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Klares Zeichen. Mehr als 500 Potsdamer demonstrierten am Donnerstagabend vor dem Filmmuseum gegen den Aufmarsch der islamfeindlichen Pogida. Auch der Liedermacher Konstantin Wecker kam vorbei.

© Andreas Klaer

Pogida Nummer 10 in Potsdam: Bunt gegen rechts

Rund 500 Menschen bei Demo gegen Pogida. Konstantin Wecker gab Kurzkonzert

Innenstadt – Ein Verkehrschaos wie am Donnerstagabend durch die rechtsextreme und islamfeindliche Pogida wird es künftig wohl nicht mehr geben. Zu Beginn der Kundgebung am Potsdamer Hauptbahnhof kündigte die rechte Gruppe an, erst im Mai wieder demonstrieren zu wollen. Die nächsten bereits angemeldeten Pogida-Demos fallen aus, auch wolle man künftig grundsätzlich auf wichtige Verkehrsadern Rücksicht nehmen. Zugleich erklärte der mehrfach vorbestrafte Anmelder Christian Müller seinen sofortigen Rücktritt.

Nur rund 50 Islamfeinde waren am Hauptbahnhof beim zehnten sogenannten Abendspaziergang zusammengekommen, während laut Stadt mehr als 500 Gegendemonstranten rund um das parteiübergreifende Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“ und den Musiker Konstantin Wecker am Filmmuseum Gesicht zeigten. Weitere Demos hatten der Sportverein SV Concordia Nowawes und die Partei Die Partei angemeldet.

Nach rund einer Stunde war bereits alles wieder vorbei. Es war damit die kürzeste Pogida-Demo seit Jahresbeginn. Zu Zwischenfällen kam es nicht, laut einer ersten Bilanz der Polizei gab es zwei Festnahmen in der linken Szene. 700 Beamte in sechs Einsatzhundertschaften waren im Einsatz. Drei Hundertschaften kamen aus Brandenburg, je eine aus Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Auch Wasserwerfer und Räumfahrzeuge waren wieder zu sehen, ein Hubschrauber kreiste über der Stadt. Trotzdem löste vor allem die komplette Sperrung der Langen Brücke wie befürchtet ein Verkehrschaos aus. Die Stadt war in einen Nord- und Südteil geteilt, viele Pendler mussten weite Umwege in Kauf nehmen, um nach Hause zu kommen. Auch alle Trams und Busse aus dem Norden hielten bereits ab 17 Uhr am Platz der Einheit und fuhren nicht bis zum Hauptbahnhof.

Der Münchener Liedermacher Konstantin Wecker hatte vor seinem geplanten Konzert am Donnerstagabend im Nikolaisaal auf Einladung von „Potsdam bekennt Farbe“ die Gegendemo besucht und gab vor dem Filmmuseum ein kurzes Konzert. Er rief dazu auf, sich die Willkommenskultur nicht ausreden zu lassen. „Wir müssen weiter mit dem Herzen denken“, sagte der 68-Jährige. Wecker sprach auch die Verfasser von „Hasskommentaren“ an. Er wolle sich deren Beleidigungen zu eigen machen. „Ja, ich bin ein Gutmensch, und ja ich bin ein linksgrün versiffter Altachtundsechziger.“

Die Pogida-Anhänger liefen dann gegen 19 Uhr in der Babelsberger Straße los, die Polizei sperrte den Laufweg weiträumig ab – wie bei den vergangenen Demos auch wurden die Gegendemonstranten außer Sicht- und Hörweite gehalten. Die Polizei hatte die weiträumige Trennung damit begründet, dass zuletzt bei den Demos Flaschen und Gegenstände auf die Pogida-Teilnehmer geflogen seien. Dagegen protestierte der Bundestagsabgeordnete Norbert Müller (Linke) und sagte seine Kundgebung kurzfristig ab – aus Protest gegen die Auflagen der Polizei.

Wie vor zwei Wochen in der Berliner Straße begnügten sich die Anhänger des rechten Pegida-Ablegers nun damit, auf dem Bürgersteig und nicht auf der Straße die Lange Brücke zu überqueren. Obwohl es zunächst hieß, dass damit die Brücke für den Autoverkehr geöffnet werden könne, entschied sich die Polizei dann doch anders – die Brücke wurde komplett gesperrt. Vor dem Filmmuseum standen sich beide Seiten im Abstand von rund 100 Metern und getrennt durch die Polizei gegenüber. Schließlich liefen die rechten Demonstranten zurück zum Hauptbahnhof, wo die Kundgebung gegen 20 Uhr für beendet erklärt wurde.

Unterdessen gibt es offenbar bei Pogida Streit um die Ausrichtung. So ist ab sofort der 30 Jahre alte Potsdamer Holger Schmidt Chef der Gruppe. Auch will sich Pogida einen neuen Namen geben. Schmidt sei unbelastet und nicht vorbestraft wie er selbst, sagte der bisherige Chef Müller dazu den PNN. Am Abend wurde auch bekannt, dass der Pressesprecher von Pogida, Herbert Haider, gefeuert wurde. Er habe sich für eine bürgerlichere Ausrichtung eingesetzt, sagte er. Dessen Job macht nun Christian Müller.

Zugleich wurden die nächsten bereits angemeldeten Demos auf Bitten der Polizei abgesagt. Grund dafür ist das Baumblütenfest, bei dem die Polizei eine erhöhte Einsatzbereitschaft zeigen wird. Allerdings sind neue Termine geplant: am 11. Mai, 25. Mai, 8. Juni und 22. Juni. Die Demos sollen alle zwei Wochen stattfinden, an jedem ersten und dritten Mittwoch des Monats, unter anderem Am Stern, Schlaatz, in der Waldstadt, in Babelsberg, am Bassinplatz, am Hauptbahnhof, „und anderswo“.

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