zum Hauptinhalt
Pressekonferenz am 1. November: Michael Scharf (r.) informierte darüber, dass es sich um Elias handelt, der in der Kleingartensiedlung in Luckenwalde gefunden wurde.

© dpa

Fall Elias: Chef-Ermittler Scharf: „Es gibt keine Zeugen“

Über 1300 Hinweise sind zum Fall Elias aus der Bevölkerung eingegangen. Doch der entscheidende Hinweis hat bis zuletzt gefehlt. Michael Scharf, Chef der Soko "Schlaatz", spricht im PNN-Interview über die Ermittlungen.

Herr Scharf, jetzt scheint klar, dass am 8. Juli am Schlaatz in Potsdam das passiert ist, was die Urangst wohl aller Eltern ist: Es kommt ein Mann, er nimmt sich ein Kind, verschwindet mit ihm und tötet es letztlich. Ohne eine Spur zu hinterlassen.

Ja, so ähnlich könnte es gewesen sein. Wir kennen den genauen Ablauf aber leider noch nicht.

Ist es für Sie erklärlich, dass ein Mensch so spurlos verschwinden kann – am helllichten Tag, aus einem belebten Wohngebiet?

Der traurige Beweis ist nun erbracht. Unter den 1300 Hinweisen, die wir bekommen haben, hat sich keiner von einem Menschen befunden, der etwas Genaueres gesehen hat. Es gibt keine Zeugen.

Auch im Rückblick?

Ja, auch im Rückblick. Durch die Potsdamer Mordkommission wird nun umfangreich zu ermitteln sein, was tatsächlich am 8. Juli in den Abendstunden am Inselhof geschehen ist.

Öffentlich hieß es, auch von der Polizei, dass ein solches Verschwinden eigentlich nicht möglich ist.

Die Kollegen der Soko „Schlaatz“ haben dreieinhalb Monate intensiv ermittelt, haben jeden Tag viele Stunden damit verbracht, den Faden zu finden, der zu Elias führt. Das ist bis vergangenen Donnerstag nicht gelungen. Wir hatten begonnen, die 1300 Hinweise, die eingegangen sind, ein zweites Mal zu überprüfen. Wir haben umfangreich Hinweise mit anderen Sonderkommissionen zu vermissten Kindern, insbesondere in Sachsen-Anhalt und Berlin, abgeglichen. Wir haben das Videomaterial noch einmal gesichtet, Fotos noch einmal angeschaut – das alles hat nicht dazu geführt, dass wir einen Hinweis bekommen haben, der zu diesem nun verhafteten Tatverdächtigen geführt hätte.

Sie haben auch überprüft, ob Satelliten zufällig Bilder vom Bereich am Schlaatz gemacht haben zum Zeitpunkt des Verschwindens von Elias.

Ja, das haben wir gleich zu Beginn überprüft. Es war aber leider nicht der Fall.

Wann haben Sie realisiert, dass mit Silvio S. auch der mutmaßliche Mörder von Elias gefunden worden ist?

Letztlich erst mit dem Fund des Pakets in dem Kleingarten in Luckenwalde, das die Leiche von Elias enthielt. Das ist so, es steht jetzt fest. Und jenseits des Professionellen: Bis ich das auch menschlich, emotional, realisiert habe, wird es wohl ein paar Tage dauern.

Wie gehen Ihre Kollegen der Soko „Schlaatz“, die jetzt aufgelöst wird, mit der Todesnachricht um?

Wir reden darüber. Es ist für die Kollegen, die unmittelbar mit dem Tod des Jungen in Berührung kamen, sicher besonders hart. Es ist gehört zwar zu ihrem Beruf, zu ihren Aufgaben, doch so etwas machen auch sie nicht jeden Tag. Es ist in diesem Fall, der einmalig in Brandenburg ist, etwas anderes.

Die Fragen stellte Sabine Schicketanz

ZUR PERSON: Michael Scharf ist Stabsleiter der Polizeidirektion West. Der 50-jährige gebürtige Thüringer ist seit 31 Jahren Polizist. Er war zuvor auch beim Staatsschutz im Einsatz gegen Neonazis.

Für Elias und Mohamed gibt es nun Kondolenzbuch online. Hier geht es zum Link >>

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false