entscheidung sei diese Woche gefallen. Laut Paffhausens Anwältin Heide Sandkuhl muss der Ex-Stadtwerke-Chef 35 000 Euro zahlen. Oberstaatsanwalt Lange wollte diese Aussage nicht kommentieren.

Paffhausen waren Geheimgeschäfte vorgeworfen worden, die er an Aufsichtsgremien vorbei mit dem Fußball-Drittligisten SV Babelsberg 03 (SVB), dessen Aufsichtsratschef er war, ausgehandelt haben soll. Laut einer im Juni 2012 im Hauptausschuss vorgestellten juristischen Expertise des Berliner Strafrechtlers Guido Frings handelte es sich um drei Darlehen der Stadtwerke-Tochter Energie- und Wasser Potsdam GmbH (EWP) für den SVB und einen Sponsoring-Scheinvertrag. Dieser sollte dem Verein die Lizenz des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) für den Ligabetrieb sichern. Die Darlehen seien aber zurückgezahlt und Sicherheiten nicht gezogen worden, hieß es damals.

Wie Behördensprecher Lange am Freitag erklärte, gehe man nach den Ermittlungen von einer sogenannten „fremdnützigen Untreue“ aus. Im Gegensatz zu einer eigennützigen Untreue habe sich Paffhausen keine privatenVorteile verschafft. Auch sei seinem Unternehmen kein wirklicher Schaden entstanden, so Lange. Wegen dieser Erwägungen sei das Verfahren mit Zustimmung des Gerichts als auch des Beschuldigten gegen die Zahlung einer Geldsumme eingestellt worden.

Der juristische Hintergrund dafür: Laut Strafprozessordnung kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich Auflagen erteilen, wenn diese aus Sicht der Ermittler geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen und die Schwere der Schuld dem nicht entgegensteht – etwa durch Zahlung einer Summe an die Staatskasse oder eine gemeinnützige Einrichtung. Mit so einem Verfahrensabschluss gilt man nicht als vorbestraft.

Mit der Einstellung des Verfahrens sei die für Paffhausen geltende Unschuldsvermutung nicht widerlegt, teilte dessen Anwältin Heide Sandkuhl mit. Ihm sei nichts vorzuwerfen. Dass ihr Mandant 35 000 Euro an die Landesjustizkasse gezahlt habe, sei dem Umstand geschuldet, dass er das Verfahren beschleunigt beendet wissen wollte. Der EWP sei kein Schaden entstanden, so Sandkuhl weiter. Rechtlich sei es um die theoretische Frage gegangen, ob Paffhausen mit dem Gewähren des Darlehens das Vermögen des kommunalen Unternehmens in Gefahr gebracht habe.

Da dies ohne Sachverständigengutachten nicht beantwortet werden könne und ihr Mandant weder Zeit noch Geld in die Aufarbeitung rechtsdogmatischer Fragen investieren wolle, habe er der Verfahrenseinstellung zugestimmt und die Höhe der Geldauflage akzeptiert, die sich an seinen Einkommensverhältnissen bemesse. „Ich hätte zu gern um sein Recht gekämpft, kann aber verstehen, dass er seine Energie in neue Projekte stecken will“, erklärte Sandkuhl. Bizarr sei, wie viel Geld die Stadt für die vermeintliche Aufklärung eines Sachverhalts – des Sponsorings zugunsten des Fußballsvereins – ausgegeben habe, für den ihr Mandant jahrelang hofiert worden sei, so Sandkuhl.

Mit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft ist die juristische Aufarbeitung der Stadtwerke-Affäre beendet. Deren Ausgangspunkt liegt mehr als ein Jahr zurück. Am 20. Mai 2011 hatte Paffhausen wegen einer Spitzelaffäre seine Ämter als Geschäftsführer der Stadtwerke-Holding und ihrer Tochter EWP niedergelegt. Er hatte im Jahr 2001 die Sicherheitsfirma eines ehemaligen Stasi-Offiziers damit beauftragt, den Chef des städtischen Wohnungsbauunternehmens in Potsdam auszuforschen. Deswegen hatten die Stadtverordneten Paffhausen das Vertrauen entzogen. Dagegen stützte ihn der EWP-Aufsichtsrat und sprach Paffhausen nach dessen Rücktritt 1,4 Millionen Euro als Abfindung zu. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kamen im Juni 2011 ins Rollen, als die Untreue-Vorwürfe gegen Paffhausen bekannt wurden. Deswegen war ihm auch nachträglich gekündigt und die Abfindung wieder entzogen worden. Paffhausen hatte dagegen geklagt. Vor knapp drei Monaten hatte er und die EWP sich am Potsdamer Landgericht auf einen Vergleich geeinigt, wonach dem Ex-Geschäftsführer von der zunächst aberkannten Abfindung eine Summe von knapp einer Million Euro zusteht.

Als Folge der Stadtwerke-Affäre hatten die Stadtverordneten und Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) eine Transparenzkommission einberufen. Nach deren Empfehlungen haben neben den Stadtwerken auch alle anderen kommunalen Unternehmen  Maßnahmen für mehr Transparenz und gegen Korruption ergriffen. So gibt es weisungsunabhängige Antikorruptionsbeauftragte, die Chefgehälter wurden offengelegt, Regeln für Sponsoring aufgestellt und in praktisch allen Töchtern und Enkeln der Unternehmen gilt das Vier-Augen-Prinzip mit zwei Geschäftsführern, die gemeinsam entscheiden und gemeinsam haften. Henri Kramer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false