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Von Michael Meyer: Einst vorneweg und heute immer noch dabei

Die Potsdamer Ruder-Zwillinge Jörg und Bernd Landvoigt feiern ihren 60. Geburtstag

Einst galten sie als fast unschlagbar, heute haben sie Geburtstag. Die Zwillinge Jörg und Bernd Landvoigt, die in den Siebziger Jahren gemeinsam das internationale Ruder-Geschehen im Zweier ohne Steuermann dominierten, werden 60. Das möchten sie gemeinsam am Wochenende mit ihren Familien feiern. Heute will Bernd, Ruder-Coach am Potsdamer Seekrug, auf der geplanten Trainerbesprechung einen ausgeben, der fünf Minuten ältere und einen Zentimeter größere Jörg hat das Gleiche im Landessportbund vor, in dem er als Referent für Leistungssport tätig ist.

Die Regatta-Bilanz der Landvoigt-Brüder sucht wohl ihresgleichen. Die gebürtigen Brandenburger, die 1965 bei der BSG Einheit zu rudern begannen und später bei der damaligen SG Dynamo Potsdam von Johannes Wujanz trainiert wurden, wurden 1972 in München im DDR-Achter – unter anderem auch mit den Potsdamern Hans-Joachim Borzym und Heinrich Mederow – Olympia-Dritte. Zwei Jahre später stiegen sie in das kleinste Riemen-Boot, den Zweier „ohne“, um – und verloren im Verlauf ihrer Karriere nur eins ihrer 180 Rennen – 1979 beim Olympiatest gegen die russischen Pimenow-Zwillinge. Ein Jahr später in Moskau aber holten sie ihr zweites Olympia-Gold nach ihrem Olympiasieg 1976 in Montreal. Außerdem wurden sie viermal Weltmeister.

„Der erste Weltmeistertitel 1974 in Luzern war vielleicht der schönste, weil wir da am unbekümmertsten ins Rennen gingen“, erinnert sich Bernd Landvoigt, der immer Schlagmann war. „Später wurden unsere Siege eher erwartet, da war der Erwartungsdruck von außen größer“, erzählt Jörg, der das Ruder stets steuerbord (in Fahrtrichtung rechts) durchzog, während Bernd das Wasser backbord durchpflügte. Weil er nach dem ersten Olympia- Gold Rückenprobleme hatte, hörten die Zwillinge auf und konzentrierten sie sich auf den Abschluss ihres Sportstudiums. Doch Bernds Rücken gesundete, und so stiegen die Landvoigts im Herbst 1977 wieder ins Boot. Wohl wissend, dass sie für ihr Comeback ein Jahr Zeit hatten, denn die Weltmeisterschaften 1978 in Neuseeland fanden erst im November statt. „Außerdem war Neuseeland für uns DDR-Bürger ein attraktives Ziel“, erklärt Linkshänder Jörg Landvoigt, dessen Sohn Ike später ebenfalls erfolgreich ruderte.

Nach ihrem Abschied vom Leistungssport arbeiteten die Brüder als Trainer bei der SG Dynamo. Nach der Wende blieb Bernd am Seekrug, während Jörg Landvoigt ab 1992 für knapp zwei Jahre als Coach nach Italien ging. Dann kehrte er heim, um in Potsdam zunächst beim Landesruderverband (LRV) und seit 1997 beim Landessportbund zu arbeiten. Er gehört außerdem dem Präsidium des LRV an und ist seit acht Jahren Chef des Havel- Regatta-Vereins von 1920, der auf dem Brandenburger Beetzsee nach den Junioren-Weltmeisterschaften 2005 und den U23-WM 2008 nun die Ruder-Weltmeisterschaften 2015 durchführen will. Vertreter beider Gremien wollen heute Abend mit dem einstigen Ausnahme-Ruderer anstoßen, der seit einem Ellenbogen-Bruch vor vier Jahren mit Zwillingsbruder Bernd keine gelegentlichen Ausfahrten mehr unternehmen kann.

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