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Landeshauptstadt: Eigentümer lassen Presslufthämmer sprechen

Uferweg am Griebnitzsee teilweise zerstört und Zäune aufgerichtet / Initiative „Griebnitzsee für alle“ fordert Rückkehr zu demokratischen Spielregeln / Elke von Kuick-Frenz bedauert Zerstörung „zutiefst“ und bi

Uferweg am Griebnitzsee teilweise zerstört und Zäune aufgerichtet / Initiative „Griebnitzsee für alle“ fordert Rückkehr zu demokratischen Spielregeln / Elke von Kuick-Frenz bedauert Zerstörung „zutiefst“ und bietet Gespräche an Babelsberg - Walter Finkel, der gestern Morgen seinen Hund wie jeden Tag am Griebnitzseeufer ausführte, staunte nicht schlecht, als es an einem Metallzaun nicht mehr weiterging. Der 75-Jährige wohnt über 30 Jahre in der Virchowstraße 47als Mieter, in einem Haus, das sich in der Verwaltung der Polo-Gesellschaft befindet. Der Uferweg gehört zu den Annehmlichkeiten der Wohnlage. Doch das ist seit gestern vorbei. Am Morgen rückte eine anonym arbeitende Abrissfirma mit Presslufthämmern und Baggern an. Sie riss den schwer befestigten Weg an beiden Enden auf und sperrte einzelne Grundstücke mit Metall- und Bretterzäunen ab. Jogger, Spaziergänger und Radfahrer verharrten verständnislos vor den Zäunen, an denen Arbeiter standen und auf Geheiß ihres Vorarbeiters Handzettel verteilten. Auf ihnen erklärt „Der Eigentümer“ den „lieben Spaziergängern“ unter anderem: „Die heutige Maßnahme bedeutet nicht zwangsläufig, dass Ihnen der Weg auf immer verwehrt bleiben wird. Dies ist nicht das Ziel.“ Es sei nun an der Stadt, heißt es weiter, „endlich den Schritt auf uns zuzugehen, der es möglich macht, den Weg auf Dauer für alle unter Berücksichtigung auch der Interessen der Anlieger offen zu halten.“ Anlass für die teilweise Zerstörung und Sperrung des Uferweges ist ein Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, die mehrheitlich eine Veränderungssperre, die für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren gilt, beschlossen hat. Zugleich stimmten die Verordneten einer von der Verwaltung vorgeschlagenen Variante zu, nach welcher der vorhandene Weg teilweise an die Wasserseite verlegt wird. Dadurch verringert sich der Kaufpreis der Grundstücke, welche die Stadt erwerben muss, um den öffentlichen Uferweg zu gewährleisten. Dieser Beschluss ist der Anlass für die rigiden Maßnahmen, die mit den Ambitionen der „Initiative Historische Uferregion Griebnitzsee“ im Einklang stehen. Deren Rechtsanwalt Christoph Partsch, der auch fünf Eigentümer rechtlich vertritt, erklärte gestern gegenüber den PNN: „Die am Mittwoch beschlossene Veränderungssperre ist nichts anderes als eine Kriegserklärung der Stadt an die rechtmäßigen Eigentümer.“ Um der Stadt ein „symbolisches Zeichen“ zu setzen, hätten sie sich zu diesem Schritt entschlossen. Rechtsanwalt Schramm, Anlieger in der Virchowstraße: „Die Eigentümer mussten handeln, um ihren Grund und Boden zu schützen, ehe die Veränderungssperre wirksam wird.“ Schramm kritisiert, dass die Stadt nicht mit ihnen verhandelt habe, sogar deren Vorschläge ignoriert habe. Diesen Standpunkt teilt auch der Stadtverordnete Steeven Bretz, Ortsvorsitzender der CDU in Babelsberg. Seine Fraktion habe der Veränderungssperre nicht zugestimmt. Bretz beklagt, dass es zu wenig Kommunikation zwischen den Beteiligten gab und gebe. Die Stadtverwaltung trage die Schuld an der jetzigen Zuspitzung, weil sie zu früh auf eine ganz bestimmte Lösung zugesteuert sei. Mit der Festlegung auf die Variante zwei, das heißt teilweise Verlegung des Weges und Ankauf von Flächen von der Ufergrenze an, habe sie „die Tür zugeschlagen“. Immerhin hätten die rechtmäßigen Eigentümer die Grunddienstbarkeit, das heißt das Wegerecht für die Öffentlichkeit, angeboten. Der CDU-Kreisverbandsvorsitzende Wieland Niekisch meint, die Situation hätte verhindert werden können, wenn die Stadt auf Kompromiss gesetzt hätte. „Statt dessen haben der Oberbürgermeister an der Seite von PDS, SPD, Grünen und Bürgerbündnis auf Klassenkampf gegen die Eigentümer gesetzt und eine rechtlich bedenkliche und für die Stadt und ihre Bewohner schwer kalkulierbare Kraftprobe gesetzt“, so Niekisch. PDS-Fraktionschef Hans-Jürgen-Scharfenberg konnte seine Erregung über die teilweise Zerstörung und Sperrung des Uferweges kaum zurückhalten. Am Rande des Richtfestes für die Orion-Halle am Stern forderte er die Beigeordnete für Stadtplanung und Bauen Elke von Kuick-Frenz lautstark auf, die Verursacher zur Ordnung rufen zu lassen. Gegenüber den PNN wies von Kuick-Frenz Vorwürfe zurück, die Stadt habe mit den Eigentümern nicht gesprochen. Sie habe allerdings in den Gesprächen den Eindruck gewonnen, dass die Eigentümer „ganz unterschiedliche Interessen“ haben. Sie bedauere die jetzt eingetretene Verschärfung „zutiefst“ und versicherte: „Wir werden erneut das Gespräch mit den Eigentümern suchen.“ Nach Meinung der Initiative „Griebnitzsee für alle“ zeige das Vorgehen der See-Anrainer, „wie richtig die Entscheidung der Stadtverordneten war, auf einer möglichst starken Rechtsposition in den Verhandlungen ... zu beharren.“ Sie fordert die Anrainer auf, zu den demokratischen Spielregeln zurückzukehren.

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