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Ein hochdekorierter Solist und seine neue Herausforderung. Sebastian Brendel ist seit Jahren der weltbeste Canadier-Einer-Fahrer auf der 1000-Meter-Distanz. Er wurde Olympiasieger, gewann mehrfach WM- und EM-Gold. Und nun stellt sich Brendel gemeinsam mit Erik Rebstock auch der nationalen Zweierkonkurrenz.

©  dpa

Kanu-Rennsport in Potsdam: Der Einer-König probiert sich im Zweier

Potsdams Top-Kanuten starten mit der ersten nationalen Qualifikation in die olympische Wettkampfsaison. Canadier-Ass Sebastian Brendel schlüpft dabei in eine für ihn ungewohnte Rolle. Er tritt nicht nur als Solist in Erscheinung, sondern auch im Duett.

Von Tobias Gutsche

Den vergangenen Sonntagvormittag nutzte Sebastian Brendel für eine ganz entspannte Bootspartie. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und den beiden Kindern stach der Top-Kanute des KC Potsdam beim traditionellen Anpaddeln in See und genoss in familiärer Eintracht den Sonnenschein auf dem Havelgewässer. Es war ein letztes gemütliches Umherschippern, bevor für ihn und die weiteren KCP-Asse nun wieder Vollgasgeben auf dem Programm steht, denn am kommenden Freitag erfolgt nach sechs harten Monaten Training der Start in die olympische Kanu-Rennsport-Wettkampfsaison.

Dieser Auftakt wird mit der ersten nationalen Qualifikation in Duisburg gemacht. Dabei wird Sebastian Brendel, der seit Jahren weltbeste Canadier-Einer-Fahrer auf der 1000-Meter-Distanz, in eine eher ungewohnte Rolle schlüpfen. Er wird nicht nur als Solist unterwegs sein, sondern auch im Duett über das Wasser jagen. Gemeinsam mit Erik Rebstock aus Neubrandenburg stellt er sich der deutschen Konkurrenz im C2 über 1000 Meter. „Das ist was Neues für mich. Aber wir wollen das einfach mal probieren. Es war für mich auch ganz angenehm, durch das Zweier-Training Abwechslung und andere Impulse zu bekommen“, sagt der Olympiasieger, Welt- sowie Europameister. Und sein Trainer Ralph Welke bekräftigt: „Auch wenn Sebastians Fokus ganz klar auf dem Einzelstart liegt, ist die Idee mit dem Zweier ernst gemeint. Im Hinblick auf die Olympischen Spiele ist diese Bootskonstellation eine Option.“

Auch ein reines Potsdamer Duo im Canadier-Zweier am Start

Doch es gibt da so einige Haken. Aufgrund der Ergebnisse bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr hat Deutschland bisher nur einen Olympia-Quotenplatz in der Disziplingruppe Canadier sicher. Brendel holte ihn durch seinen WM-Triumph. Folglich muss noch nachgelegt werden, um in Rio auch einen Zweier an den Start bringen zu können. Die Möglichkeit, weitere Tickets zu buchen, besteht bei einer europainternen Regatta, die Mitte Mai in Duisburg unmittelbar vor dem dortigen Weltcup ausgetragen wird. Das Problem: Brendel könnte dabei keinen Zweier-Quotenplatz für das deutsche Team einheimsen, weil er bereits einen im Soloboot geholt hat. „Also muss da definitiv eine andere Besatzung fahren“, erklärt Coach Welke.

Allerdings wollen er und auch Sebastian Brendel selbst sich momentan nicht auf diese Gedankenspiele einlassen. „Ich bin bisher noch keinen Wettkampf zusammen mit Erik gefahren. Erst jetzt werden wir sehen, ob wir überhaupt ganz vorne mit dabei sind“, meint der 28-Jährige, der mit Rebstock im C2-Rennen auch auf ein reines Potsdamer Boot treffen wird. Ronald Verch und Jan Vandrey machen gemeinsame Sache.

In mehreren Bootsklassen herrscht Nachholbedarf in puncto Olympia-Quotenplätze

In den vergangenen beiden Jahren hatte Verch noch mit Yul Oeltze aus Magdeburg ein Duo gebildet, das 2014 WM- und 2015 EM-Bronze holte. „Aber Yul hat dann für sich entschieden, dass er nicht mehr mit mir fahren möchte. Wenn er meint, dass er dadurch sportlich erfolgreicher sein kann, akzeptiere ich es. Aber die Art und Weise, wie das Ganze abgelaufen ist, hat mich schon enttäuscht“, erzählt Ronald Verch, der sich einen neuen Partner suchen musste. „Da habe ich mir gedacht: Warum in die Ferne gucken, wenn ich hier im Verein jemand Gutes habe?“ Die jetzige Zusammenarbeit mit dem zweifachen U23-Vizeeuropameister Vandrey stimme ihn zufrieden: „Ich bin optimistisch, dass wir uns in der Qualifikation gut präsentieren werden.“

Nach der nun anstehenden ersten nationalen Regatta und der zweiten Ende des Monats wird dann die deutsche Flotte formiert, die zu den Weltcups und zur Olympia-Quali antreten soll. Bei zweitgenanntem Wettkampf herrscht neben dem Canadier-Zweier auch in weiteren Bootsklassen Nachholbedarf in puncto Rio-Quotenplätze. Unter anderem in den Einer-Sprintstrecken der Männer über 200 Meter. Kandidaten für einen Einsatz beim europäischen Qualifikationswettkampf sind die Potsdamer Stefan Kiraj (Canadier) und Felix König (Kajak). „Sie müssen jetzt im nationalen Vergleich Top-Leistungen bringen, um sich zu empfehlen“, meint KCP-Cheftrainer Welke.

Medaillengewinne in Rio sind das Ziel des KC Potsdam

Etwas weniger Leistungsdruck laste derweil auf den Athleten der „deutschen Kernmannschaft“, wie Welke erläutert. Sie bestehe aus den zehn Aktiven, die bereits olympische Startplätze für Deutschland erkämpft haben. Vier von ihnen kommen aus der brandenburgischen Landeshauptstadt: Franziska Weber, Conny Waßmuth, Sebastian Brendel und Ronald Rauhe. „Sie haben einen kleinen Bonus wegen ihrer Leistungen aus der Vorsaison und müssen jetzt nicht gleich absolute Spitzenzeiten in den Einer-Rennen bringen, sondern nur nachweisen, dass sie ordentlich in Form sind.“

Top-Form soll dann im August bei den Sommerspielen am Zuckerhut erreicht werden, wo der KC Potsdam möglichst an sein Olympia-Ergebnis von vor vier Jahren in London anknüpfen möchte. Sieben KCP-Athleten starteten damals auf dem Dorney Lake, dreimal Gold und einmal Silber sprangen heraus. „Das war echt stark“, sagt Sportdirektor Torsten Gutsche. Und er hoffe, ohne konkrete Zielvorgaben machen zu wollen, dass nun in Rio weitere olympische Medaillengewinne hinzukommen. Es soll noch mehr Glanz her in der Bilanz des erfolgreichsten Kanu-Vereins der Welt.

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