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Potsdam: Eine entkernte Biosphäre?

SPD und CDU/ANW wollen die Ausschreibung für Potsdams defizitäre Tropenhalle erweitern. Die Debatte zur Zukunft der Biosphäre geht munter weiter.

Potsdam - Keine Tropenhalle mehr: Im Streit um die Zukunft der defizitären Biosphäre fordern die Fraktionen von SPD und CDU/ANW erhebliche Änderungen an den bisherigen Plänen der Rathausspitze. Die von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) vorgeschlagene europaweite Ausschreibung für einen neuen Betreiber der Tropenhalle müsse erweitert werden, teilten die Fraktionschefs Pete Heuer und Matthias Finken am Freitag mit. Demnach soll die Verwaltung auch nach Betreibern suchen, die dort Sport- und Spiel- oder andere Angebote für den Stadtteil etablieren wollen. Es müsse noch weitere Möglichkeiten statt eines „Alles bleibt, wie es ist“ geben.

Der Vorstoß hat durchaus Gewicht: Die beiden Fraktionen stellen mehr als 42 Prozent der Stadtverordneten. Neben der erweiterten Ausschreibung forderten Heuer und Finken, dass die Stadt explizit untersuchen müsse, ob etwa ein Bürgertreff, ein Kiezbad mit Sauna und Fitness, weitere Gastronomie oder Sportflächen untergebracht werden könnten. Die beiden Kommunalpolitiker weiter: „Teile des Bestandsgebäudes könnten entkernt werden und Beachvolleyballflächen, Skateranlagen oder auch den Zirkus Montelino beherbergen. Diese wären vor Witterungseinflüssen geschützt, ohne dass die Halle komplett saniert werden müsste.“

Seit Wochen wird über die Zukunft der Biosphäre debattiert, die eigentlich bereits im November ihren Betrieb einstellen sollte. Allerdings hatte die Stadtspitze einen Plan vorgelegt, um mit einem wiederholten Anlauf doch einen neuen Investor zu finden, der bis zu 1,9 Millionen Euro pro Jahr für den Betrieb erhalten soll – rund 400 000 Euro mehr als jetzt. Der Grund sind hohe Kosten, die vor der Vergabe anfielen – unter anderem mindestens 6,5 Millionen Euro für die Sanierung der Hallenhülle und mehr als drei Millionen Euro für attraktivere Angebote. Die Halle taucht als Negativbeispiel regelmäßig im Schwarzbuch des Steuerzahlerbunds auf. Wegen der immensen Kosten hatten die Grünen zuletzt einen Abriss ins Spiel gebracht. Dagegen haben bei einer Online-Petition für den Erhalt der Halle seit dem 24. Mai rund 2800 Menschen unterschrieben, darunter 800 Potsdamer.

Um die Zukunft der Biosphäre ging es auch am Freitagnachmittag bei einer vom Sender rbb organisierten Diskussion mit Stadtpolitikern und Anwohnern. Dort erteilte der Architekt Karl-Heinz Winkens der Hoffnung auf ein Stadtteilzentrum eine Absage: Dafür sei das Volumen der Halle schlicht zu groß, die Umbaukosten lägen bei bis zu 20 Millionen Euro. Der Vorsitzende des Bauausschusses der Stadtverordneten, Ralf Jäkel (Linke), sprach sich für den Erhalt als Tropenhalle aus: „Sie soll der Funktion dienen, für die sie gebaut wurde.“ Die für den Norden nötige soziale Infrastruktur könne an anderer Stelle errichtet werden.

Angesichts dieses Vorschlags zeigte sich der CDU-Stadtverordnete Horst Heinzel skeptisch, schließlich müsse man das alles auch bezahlen können. „Es ist nicht damit getan, nur populistische Forderungen aufzustellen.“ Lutz Boede von der Fraktion Die Andere warnte dagegen vor einem Abriss der zur Bundesgartenschau 2001 eröffneten und für fast 30 Millionen Euro gebauten Halle. So könne man mit öffentlichen Geldern nicht umgehen, so Boede. Eine Anwohnerin sagte, vor allem im Winter sei die Biosphäre ein beliebtes Ziel für ihre Kinder. Und ein Senior empörte sich: Auch beim Theater werde ein Kostendefizit in Kauf genommen – aber nicht über eine Schließung spekuliert. Grünen-Fraktionschef Peter Schüler sagte, ein Abriss käme auch nur infrage, wenn ansonsten auf die nötige soziale Infrastruktur im Norden verzichtet werden müsse. Und Potsdams neuer Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) sagte, vielleicht könne man die Besucherzahlen der Tropenhalle steigern. Es gehe um eine wirtschaftlichere Weiterführung, „bei aller Skepsis zur Kostenentwicklung“. 

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