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Kriminalität in Potsdam: Ein Viertel mehr Fälle häuslicher Gewalt

Die Polizeibilanz für das Corona-Jahr 2020: Radfahrer sorgen häufiger für Unfälle, Einbrecher öfter chancenlos.

Potsdam - Die Coronakrise mit ihren vielfältigen Einschränkungen für das Leben jedes Einzelnen hat die Unfall- und Kriminalitätsstatistik des vergangenen Jahres durcheinandergewirbelt – nicht nur in Potsdam. Die Zahlen für die Landeshauptstadt veröffentlichte die zuständige Polizeidirektion West am Mittwoch. Dabei zeigte sich: Generell ging die Zahl der Unfälle und der Straftaten deutlich zurück, um rund 17 beziehungsweise zwölf Prozent. Es gibt aber auch negative Entwicklungen. Ein Überblick.

Deutlich mehr häusliche Gewalt

Wie im gesamten Land Brandenburg sind auch in Potsdam mehr Fälle häuslicher Gewalt gemeldet worden – insgesamt 379 im vergangenen Jahr. Das waren 80 Verfahren mehr als 2019 und ein Plus von 25 Prozent. In der gesamten Mark lag die Zunahme bei 20 Prozent. Unter den Begriff häusliche Gewalt fallen laut Polizei physische, sexuelle oder psychische Übergriffe gegenüber Personen, die in enger persönlicher Beziehung zum Täter stehen. Laut Polizei geht die Zunahme vor allem auf die Zeit des ersten Corona-Lockdowns im vergangen Frühjahr zurück, Sozialexperten hatten vor einer solchen Entwicklung gewarnt.

Insgesamt ging die Zahl der Gewaltstraftaten etwas zurück: Die Polizei registrierte beispielsweise 2020 insgesamt 80 Raubdelikte, 40 Fälle oder ein Drittel weniger als 2019. Die Zahl der Ermittlungen wegen schwerer Körperverletzung blieb konstant bei 250.

Weniger Drogendelikte

Gesunken ist die Zahl der Delikte im Bereich Rauschgiftkriminalität – von 1090 auf 976 Fälle. Allerdings ist fraglich, ob das mit einem Rückgang des Drogenkonsums, gerade in Pandemie-Zeiten, einhergegangen ist. Denn Drogendelikte fallen der Polizei meist nur auf, wenn kontrolliert wird – was bei Lockdown-Beschränkungen, wenn viele zu Hause bleiben, schwieriger umzusetzen ist.

Die häusliche Gewalt hat in Potsdam im Corona-Jahr zugenommen, zeigt die Potsdamer Polizeistatistik. 
Die häusliche Gewalt hat in Potsdam im Corona-Jahr zugenommen, zeigt die Potsdamer Polizeistatistik. 

© Maurizio Gambarini/dpa

Weniger Diebstähle, weniger Betrug

Deutlich zurückgegangen ist die Zahl der Diebstähle in Potsdam – um 950 auf noch 5408 Strafanzeigen in dem Bereich. Das entspricht für die Stadt Potsdam einem Minus von 15 Prozent, im Schnitt des Flächenlandes Brandenburg fiel dieser Rückgang mit 7,1 Prozent geringer aus.

Überdurchschnittlich sank in Potsdam die Zahl der Wohnungseinbrüche – 116 registrierte die Polizei, rund ein Drittel weniger als noch 2019. Der Leiter der Kriminalpolizei der Direktion West, Sven Mutschischk, sagte: „Die Pandemie hat dazu geführt, dass viele Menschen häufiger zu Hause waren – dadurch hatten Täter schlicht weniger Gelegenheiten, unbemerkt in Häuser oder Wohnungen einzubrechen.“ Signifikant ist aber auch der Rückgang bei den Autodiebstählen auf noch 90 Fälle – ein Minus von knapp 45 Prozent. Gesunken ist auch die Zahl der Vermögens- und Fälschungsdelikte, also alles von Betrug bis zu Insolvenzstraftaten. Hier registrierte die Polizei 1809 Fälle, 521 weniger als noch 2019 – also rund ein Fünftel weniger. Auf fast gleichem Niveau blieb hingegen die Zahl der gestohlenen Fahrräder. 1626 waren es im vergangenen Jahr, die Aufklärungsquote sank in dem Bereich noch einmal leicht auf 9,2 Prozent. Insgesamt lag die Aufklärungsquote bei Diebstahl in den vergangenen Jahren bei rund 30 Prozent.

Radfahrer öfter selbst an Unfällen schuld

Im ersten Corona-Jahr lag bekanntermaßen das Fahrrad als Alternative zum öffentlichen Nahverkehr im Trend – gleichwohl sind die Unfallzahlen erstmals nach Jahren wieder ein wenig zurückgegangen. Insgesamt registrierte die Polizei 513 Radunfälle, 26 weniger als noch 2019. Das entspricht einem Minus von rund fünf Prozent. Die Zahl der verletzten Radfahrer lag bei 412, acht weniger als im Vorjahr. Zwei Radler starben im Straßenverkehr, einer weniger als 2019.

Die Statistik zeigt auch, dass offenbar immer mehr Potsdamer Radfahrer unvernünftig oder unvorsichtig unterwegs sind: In knapp 58 Prozent der Fälle waren die Radfahrer in Potsdam selbst Unfallverursacher; im vorvergangenen Jahr lag dieser Wert noch bei rund 53 Prozent, 2018 bei 50 Prozent. Zudem liegen die Potsdamer Werte über denen, die im gesamten Raum West-Brandenburg registriert werden: Dort waren laut Polizei 2020 rund 50 Prozent der verletzten Radfahrer auch Unfallverursacher.

Rückläufig war im Jahr 2020 die Zahl der bei Unfällen verletzten Fußgänger: Es waren 85 Personen und damit 13 Prozent weniger als vor einem Jahr. Hier wurden rund die Hälfte der Unglücke durch die Fußgänger verursacht, ebenfalls ein Wert, der im Vergleich zu den Vorjahren angestiegen ist.

Mehr betrunkene Unfallfahrer

Die Zahl der Verkehrsunfälle in Potsdam lag 2020 bei 4381 – das sind 888 oder 16,9 Prozent weniger als 2019. Entsprechend sank die Zahl der Verletzten von 843 auf 726, was ein Minus von rund 14 Prozent bedeutet. Wie im Jahr 2019 starben auch 2020 drei Menschen im Straßenverkehr.

Gestiegen ist die Zahl der Unfälle unter Alkoholeinfluss und wegen zu schnellen Fahrens. So registrierte die Potsdamer Polizei gegen den Trend in der Region West-Brandenburg 69 Unfälle mit betrunkenen Fahrern, ein Anstieg von 25 Prozent. Auch die Zahl der Unfälle wegen zu hoher Geschwindigkeit stieg in Potsdam, von 118 auf 199 – was einem Anstieg von fast 70 Prozent entspricht, ebenso gegen den allgemeinen Trend in der Region. 

Polizeisprecher Heiko Schmidt sagte den PNN, bei Verkehrskontrollen habe die Polizei insgesamt mehr Alkoholfahrten festgestellt – offenbar waren also mehr Betrunkene unterwegs. Zu den vermehrten Tempounfällen sagte der Sprecher, gehörten auch unangepasste Geschwindigkeiten von Radlern. Diese seien in dieser Statistik ebenso enthalten wie die Geschwindigkeitsverstöße der Autofahrer.

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