zum Hauptinhalt

Streit um Grundstücke: Die Leere in Potsdams Zentrum

Vier Filetgrundstücke vis-á-vis vom Landtag liegen seit Jahren brach. Schuld sind ein jahrelanger Streit, eine gestoppte Ausschreibung und ein plötzlich aufgetauchter Restitutionsanspruch.

Von Peer Straube

Innenstadt - Es hakt in der Potsdamer Mitte. Zwar steht das Stadtschloss und die Bebauung an der Alten Fahrt wächst mit jedem Tag, doch auf der anderen Seite des Landtags sieht es trübe aus. Das Gelände des ehemaligen und längst abgerissenen DDR-Meliorationskombinats in der Friedrich-Ebert-Straße in bester Citylage ist noch immer eine Brache. Auf dem Grundstück Schloßstraße 1 sollte längst Potsdams neue Synagoge stehen – bislang scheiterte eine Bebauung an der Uneinigkeit der jüdischen Gemeinden über die Gestaltung des Gotteshauses.

Doch auch auf den anderen drei Grundstücken des Areals tut sich nichts. Dabei wurde immerhin eines davon, die Schwertfegerstraße 9, zeitgleich mit der Bauzeile am Havelufer vergeben – und zwar bereits vor drei Jahren. Die Berliner Bürgerstadt AG hatte das Areal erworben und will darauf eines der einst vier sogenannten Acht-Ecken-Häuser wiederaufbauen. Entstehen sollen darin Wohnungen mit schallgedämmten Räumen speziell für Musiker. Der Baubeginn hätte längst erfolgen sollen – doch ein plötzlich aufgetauchter Rückübertragungsanspruch hat das verhindert. „Uns waren die Hände gebunden“, sagte Bürgerstadt-AG-Vorstand Winfried Hammann den PNN.

Zum Zeitpunkt der Grundstücksübertragung sei der Restitutionsanspruch noch nicht bekannt gewesen, sagte Jessica Beulshausen, Sprecherin des städtischen Sanierungsträgers, der das Grundstück im Auftrag der Stadt verkauft hat. Inzwischen habe sich herausgestellt, dass der Rückübertragungsanspruch unberechtigt sei. Der Anspruch habe sich auf „andere Teilflächen eines größeren Flurstücks“ bezogen, zu dem zu DDR-Zeiten auch das Areal der Schwertfegerstraße 9 gehörte. Dieses Flurstück wurde seinerzeit aus mehreren kleineren Flurstücken gebildet, um darauf das Haus der Wasserwirtschaft bauen zu können. Die Sachlage sei inzwischen geklärt, so Beulshausen. Das Acht-Ecken-Grundstück sei historisch nie durch einen Restitutionsanspruch belastet gewesen. Auch die beiden anderen Sanierungsträger-Grundstücke auf der Brache, die Friedrich-Ebert- Straße 122 und die Schloßstraße 9, seien nicht betroffen. Der Anspruch beziehe sich auf Nachbarflächen, die nicht der Pro Potsdam gehören. Welche das sind, bleibt unklar. Auch die Stadt konnte auf Nachfrage keine Auskunft geben.

Auch vor Bekanntwerden des Rückübertragungsansinnens hatte es bereits Verzögerungen gegeben. Mit der Tourismusforum Potsdam GmbH, einer Tochter der Landesinvestitionsbank ILB, die das benachbarte Kabinetthaus verwaltet, musste über die Verlegung einer Grundstückszufahrt verhandelt werden. Inzwischen habe man Einigkeit erzielt.

Hammann sieht die Querelen mittlerweile gelassen. „Ich bin da nicht sauer“, sagt er, kann sich aber einen Seitenhieb aufs Rathaus trotzdem nicht verkneifen. Was Bauverzögerungen angeht, sei Potsdam kein Einzelfall. Auch in Hamburg oder Frankfurt am Main „dauert es jedes Mal doppelt so lange, wenn wir mit der Stadt bauen“.

Einen Bauantrag hat Hammann wegen der letzten Unwägbarkeiten noch nicht eingereicht. Genügend Interessenten, die eine der Eigentumswohnungen erwerben wollen, gebe es, so Hammann. „Wir stehen in den Startlöchern.“ An der Alten Fahrt, wo die Bürgerstadt AG ebenfalls ein Grundstück erworben hat, soll es früher losgehen. Voraussichtlich im Frühjahr werde in der Brauerstraße 1 mit dem Bau begonnen, so Hammann. In direkter Nachbarschaft zum Palast Barberini, den SAP-Gründer Hasso Plattner derzeit als Kunstmuseum wiederaufbaut, entstehen ein Gebäude mit zehn Wohnungen und ein Gartenhaus, das zur Havel ausgerichtet ist. 70 Prozent der Wohnungen seien bereits vergeben, sagte Hammann.

Die beiden Grundstücke neben dem geplanten Acht-Ecken-Haus in der Schwertfegerstraße 9 will die Stadt nun ebenfalls an den Mann bringen. Die erste Ausschreibung der Friedrich-Ebert-Straße 122 und der Schloßstraße 8 im Jahre 2011 war wie berichtet von der Stadt abgebrochen worden, weil es zu wenig Bewerber gab und deren Konzepte nicht überzeugten. Seitdem wurden sie freigehalten, damit die Baustelleneinrichtung für die Synagoge dort untergebracht werden kann. Da ein Ende des Synagogenstreits aber nicht in Sicht ist, gibt es einen neuen Anlauf. Es werde derzeit überlegt, die Grundstücke im Laufe dieses Jahres erneut auszuschreiben, sagte Rathaussprecher Jan Brunzlow den PNN.

Den Synagogenstreit will das Land im Frühjahr endgültig entscheiden. Dann solle feststehen, ob der umstrittene Entwurf des Berliner Architekten Jost Haberland gebaut werde „oder etwas ganz anderes“, sagte Brandenburgs Kulturstaatssekretär Martin Gorholt (SPD) den PNN. „Wir können das nicht für immer und ewig auf Eis legen“, so Gorholt. Das Land stellt für den Synagogenbau 4,5 Millionen Euro bereit. Weil sich die Gemeinden bislang nicht einigen konnten, hatte die Regierung das Vorhaben schon vor Jahren auf Eis gelegt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false