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Stadt klagt gegen Zensus: Einwohnerzahl: Potsdam will ein Stück vom Kuchen

Die Stadt klagt gegen Zensus. Von der Einwohnerzahl hängen nicht nur wichtige Einnahmen ab.

Im Potsdamer Rathaus blickt man derzeit gespannt nach Karlsruhe. Dort hat jüngst die mündliche Verhandlung zum Zensus 2011 stattgefunden. Berlin und Hamburg hatten eine sogenannte Normenkontrollklage eingelegt. Darin zweifeln sie die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes über den registergestützten Zensus im Jahre 2011 an – insbesondere die dazugehörige Stichprobenverordnung.

Auch Potsdam hat wie 340 weitere Kommunen gegen den Zensus geklagt. Beim Zensus 2011 war die Einwohnerzahl Potsdams um 1200 nach unten korrigiert worden. Die Verfahren vor den Verwaltungsgerichten liegen allerdings auf Eis, bis die Klagen von Berlin und Hamburg vom Bundesverfassungsgericht entschieden sind. Wann es genau so weit ist, steht noch nicht fest. Üblicherweise dauere es bis zur Verkündung einer Entscheidung mehrere Monate, sagte ein Gerichtssprecher den PNN.

Wie die Einwohnerzahl Deutschlands um anderthalb Millionen schrumpfte

Die Stichprobenverordnung hatte es ermöglicht, dass die Bevölkerungszahl in den großen Städten auf Basis von bereits vorliegenden Daten berechnet wurde, ergänzt mit neuen statistischen Erhebungen. Wirklich gezählt wurde bei der Volkszählung in den Großstädten nicht. In Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern gab es eine Stichprobenbefragung, in kleineren Gemeinden eine „Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten“.

Im Ergebnis schrumpfte die Einwohnerzahl Deutschlands um anderthalb Millionen. Überproportional betroffen waren davon die großen Städte. Allein Berlin verlor statistisch 180 000 Einwohner. Für die hochverschuldete Bundeshauptstadt ist das problematisch, denn die Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich orientieren sich an der Einwohnerzahl. Für den Zeitraum bis zum nächsten Zensus würden Berlin insgesamt 4,7 Milliarden Euro verloren gehen, schätzt der Berliner Senat.

Einwohnerzahl: Für Potsdam geht es ums Geld

Auch für Potsdam geht es um Geld – um wie viel ist allerdings schwer zu sagen. Auf Nachfrage heißt es aus dem Rathaus, dazu seien keine Aussagen möglich. Im Fall von Berlin geht es um rund 2600 Euro jährlich pro Kopf. Hochgerechnet auf Potsdam wären das gut drei Millionen Euro – Jahr für Jahr. Allerdings sind die Berechnungsgrundlagen unterschiedlich, unter anderem weil Berlin ein Bundesland ist.

Potsdam ist als Kommune nur mittelbar über die Schlüsselzuweisungen des Landes betroffen. Die „Zuweisungen für Gemeindeaufgaben“ orientieren sich wiederum nicht nur an der Bevölkerungszahl, sondern auch an der Steuerkraft. Kurz gesagt: Wer selbst mehr einnimmt, wird bestraft. Anders sei es bei den „allgemeinen Schlüsselzuweisung für Kreisaufgaben“, so Rathaussprecherin Friederike Herold. Diese werden unter den kreisfreien Städten allein pro Kopf der Bevölkerung aufgeteilt. Die Gesamthöhe der Zuweisungen bestimmt sich dabei zudem durch den Haushalt des Landes Brandenburg. Wenn der Kuchen insgesamt größer wird, kann auch ein kleineres Stück satt machen.

Kürzlich hat Potsdam die 175 000 Einwohner-Grenze überschritten

Tatsächlich hat Potsdam den Zensus kaum gespürt. Aufgrund der dynamischen Bevölkerungsentwicklung habe es nur begrenzte finanzielle Verluste gegeben, so das Rathaus. Denn Potsdams Einwohnerzahl legte trotz der Korrekturen im Zensus so deutlich zu, dass sogar der Anteil an der Landesbevölkerung wuchs – und damit Potsdams Anteil am Kuchen. Im Jahr 2014 kassierte der Kämmerer satte 107 Millionen Euro an Schlüsselzuweisungen des Landes. Laut statistischem Jahresbericht war das der größte Einnahmeposten im Haushalt. Vor dem Zensus waren es nur 86 Millionen Euro.

Künftig könnte es noch mehr werden. Denn der Trend setzt sich fort. Potsdam hat wie berichtet die Marke von 175 000 Einwohner überschritten. In der letzten Prognose – erstellt im Jahr 2015 auf Basis der Einwohnerzahl von Ende 2014 – wurden für dieses Jahr 171 100 Einwohner prognostiziert. Das Jahr ist noch nicht ganz um und schon liegt Potsdam rund 4000 Einwohner über der Prognose. Im Rathaus wird deshalb derzeit an einer neuen Prognose gearbeitet. „Ein aktueller Prognosebericht zur Einwohnerzahl soll voraussichtlich spätestens im ersten Quartal 2018 erscheinen“, so Herold. Erste Zahlen würden Ende 2017 veröffentlicht.

Wichtig ist die Zahl nicht nur für die Stadtkasse. Auch die Bedarfspläne für Kitas und Schulen bauen darauf auf. Zuletzt hatte es dabei Engpässe gegeben, weil es in Wirklichkeit mehr Kinder gab als statistisch erwartet. Im Arbeitskreis für die neue Prognose seien auch Mitarbeiter für die Schul- und Kitaplanung involviert.

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