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70 Jahre Potsdamer Konferenz: Erhebliche Auswirkungen

Vor 70 Jahren wurde auf der Potsdamer Konferenz die Ostgrenze Deutschlands neu festgelegt, Millionen Menschen mussten umsiedeln

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden zentrale Teile Mitteleuropas neu geordnet – was zur Folge hatte, dass bis zu 15 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen mussten und in neuen Gebieten angesiedelt wurden. Nach den Beschlüssen der Siegermächte wurden nach 1945 zwischen zwölf und 14 Millionen Deutsche aus ehemaligen deutschen Ostgebieten und den östlichen Nachbarländern nach Deutschland umgesiedelt. Im Gegenzug wurden über eine Millionen Menschen aus Gebieten, die nun an die Sowjetunion fielen, entlang Deutschlands neuer Ostgrenze angesiedelt.

Der Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich das Potsdamer Kulturforum östliches Europa in diesem Jahr angenommen. Bis Mitte Juli noch wird sich das Kulturforum in Ringvorlesung mit dem Jahr 1945 und den Folgen des Kriegsendes für das östliche Europa auseinandersetzen. Die neue Reihe des Potsdamer Kulturforums wird gemeinsam mit Instituten der Universität Potsdam veranstaltet. Dabei stehen neben Flucht und Vertreibung der Deutschen aus verschiedenen Regionen im östlichen Europa vor allem Fragen der Wiederbesiedlung und kulturellen Aneignung dieser Gebiete im Vordergrund. Aus vielen verschiedenen Dokumenten, Forschungsansätzen, Filmen und Büchern entstanden die Themen der Ringvorlesung, die bereits seit April läuft. Sie reichen von der Wiederbesiedlung der Sudeten, etwa in der bestürzenden Interpretation durch den tschechischen Künstler Luka Houdek bis hin zum Museum des Zweiten Weltkriegs, das gerade in Danzig entsteht.

Was Andreas Kossert in seinem Buch „Kalte Heimat“ über die Integration der Flüchtlinge in Deutschland beschrieben hat, fand auch in den neu zu besiedelnden Gebiete in Polen oder Tschechien statt. Mit dem Unterschied nur, dass die Neuankömmlinge hier keine Gesellschaft mehr vorfanden, in die man sich integrieren hätte können. In manchen Gegenden Tschechiens und Polens kam es stellenweise zu einem kompletten Bevölkerungsaustausch. In den von den Deutschen verlassenen Gebiete wurden – wie etwa im Fall von Schlesien – nach der Konferenz von Jalta Menschen aus den zur Sowjetunion gehörenden Regionen Ostpolens oder aus Zentralpolen angesiedelt: „Diese Menschen waren dort nicht aufgewachsen, sie kannten die Gegend und ihre Geschichte nicht, und sie hatten noch sehr lange das Gefühl, im Provisorium zu leben“, so Vera Schneider vom Kulturforum. „Das ist etwas anderes, als wenn man als Flüchtling oder Vertriebener in ein bereits existierendes Gemeinwesen kommt.“

Welchen Anteil an diesem gigantischen Umsiedlungs-Prozess die Potsdamer Konferenz (17. Juli bis 2. August 1945) hatte, wird der Historiker Manfred Görtemaker von der Universität Potsdam am 23. Juni im Rahmen der Ringvorlesung „1945 – Das östliche Europa nach der ,Stunde Null’“ erläutern. Schloss Cecilienhof in Potsdam war eines der wenigen nicht zerstörten Gebäude in Reichweite Berlins, das sich für eine Konferenz der alliierten Siegermächte über das weitere Schicksal Deutschlands anbot. Dort berieten die Delegationen der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und der Sowjetunion über die Besetzung, Entmilitarisierung, Verwaltung Deutschlands – aber auch über die Vertreibung der Deutschen aus den östlichen Ländern des untergegangenen Deutschen Reiches und aus der Tschechoslowakei.

Manfred Görtemaker wird auch auf die anderen Kriegskonferenzen eingehen und die Perspektiven für die Nachkriegszeit eingehen. Der Historiker lehrt Neuere Geschichte (19. und 20. Jahrhundert) an der Universität Potsdam. Die Potsdamer Konferenz ordnet Görtemaker in einen größeren Rahmen der Überlegungen der Alliierten über die Nachkriegsordnung ein. Sie galt noch als Kriegskonferenz, da der Krieg mit Japan noch nicht beendet war. Eine Friedenskonferenz war in der Folge zwar geplant, fand aber nicht mehr statt. Görtemaker sieht das Treffen in Potsdam in einer Linie mit den Vorgänger-Konferenzen in Jalta und Teheran. In Potsdam wurde die Frage der Oder-Neiße-Linie geklärt, was faktisch eine Westverschiebung von ganz Polen zur Folge hatte.

Inwiefern die Westalliierten in diesem Zusammenhang mit den Sowjets für die Vertreibungen der Deutschen votierten, und was ihre Motive dabei waren, kann Manfred Görtemaker anhand historischer Quellen ausführen. Der Historiker ordnet die Potsdamer Konferenz letztlich in eine Linie über den Kalten Krieg – der schon weit vor 1945 seinen Ausgang nahm – bis zum Zwei-plus-Vier-Abkommen vom September 1990 ein. Auch wenn es bei der Potsdamer Konferenz der Alliierten kein formalisiertes Abkommen gab, so habe das Treffen doch erhebliche Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Geschichte gehabt.Jan Kixmüller

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