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Zustimmung für Angie war vor allem für das gute Abschneiden der CDU verantwortlich.

© dpa

Interview: „Die CDU profitierte von der FDP“

Der Politologe Thomas Tuntschew über die Bundestagswahl.

Herr Tuntschew, das Ergebnis der Bundestagswahl in Potsdam hat viele überrascht. Wie lässt sich der starke Zuwachs für die CDU in der Landeshauptstadt erklären?

Obwohl Frau Andrea Wicklein von der SPD ihr Erstimmenergebnis verbessern konnte, unterlag sie ihrer CDU-Herausforderin deutlich. Dass hier wie auch viele andere, ebenfalls sicher geglaubte Direktmandate der Brandenburger SPD verloren gingen, kann aber nur bedingt überraschen: Die „drei kleinen Volksparteien des Ostens“, SPD, CDU und die Linke, liegen vielerorts gleichauf. Die CDU profitiert in diesem Dreierrennen um die Direktmandate besonders effektiv von den dazugewonnenen Wählern der FDP. So gesehen ist das vermeintlich überraschend gute Abschneiden der CDU zunächst im desaströsen Ergebnis der FDP begründet, die noch 2009 einen historischen Höhenflug erlebte.

Welche Faktoren spielten noch eine Rolle?

Die hohen persönlichen Zustimmungswerte für Frau Merkel: Die Kanzlerin konnte das konservativ-bürgerliche Lager mobilisieren und ihren Amtsbonus in Wählerstimmen umsetzen. Während 2009 Bundes- und Landtagswahlen gleichzeitig stattfanden, konnte die SPD in Brandenburg diesmal nicht auf den Ministerpräsidenteneffekt hoffen.

Thomas Tuntschew

,  Jahrgang 1985, ist Dozent der Politik- und Verwaltungswissenschaft am Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa an der Universität Potsdam.

Die Linke ist abgeschlagen auf Platz drei gelandet, obwohl diese Partei in Potsdam früher noch die meisten Stimmen gewinnen konnte. Wie lässt sich das erklären?

Das schlechte Abschneiden kann viele Ursachen haben. Zunächst folgt auch die Brandenburger Linke dem negativem Bundestrend. Zur Wahl 2009 war sie zudem auch noch nicht in Regierungsverantwortung im Land. Möglicherweise konnte die Partei auch schlicht mit ihrem Programm nicht überzeugen. Für Potsdam strebte mit Herrn Norbert Müller ein relativ junger Kandidat das Mandat an und musste gegen etablierte Bundespolitikerinnen bestehen. Inwieweit der Kandidat für die geringere Wählermobilisierung der Linken in Potsdam entscheidend war, lässt sich aber nicht sagen. In Märkisch-Oderland verlor beispielsweise Dagmar Enkelmann ihr Mandat. Auch alle anderen Direktmandate der Linken gingen verloren. Die Kandidatenfrage scheint also eher eine nachrangige Rolle gespielt zu haben.

Die CDU auf Platz eins, die SPD und die Linken dahinter: Bewegt sich Potsdam als eine wachsende Stadt auf einen bundespolitischen Normalzustand zu?

Ein Normalzustand wird sich so schnell nicht einstellen und CDU, SPD und Linke werden im Gegensatz zum Bund hier auf Augenhöhe konkurrieren. Gleichwohl finden in wachsenden Städten wie Potsdam beispielsweise die Grünen ein Wählerreservoir vor, das ihnen in anderen Landesteilen fehlt. Die Alternative für Deutschland hätte in Potsdam übrigens den Einzug in den Bundestag mit mehr als fünf Prozent geschafft – und liegt damit näher am Landes- als Bundesdurchschnitt.

In Potsdam stehen im kommenden Jahr die Kommunal-, Landtags- und Europawahlen an. Haben Ergebnisse wie jetzt auf solche Entscheidungen eine Auswirkung?

Natürlich gibt es eine gewisse Signalwirkung, die von einer Bundestagswahl ausgeht. Allerdings treffen die Bürger ihre Wahlentscheidung im überwiegenden Ausmaß in Abhängigkeit von der jeweiligen Wahlebene. Dies gilt besonders für Kommunalwahlen. Nichtsdestotrotz wird dieses Ergebnis für neuen Gesprächsbedarf bei SPD und Linken sorgen – bei der CDU bleibt es der alte.

Die Fragen stellte Henri Kramer

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