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FORTUNAS Fazit: Der Natur nah?

Wie Realsatire klang die Pressemeldung Nummer 277, die das Rathaus am Donnerstag verschickte: Potsdam bewirbt sich um den Titel „StadtGrün naturnah“. Demnach will sich Potsdam für die Förderung der biologischen Vielfalt auszeichnen lassen.

Wie Realsatire klang die Pressemeldung Nummer 277, die das Rathaus am Donnerstag verschickte: Potsdam bewirbt sich um den Titel „StadtGrün naturnah“. Demnach will sich Potsdam für die Förderung der biologischen Vielfalt auszeichnen lassen. Zur Feier des Tages ließ Potsdams Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) noch mitteilen: „Menschen brauchen auch Grünflächen in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld, um zufrieden und gesund zu sein.“

Als das Presseamt die Meldung versandte, schickte sich eine am Montag gestartete Internet-Petition gegen die geplante Verkleinerung des herrlich grünen Volksparks an, die 2000-Unterzeichner-Marke zu knacken. Am Freitagabend waren es schon 2200 Unterschriften, die gegen die vorgesehene Wohnbebauung gesammelt wurden. Die aus dem Umfeld der Fraktion Die Andere gestartete Aktion zeigt, worum es im Oberbürgermeisterwahlkampf gehen wird: Wie lässt sich das rasante Wachstum Potsdams so gestalten, dass der Charme und die Schönheit der Schlösser-und-Gärten-Stadt nicht verschandelt werden, wie es rund um den Hauptbahnhof leider schon passiert ist.

Aber das Wachstum zeigt sich nicht nur da. Erst am vergangenen Sonntag gab es eine große und von Studenten veranstaltete Müllsammelaktion. Solche Einsätze werden offensichtlich zunehmend nötiger, gerade auch in den Welterbeparks – womit man wieder bei der Frage wäre, warum man ausgerechnet den einzigen Freizeitpark der Stadt verkleinern muss?

Kein Tag vergeht derzeit ohne eine solche Debatte. So meldeten sich weitere bekannte Persönlichkeiten wie Ex-Bauausschusschef Christian Seidel (SPD) zu Wort, die den Erhalt des Terrassenrestaurants „Minsk“ forderten – und eben eine neue Ausschreibung. Denn warum soll es am Brauhausberg, dem Eingang der Stadt vom Bahnhof aus, eben nicht möglich sein, dass dort Investoren nach ihren Konzepten für die Bebauung ausgewählt werden – und nicht nach Maximalgebot?

Zum Widerstand gegen solche Stadtentwicklung gesellen sich nun auch die Welterbeschützer von Icomos, die Potsdam mit der Roten Liste gefährdeter Welterbestätten drohen, sollte die Stadt die letzte Sichtachse vom Babelsberger Park in die Innenstadt zubauen. Derzeit stehen dort Bäume. Grün. Stadtgrün.

Womit wir wieder bei der Pressemitteilung 277 wären. Potsdam will also den „Stadtgrün“-Titel. „Betongrau“ wäre als Prädikat angesichts der Politik der SPD-geführten Stadtspitze passender – oder eine Bewerbung um die goldene Axt der Holzfäller-Gilde. Allerdings lässt sich Rubelt eine Hintertür offen: „Naturnahe Gestaltungsformen“ setzten „häufig ein Umdenken“ voraus – auch in der Stadtverwaltung, wie Rubelt betont. Darauf kann man nur antworten: Dann sorgt dafür, dass Grün auch Grün bleibt – denn ihr habt es selbst in der Hand!

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