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Forschungsobjekt. Der Park Babelsberg ist wegen seiner Bodenbeschaffung besonders interessant für die interdisziplinäre Arbeitsgruppe „Historische Gärten im Klimawandel“ – Michael Rohde, Christiane Salge und Bernd Uwe Schneider begutachten Schäden an der Blutbuche.

© Andreas Klaer

Park Babelsberg: Eine neue Blutbuche für Babelsberg

Eine 150-jährige Blutbuche im Park Babelsberg wird bald gefällt, sie leidet unter starkem Pilzbefall. Das liegt an vielen trockenen Sommern. Nun will eine Forschergruppe herausfinden, wie historische Gärten klimaresistenter werden können.

Babelsberg - Die Blutbuche im Park Babelsberg steht als Solitär majestätisch auf der zur Havel hin abfallenden Wiese. Hermann von Pückler-Muskau, der das Areal 1843 gestaltete, pflanzte sie genau vorm Schloss, um das Rot ihrer Blätter als Kontrast zu nutzen – zum Blau des Wassers, zum Grün der Wiesen und zum Weiß der Geysir-Fontäne.

Trockenheit fördert den Schädlingsbefall

Doch bleiben dem gut 150 Jahre alten Baum bis zu seiner Fällung nur noch wenige Monate. Wer näher an die imposante Buche herantritt, dem werden schnell die gut 40 Zentimeter langen Schwammpilze ins Auge fallen, die seinen Stamm übersäen. Der Pilzbefall liegt nicht nur am Alter des gut 26 Meter hohen Baumes. „Die Blutbuche hat zu viele trockene Sommer erlitten“, sagt Michael Rohde, Vorsitzender der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, als er an diesem Morgen durch den Park führt. Mit dabei sind zwei Vertreter der interdisziplinären Arbeitsgruppe „Historische Gärten im Klimawandel“, die im Januar dieses Jahres ins Leben gerufen wurde. Bernd Uwe Schneider ist einer von ihnen. Er ist Vorsitzender des Wissenschaftlichen Vorstandsbereichs am Geoforschungszentrum Potsdam, welches die interdisziplinäre Arbeitsgruppe leitet. „Die Trockenheit fördert den Schädlingsbefall“, erklärt der 59-Jährige. Ebenso machten die vermehrten Stürme den Bäumen zu schaffen.

Die Forschergruppe setzt sich aus 18 Mitgliedern der unterschiedlichsten Wissenschaften zusammen – Klimaforscher sind genauso darunter wie Gartendenkmalpfleger und Botaniker oder Wasserbodenhydrologen. Gegründet wurde sie von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. „Als Stiftung haben wir die Aufgabe, das Erbe der Gärten zu bewahren, und freuen uns natürlich über diese Arbeit“, sagt Rohde. Die Gründung einer interdisziplinären Arbeitsgruppe sei sowohl von der Unesco als auch vom Internationalen Rat der Denkmalpflege begrüßt worden – beide Organisationen hatten den Bedarf an entsprechender Forschung erkannt. Das Ergebnis der Arbeit soll ein modellhafter Ratgeber über den Umgang mit historischen Gärten sein – so bisher einmalig: „Gärten wurden so als Forschungsgegenstand noch nicht untersucht“, sagt Schneider. Die Gruppe wird in den kommenden drei Jahren beispielsweise erforschen, welche Maßnahmen getroffen werden können, um die Gärten an veränderte klimatische Bedingungen anzupassen. So sollen etwa Empfehlungen über ein besonders sparsames Bewässerungssystem oder wirkungsvolle Bodensubstrate ausgesprochen werden. „Ein Ergebnis der Gruppe kann sein, dass ein ganz bestimmtes Substrat bei der Pflanzung neuer Bäume empfohlen wird“, sagt Christiane Salge, die die Gruppe an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften koordiniert. Neben praktischen Lösungen soll die interdisziplinäre Arbeitsgruppe aufzeigen, wo weiterhin Forschungsbedarf besteht.

Gärten sind auch für das Stadtklima wichtig

„Selbst die Bedeutung der Gärten soll neu definiert werden“, erklärt Schneider. Denn diese haben nicht nur einen historischen oder kunstvollen Wert, auch ihre Biodiversität kann von Bedeutung sein. Deutsche Wälder unterliegen schon lange umfangreichen Untersuchungen, der biologische Wert von historischen Gärten aber muss noch beleuchtet werden – schließlich leben in den uralten Gärten auch zahlreiche alte Arten. Dazu erfüllen die Gärten eine stadtklimatische Aufgabe. „Bestimmte Gärten könnten viel klimaresistenter und widerstandsfähiger als Schlosswälder sein“, vermutet Schneider.

Neben dem Park in Babelsberg sind der Berliner Tiergarten, der Branitzer Park in Cottbus und das Dessau-Wörlitzer Gartenreich Gegenstand der Untersuchungen. Der Park Babelsberg ist dabei wegen seiner sandigen Bodenbeschaffenheit interessant für das Forschungsvorhaben. „Da der Boden hier kaum Wasserhaltekapazität hat, ist er bei Trockenheit besonders gefährdet“, erklärt Schneider. Dieser Umstand hatte schon den preußischen Hofgärtnern Kopfzerbrechen bereitet – bis Fürst Pückler das Dampfmaschinenhaus mit einer modernen Bewässerungsanlage errichten ließ.

Bäume leiden unter dem Klimawandel

Etliche Bäume litten unter dem Klimawandel, erläutert Rohde. Bei Rosskastanien etwa dringen Pilze und Viren ein, bei Eschen sterben trockene Äste ab. „So ein Garten ist vergleichbar mit einem Gemälde, das ich restaurieren muss, aber dabei nicht verändern darf“, sagt Rohde. Wie Bäume nachgepflanzt werden können, ohne das Gartenbild zu verändern – darauf wird die interdisziplinäre Arbeitsgruppe eine Antwort finden. Die Blutbuche wird im kommenden Jahr gefällt. Zuvor wurden ihr Zweige abgeschnitten, aus denen gut 30 Veredelungszapfen beziehungsweise originäre Pflanzen gewonnen werden konnten. Eine genetisch gleiche Blutbuche wird nachgepflanzt. „Die Buchen wachsen im jugendlichen Alter relativ schnell“, sagt Schneider. Und da sie auf einer freien Fläche steht, werde sie umso schneller wachsen können. „In zehn bis 15 Jahren wird sie bereits wieder eine beachtliche Höhe erreicht haben“, ist sich Schneider sicher.

Anne-Kathrin Fischer

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