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Für das Wir-Gefühl. Roswitha Theiner (vorne, rechts) und Elvira Bahlcke (2.v.r.) sprachen bei der Ehrenamtsbörse über Möglichkeiten fürs Ehrenamt beim AWO-Bezirksverband.

© Klaer

Freiwilliges Engagement: Ehrenamt: Von Herzen dabei

Auf der ersten Potsdamer Ehrenamtsbörse stellten sich am Donnerstag engagierte Bürger und Vereine der Stadt vor

Hefeklöße und Erdbeerkompott – das kam diesmal im AWO-Seniorenzentrum Käthe-Kolwitz-Haus in der Waldstadt auf den Tisch. Die beiden Potsdamerinnen Elvira Bahlcke und Roswitha Theiner haben wie jeden Donnerstag zusammen mit Bewohnerinnen aus dem Pflegebereich gekocht. Das machen sie ehrenamtlich, wie die beiden bei der ersten Potsdamer Ehrenamtsbörse, die am Donnerstag auf dem Luisenplatz stattfand, erzählen. Am Stand des AWO-Bezirksverbandes Potsdam informierten sie die Besucher über die ehrenamtlichen Tätigungsfelder der Arbeiterwohlfahrt. Die Ehrenamtsbörse war eine Veranstaltung der Potsdamer Arbeitsgemeinschaft (AG) Ehrenamt, ein Netzwerk von sechs Akteuren aus Postdam. Das Ziel: die Träger und ihre Arbeit vorzustellen und neue Freiwillige zu gewinnen.

Die 77-jährige Elvira Bahlcke ist bereits seit zehn Jahren bei der Kochgruppe dabei. Roswitha Theiner, 74 Jahre alt, ist vor dreieinhalb Jahren dazugestoßen, als eine der anderen Frauen aufhörte. Insgesamt sind sie zu dritt, berichten sie. „Wir kochen gemeinsam mit den Frauen, sodass sie nicht nur rumsitzen, sondern auch etwas beitragen,“ erzählt Bahlcke. Wenn die Vorbereitungen fertig sind, spielen alle gemeinsam. „Die Bewohnerinnen kommen so einmal raus aus ihrem Alltag“, sagt Roswitha Theiner. „Heute haben wir sehr viel gelacht, dass gibt uns dann selber auch etwas.“ Theiner glaubt, dass sehr viele in der Stadt gerne etwas machen würden, aber gar nicht wissen, wie und wo.

Ein Drittel der Bevölkerung ist ehrenamtlich tätig

„Wir haben keine andere Chance. Entweder wir veranstalten so etwas selbst oder es passiert nichts“, sagt Bernd Schulze, Leiter der Ehrenamtsagentur des AWO-Bezirksverbandes, der auch mit in der Arbeitsgemeinschaft Ehrenamt sitzt. Es gebe sehr viel Bedarf für Ehrenamtliche in der Stadt. Ein großes Problem sei das Fehlen eines Ehrenamtkoordinators der Landeshauptstadt. „Ein Ansprechpartner, der auch Mal vermittelt und vielleicht bei Anträgen hilft“, erklärt Schulze. Der letzte Ehrenamtskoordinator sei vor drei Jahren in den Ruhestand gegangen. Schulze glaubt, dass es zu wenig Anerkennung für das Ehrenamt gibt, auch von Seiten der Stadt. Der Ehrenamtspreis, der am 26. Juni zum zwölften Mal verliehen werden wird, sei zwar wichtig, aber nicht ausreichend. Etwa ein Drittel der Bevölkerung sei ehrenamtlich tätig. „Wir haben alleine in Potsdam 15 freiwillige Feuerwehren. Dann die ganzen Sportvereine oder auch klassische Träger wie die AWO“, zählt Schulze auf. Die Verantwortlichen in der Stadt müssten deutlich mehr vermitteln, dass sie wissen und wertschätzen, was ehrenamtliche Arbeit eigentlich bedeutet.

Gerade läuft eine Untersuchung im Auftrag der Stadt zum Ehrenamt in Potsdam. Damit soll ein neues Konzept erarbeitet werden, das voraussichtlich bis Jahresende fertiggestellt sein wird, wie das Rathaus mitteilte. Im April startete dazu bereits eine Umfrage unter Ehrenamtlern. Und in dieser Woche fand ein sogenanntes Engagement-Forum im Treffpunkt Freizeit statt, an dem laut Stadt mehr als 40 Ehrenamtliche und Vertreter von Vereinen teilgenommen haben. Auch einen Koordinator soll es in der Zukunft wieder geben, wie der Sozialbeigeordnete Mike Schubert (SPD) auf der Ehrenamtsbörse versichert. „Das Ehrenamt ist das Rückgrat unserer Stadt. Ohne die engagierten Potsdamer wäre vieles in Potsdam nicht möglich“, sagt Schubert.

Verschönerungswochen für die Stadt

Das Engagement in der Stadt ist breit gefächert. Da ist der Verein Winzerberg Potsdam, der in den letzten 13 Jahren den Weinberg restauriert hat (PNN berichteten). Oder die Potsdamer Bürgerstiftung, die ehrenamtliches Engagement fördert. So gibt es etwa einen Stricktreff im Selbsthilfe- und Kontaktzentrum Sekiz oder die Bürgerbank – ein großer Tisch, der mit Spielbrettfolien von Dame bis Schach beklebt ist und der bereits an 30 Orten in der Stadt stand. „Unsere Idee ist ganz einfach. Wir wollen mehr Einsatz für das Wir-Gefühl und das Miteinander in der Stadt“, sagt Marie-Luise Glahr, die Vorsitzende der Bürgerstiftung. Derzeit laufen die sogenannten Verschönerungswochen, eine Aktion, bei der die Potsdamer dazu aufgerufen sind, gemeinsam in Teams ein Stück Stadt mit Blumen zu bepflanzen oder aufzuräumen.

Auch das „Netzwerk Gesunde Kinder Potsdam“ ist auf dem Luisenplatz. Sie stellen Eltern, die gerade ein Kind bekommen haben, einen Paten zur Seite, der die Familie in den ersten drei Lebensjahren des Kindes unterstützt. Die Potsdamerin Ev Schmidt, die hauptberuflich beim Kulturradio des rbb als Moderatorin arbeitet, ist seit etwa drei Jahren dabei. Als ihr Sohn allmählich größer geworden und auch beruflich ein bisschen mehr Luft dagewesen sei, habe sie sich für das ehrenamtliche Engagement entschieden, erzählt sie: „Ich wollte etwas zurückgeben.“ Mittlerweile hat sie schon vier Familien begleitet, derzeit sind es zwei. Mit den Paten können sich die Eltern austauschen, sich informieren und Hilfestellungen bekommen. „Meistens geht es einfach ums Reden oder dass man mit zum Arzt geht“, sagt die 53-Jährige. Die Paten würden den Eltern eine gewisse Sicherheit geben und sie in ihren Kompetenzen stärken, erklärt sie. Die Patenschaften sind kostenlos und richten sich an alle Familien mit kleinen Kindern.

Sarah Stoffers

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