zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Fiasko im Lustgarten

Eintrittspreise verscheuchten Besucher des One-World-Festivals / Nur bei „Mutabor“ kam Stimmung auf

Eintrittspreise verscheuchten Besucher des One-World-Festivals / Nur bei „Mutabor“ kam Stimmung auf Von Patrick Steller Innenstadt - Zum Flop wurde das Fest für Potsdams Bewerbung als Kulturhauptstadt 2010 am vergangenen Sonnabend im Neuen Lustgarten. Mit 5000 Besuchern hatte man laut Norbert Görlitzer, dem Bezirksgeschäftsführer des Unternehmerverbandes Brandenburg, beim „One World Potsdam“-Festival der Weltmusik zuerst gerechnet. Später schraubte man die Erwartungen auf Anraten der Stadtverwaltung auf 10 000 Menschen hoch. Schließlich sollte es freien Eintritt, interessante Musik und kulinarische Köstlichkeiten aus Europa geben. Gekommen waren aber nur 300 Leute, portionsweise ab elf Uhr vormittags. Ein Grund: Als am Eingang plötzlich doch fünf Euro Eintrittsgeld für jeden Jugendlichen und Erwachsenen fällig wurden, winkten viele Besucher erbost ab. „Fünf Euro, für was denn?“, sagten zwei Schülerinnen, die so eben vom Heiligen See gekommen waren. Der Blick auf den gähnend leeren Lustgarten, in dem sich die vielen Ständebetreiber langweilten, war kein Anreiz. Nur Kinder kamen umsonst hinein. Am Stand der Kulturhauptstadt-Bewerbung waren auch Kai Hoffmann und Lysann Kirst, die Standbetreuer, enttäuscht. Es sei schon etwas deprimierend, dass so wenig los sei, sagte Hoffmann. Aber immerhin konnte er etwa zehn neue Schirmherren für die Bewerbung gewinnen. Besucher Patrick Kenzler, ein Student aus Wismar, äußerte sein Unverständnis: „Hätte es keinen Eintritt gegeben und die Besucher ihre fünf Euro für Essen und Trinken verwendet, hätten alle etwas davon.“ Gustav Wöhrmann, der das Festival initiierte, versucht andere Gründe für das Fernbleiben vieler Potsdamer zu finden: „Es ist auch einfach zu heiß, sodass viele Leute noch am See sind und hoffentlich dann später am Abend zu ,Mutabor’ kommen.“ Recht sollte er behalten. Als die Band des Tages gegen viertel vor elf in der Dunkelheit die ersten Akkorde anschlug, waren immerhin knapp 1500 Menschen, darunter viele Schüler und Studenten, zusammengekommen. Angesprochen auf die fünf Euro Eintritt sagte Wöhrmann: „Ich werde dazu Mitte der nächsten Woche eine Pressemitteilung herausgeben, um die wahren Hintergründe offen zu legen.“ Er bezeichnete die Vorkommnisse hinter den Kulissen als skandalös und erwähnte auch politisches Versagen. Dennoch war es für die Besucher, die sich nicht abschrecken ließen, ein angenehmes Festival. Der Kunstverein Artifex kümmerte sich mit allerlei Aktionen um die Kleinen. Die mittelalterlichen Klänge der Gruppe Malbrook waren unterhaltsam und informativ. Wolfgang Meyering erklärte Herkunft und Bedeutung der in Niederdeutsch gehaltenen Texte und der antiquierten Instrumente wie Drehleier oder Säckpipa. Die Samba-Formation „Terra Brasilica“ aus Berlin versuchte redlich gute Stimmung zu verbreiten, aber ermüdete zusehends mit ihrem Getrommel. Die Worldmusic-Supergroup um den früheren „Ton, Steine, Scherben“-Gitarristen Dirk Schlömer und der „Dissidenten“-Schlagzeuglegende Marlon Klein produzierte abgehobene Soundteppiche, die weniger zum Tanzen und eher zum Entspannen anregten. Die Stimmung kochte jedoch erst bei Mutabor über. Von vielen sehnsüchtig erwartet, verbreiteten sie mit Punk, Ska und Reggae die längst fällige Partystimmung.

Patrick Steller

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false