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Knapper Wohnraum. Mancher Demonstrant träumt vom Wohnparadies.

© A. Klaer

"Stadt für alle"-Demonstration: Die City platt rollern

Für erschwingliche Mieten sind mehr als 1000 Potsdamer auf die Straße gegangen. Sie beteiligten sich an der Aktion vom "Stadt für alle"-Bündnis. Die Veranstalter sind zufrieden.

Potsdam - Für bezahlbaren Wohnraum sind am Samstagnachmittag etwa 1000 Potsdamer auf die Straße gegangen. Mehr als 50 Initiativen hatten den Aufruf des „Stadt für alle“-Bündnisses zuvor unterzeichnet – die Organisatoren ziehen ein positives Fazit.

Die Demonstrationsteilnehmer sammelten sich auf der Wiese vor dem Hauptbahnhof. Kurz bevor der Umzug starten sollte, setzte heftiger Regen ein. Die Veranstalter brachte das aber nicht aus dem Konzept: Mit halbstündiger Verspätung setzte sich die Demonstration in Bewegung, begleitet von Blitz und Donner und bunt gemischt – von Familien über Hausbesetzer bis hin zu Rollschuhfahrerinnen. Letztere fuhren mit Protestschildern in der Hand mit, forderten etwa: „Schlösser zu Bassboxen!“ oder drohten, bei Abriss ihrer Häuser, „die City platt zu rollern“.

Auch Flüchtlinge sind ein Thema

Die Organisatoren vom „Stadt für alle“-Bündnis hatten ihren Forderungskatalog auf Flyer gedruckt, die sie zur Aktion verteilten. Dazu gehören unter anderem einkommensorientierte Mietpreissenkungen, „bedarfsgerechte Modernisierung statt Luxussanierung“ oder die Übernahme aller Wohnkosten für finanziell Bedürftige. Die nach Potsdam kommenden Flüchtlinge – knapp 1000 sind für dieses Jahr prognostiziert – wurden von den Demonstranten ebenfalls thematisiert: Die Asylbewerber sollten in Wohnungen statt in Containern untergebracht und Abschiebungen gestoppt werden. So gebe es in Potsdam „zahlreiche Objekte, für die der Abriss oder Verkauf an private Immobilienfirmen angedacht ist, oder Wohnungen, die bewusst seit Jahren leer gehalten werden“, erläuterte Mitorganisatorin Juliane Lehmann. „Die Wohnungen könnten doch den Geflüchteten zur Verfügung gestellt werden“, sagte sie.

Zur Kostendeckelung von Mietwohnungen hat der Bund zwar kürzlich eine Mietpreisbremse für Neuvertragsmieten beschlossen, in Brandenburg muss diese aber erst noch in der Landesregierung umgesetzt werden. Wie berichtet ist das für das zweite Halbjahr 2015 vorgesehen. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) kritisierte indes die rote-rote Landesregierung vor wenigen Tagen für die „zögerliche Umsetzung“. Potsdam hatte bereits eine eigene Mietpreisbremse für die kommunale Bauholding Pro Potsdam eingeführt. Laut Jakobs profitieren von dieser ungefähr 5500 Mietparteien. Mit der neuen Regelung wären auch private Vermieter zur Deckelung verpflichtet. Auch die Demonstranten sehen in der Mietpreisbremse ein sinnvolles Instrument, allerdings helfe diese nicht dabei, „etwa 1500 dringend benötigte Sozialwohnungen in Potsdam zu schaffen“, so Mitorganisatorin Lehmann.


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Erwartungen übertroffen

Die mehrere Monate lange Planung der Demonstration habe sich gelohnt, so der „Stadt für alle“-Sprecher Torsten Steinbrecher: „Auch wenn das Thema in Potsdam noch mehr Leute betrifft, haben die 1000 Teilnehmer unsere Erwartungen bei Weitem übertroffen.“ Für die Zukunft wünsche er sich, dass die verschiedenen Stadtteil-Initiativen mehr zusammenarbeiten, sagte Steinbrecher am Abschlussort, dem Luisenplatz. Das will das Bündnis beispielsweise mit einem Treffen am Montag, dem 29. Juni, im „Madia“-Café, Lindenstraße 47, um 17 Uhr schaffen.

Zum Abschluss der Demonstration bestieg die Potsdamer Folk-Punk-Band 44 Leningrad die auf dem Luisenplatz aufgebaute Bühne. Die Bandmitglieder stammen ursprünglich aus der Hausbesetzerszene der Nachwendezeit, heute wohnen sie alle in der Innenstadt. „Und da wollen wir auch bleiben“, kündigten sie an, ehe sie begannen, dem Publikum einzuheizen. René Garzke

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