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Gut eingelebt. Der 24-jährige Mohammed Al-Masri aus dem syrischen Homs lebt mittlerweile seit vier Jahren in Potsdam. Die PNN haben ihn eine Weile begleitet und ihm die Möglichkeit gegeben, in einer Serie seine Sicht auf Deutschland aufzuschreiben. Al-Masri möchte am liebsten in Deutschland Journalismus studieren.

© Andreas Klaer

Leben in Potsdam: Der Traum vom Journalismus

Auch nach vier Bewerbungen hat Mohammed Al-Masri noch keinen Studienplatz – nun aber einen Plan B.

Potsdam - Das mit dem Studium hat bisher nicht geklappt. Von seinem großen Traum hatte Mohammed Al-Masri den PNN vor zwei Jahren erzählt: Ein Journalistikstudium in Deutschland. „Aber die Bewerbung ist so kompliziert“, stöhnt der 24-jährige Syrer, bevor wieder das schüchterne Lächeln in sein Gesicht zurückkehrt. Das spezielle Bewerbungsprogramm für Flüchtlinge namens Uni Assist sei komplex, schwer zu durchschauen und die Prozeduren langwierig. Ein Teil laufe online, dann müsse man noch einmal einen Stapel Papier per Post schicken. „In Syrien habe ich einfach ein Formular ausgefüllt und meine Bewerbung persönlich abgegeben“, erinnert er sich.

Vor seiner Flucht von Syrien nach Potsdam vor fast vier Jahren hat Al-Masri in seiner Heimatstadt Homs arabische Literatur studiert. Vor zwei Jahren absolvierte er ein Praktikum in der Redaktion der PNN und schilderte in einer Serie von Artikeln mit dem Titel „Mohammeds Sicht“ seine Eindrücke von Deutschland. Schon damals hatte er das feste Ziel, in Deutschland ein Studium aufzunehmen. Vier Mal habe er sich nun schon an hiesigen Universitäten beworben, in Potsdam und in Berlin, bisher vergeblich. Woran es scheitert, weiß er nicht. Er weiß nur, es dauert lange. „Mehr als zwei Monate muss man nach der Bewerbung warten, bevor man Bescheid bekommt“, sagt Mohammed Al-Masri. Zeit, die sich zieht, zäh dahinschleicht.

Die Sprache „ist kein Hindernis mehr“

Al-Masri vertreibt sie sich mit Sport, er geht regelmäßig ins Fitnessstudio. Er hat mehrere Sprachkurse besucht, inzwischen das Niveau C1 absolviert. Auch einen Kurs zur Berufsqualifikation hat er gemacht. Aber dem Studium nähergebracht hat ihn das alles kaum. „Ich suche jemanden, der mir mit den Bewerbungen helfen kann, damit es beim nächsten Mal doch noch klappt“, sagt er.

Denn eines ist für den 24-Jährigen klar: Zurückzugehen nach Syrien, das kann er sich nicht vorstellen. „Dort herrscht noch Krieg“, ruft er entsetzt auf die Frage. Der sonst so leise, diskrete Mann wird auf einmal energisch. Aber wenn irgendwann wieder Frieden herrschen sollte, kommt eine Rückkehr nicht in Frage. „Meine Zukunft ist hier in Deutschland“, davon ist er überzeugt. Die Sprache, so sieht er das, „ist kein Hindernis mehr“. In der Tat spricht er recht flüssig Deutsch und kann einem Gespräch ohne Probleme folgen.

Überhaupt hat sich Al-Masri gut eingelebt in der Landeshauptstadt. Schon seit 2015 wohnt er allein in einer kleinen Wohnung am Schlaatz. Seine Aufenthaltsgenehmigung hat er kürzlich um zwei Jahre verlängert. Al-Masri hat viele arabische, aber auch einige deutsche Freunde. „Ich kenne einige aus dem Fitnessstudio, aber auch meine Nachbarn“, sagt er. Noch lieber würde er aber nach Berlin ziehen. „Dort gibt es einfach alles“, schwärmt er. Es sei immer etwas los, und gebe auch mehr arabische Läden als in Potsdam.

Jetzt gibt es einen Plan B

Seit einiger Zeit leben auch seine Eltern in Potsdam. Genau wie die drei Brüder. Mit zweien von ihnen, Vater und Mutter war er 2014 auch auf die Flucht gegangen: Mit dem Auto ging es von Homs in die Türkei, stets die Gefahr im Rücken, von syrischen Soldaten festgehalten zu werden. Von der Türkei führte die Reise mit dem Flugzeug weiter nach Tripolis, von dort dann auf einem vollkommen überladenen Schiff nach Sizilien. Nur die beiden Schwestern waren in Syrien geblieben, eine ist immer noch dort, die andere im Libanon.

Mohammed Al-Masri will aber nicht zu viel über die Flucht nachdenken, sondern im Hier und Jetzt leben. Aber auch wenn er es nicht will, die Erlebnisse beschäftigen ihn noch immer, spuken im Hinterkopf herum. Wenn man ihn danach fragt, wird er nervös, dreht die Hände im Schoß hin und her, der Blick schweift ab. Wohl auch deshalb, weil ihn das nicht loslässt, widmet er auch seine Texte – denn er schreibt noch immer – zum Teil dem Thema Flucht.

Auch wenn Al-Masri die Hoffnung auf ein Studium noch nicht aufgegeben hat, hat er mittlerweile einen Plan B: Er hat einen Ausbildungsplatz als Krankenpfleger gefunden, bei einem Berliner Klinikum. Im Oktober könnte er dort anfangen. Auch beim Potsdamer „Ernst von Bergmann“-Klinikum hat er sich beworben, wartet aber noch auf eine Rückmeldung.

„Medizin interessiert mich schon lange“, erklärt er die Wahl, die doch inhaltlich weit weg liegt vom Journalismus. Außerdem könne er gut mit Menschen umgehen. „Ich habe drei Tanten in Syrien, die dort seit vielen Jahren als Krankenpflegerinnen arbeiten“, sagt er. Als nächsten Schritt will er nun erst einmal ein Praktikum absolvieren im Bereich Krankenpflege. Und nebenher die nächste Unibewerbung vorbereiten – damit es ab Oktober vielleicht doch noch klappt mit dem Studium.

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