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Reisegeschichte. Andreas Schulz begleitet den Verlag seit 40 Jahren - von der ersten Dia-Serie "Frauenkunst USA" über Reiseliteratur für den US-Südwesten bis zur Reihe "1000 Places to see...".

© A. Klaer

Reiseliteratur aus Potsdam: Bücher für Globetrotter

Der Potsdamer Verlag Vista Point begeht dieses Jahr sein 40-jähriges Bestehen. Im Haus in der Birkenstraße am Neuen Garten entsteht Reiseliteratur.

Die Kreuzblume, die auf dem Schreibtisch liegt, erinnert an vergangene Zeiten. Einst war das aus Sandstein gefertigte Kunstwerk für den Kölner Dom bestimmt. Nun dient es im Potsdamer Büro von Andreas Schulz als filigrane Tischzier. Als Geschenk vom Dombaumeister hatte Schulz das Schmuckstück einmal erhalten, als Anerkennung für den Bildband „Der gotische Dom in Köln“. Rund 30 Jahre ist das her.

Jenen gotischen Monumentalbau mit seinen himmelsstürmenden feinen Gliedern auf Papier zu bannen, dürfte damals, 1986, eine sehr reizvolle Aufgabe gewesen sein für Andreas Schulz und seine Mitstreiter im Vista Point Verlag. Erst ein Jahr zuvor war das erste Buch bei Vista Point verlegt worden: „Die Romanischen Kirchen in Köln“ – ein Prachtband. Den Verlag gab es da schon einige Jahre. Im Juni 1977 hatte Schulz ihn zusammen mit Gudrun Wasmuth und Horst Schmidt-Brümmer gegründet, natürlich ebenfalls in Köln. Die eigentliche Keimzelle: Eine Wohngemeinschaft in der Antwerpener Straße im belgischen Viertel.

Hybridreiseführer als Antwort auf die Digitalisierung im Verlagswesen

Seit nunmehr 40 Jahren existiert der Verlag. Die Wohngemeinschaft von damals ist freilich längst Geschichte. Und auch von Köln hat man sich verabschiedet. Vom Rhein ging es an die Havel: Seit 2013 befindet sich der Sitz des Verlages in Potsdam. Und hier in der brandenburgischen Landeshauptstadt feierte man am Freitag einen runden Geburtstag: 40 Jahre Vista Point.

In einer Stadtvilla nahe dem Neuen Garten, in der Birkenstraße 10, residiert der Verlag heute. Reiseliteratur wird hier herausgegeben. Wer die USA, Schweden, Vietnam, Australien oder andere Gegenden dieser Erde bereisen möchte, der kann die Reiseführer von Vista Point als seine Begleiter wählen. Rund 200 lieferbare Titel gibt es derzeit, sagt Schulz.

Auf die Digitalisierung hat der Verlag eine Antwort gefunden: Hybridreiseführer. Der Kunde erhält dabei ein Printprodukt, also den klassischen Reiseführer. Obendrauf gibt es Informationen, die er mit dem Smartphone abrufen kann. Zunehmend produziert der Verlag seine Reiseliteratur auch als E-Book. „Da starten wir jetzt voll durch“, sagt Schulz. Wahrscheinlich werde man in einem Jahr so weit sein, dass alle gedruckten Bücher auch als E-Books angeboten werden. Der Verlag hat mehrere Reihen von Reiseführern aufgelegt. Die Serie „Go Vista“ bedient das klassische Reiseführerformat. Die Macher der unter dem Titel „Reisen Tag für Tag“ erschienenen Bücher schlagen dem Touristen hingegen gleich eine ganze Tour vor. Man erhält dabei Vorschläge für Tagesetappen: Wie komme ich wohin? Was lohnt sich anzuschauen?

„1000 Places to see before you die“

Ein bekanntes Produkt des Verlages sind auch die Bücher mit dem Titel „1000 Places to see before you die“ (1000 Orte, die man gesehen haben muss, bevor man stirbt). Sogar Ausmalbücher unter diesem Titel bringt der Verlag heraus. Eine enge Zusammenarbeit verbindet Vista Point mit dem Reiseveranstalter Dertour.

Angefangen hatte vor 40 Jahren alles mit einer deutlich anderen Ausrichtung des Verlages. Das erste Produkt war die Diaserie „Frauenkunst USA“. Die Reihe zeigte, „wie Frauen in den USA durch Kunst eine breite Öffentlichkeit gewinnen, um die Ziele der Befreiungsbewegung durchzusetzen“, heißt es in der verlagseigenen Kurzchronik von Vista Point. In der Frauenzeitschrift Emma wurde das Projekt damals vorgestellt.

Zu Beginn sei der Weg des Verlags steinig gewesen, sagt Schulz. „Das war schon mühsam.“ Mit der Zeit erarbeitete sich das Unternehmen einen Namen an der Schnittstelle zwischen Kunst und schulischer Bildung. „Wir haben zum Beispiel die erste Serie gemacht über die Documenta“, erinnert sich der Verlagsgründer. 24 Farbdias und ein Begleitheft gab Vista Point zu dem Thema im Jahre 1982 heraus. Die Zielgruppe waren Kunsterzieher. Mit dieser Kombination aus Dias und dazugehörigen Begleitheften zu Themen aus Malerei und Plastik wurde der Verlag in den entsprechenden Kreisen schließlich bekannt. 1988 stieg Vista Point in das Geschäft mit den Reiseführern ein. Der erste Titel: „Südwesten USA“.

Kreuzblume erinnert an die alten Zeiten in Köln

Die speziellen Publikationen für Schulen erschienen mit der Zeit hingegen gar nicht mehr. Man habe damals versucht, sich auf die neuen Medien einzustellen und etwa CDs zu verkaufen. „So richtig funktioniert hat das nicht“, sagt Schulz. Auch von den großen Bildbänden ist man bei Vista Point im Lauf der Jahre abgekommen. Als im Jahre 2010 sein Mitstreiter Horst Schmidt-Brümmer starb – Gudrun Wasmuth hatte sich schon zuvor aus dem Geschäft bei Vista Point zurückgezogen –, habe er vor der Frage gestanden, in welche Zukunft der Verlag steuere. Eine Option: als eigenständiges Unternehmen von Köln aus weiter operieren. Schulz entschied sich dagegen und suchte stattdessen einen neuen Partner – den er schließlich in der Verlagsgruppe Ullmann Medien fand. Dafür habe der Verlag allerdings, so Schulz, nach Potsdam umziehen müssen.

Seit 2013 ist Vista Point also nun in Potsdam zu Hause. Nach Verlagsangaben arbeiten heute elf festangestellte Mitarbeiter sowie auch Freiberufler für Vista Point. Die Geschäftsführung des Verlages, der nunmehr unter dem Dach von Ullmann Medien als Marke weiterexistiert, hat Schulz mittlerweile an Florian Ullmann abgegeben. Der 65-jährige Schulz kümmert sich nun um den Vertrieb. An die alten Zeiten in Köln erinnert ihn auf seinem Schreibtisch täglich: eine Kreuzblume.

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