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Exklusiv. Die Hebebühne kann nur mit einem Schlüssel benutzt werden.

©  A. Klaer

Aufzug-Posse in Potsdam: Barrieren am Ufer

Aus der Lachnummer wird Ernst: Nicht nur, dass der Aufzug zum neuen Vorzeigeufer an der Alten Fahrt nicht funktioniert. Nun zeigt sich auch noch: Der Bau verstieß gegen einen Beschluss des Stadtparlaments.

Potsdam - Der umstrittene Aufzug an der Uferpromenade an der Alten Fahrt verärgert nicht nur Behinderte, sondern verstößt auch gegen einen Beschluss der Stadtverordneten. Diese hatten in ihrer Sitzung am 3. Dezember 2014 nämlich entschieden, dass die geplante Uferpromenade an der Alten Fahrt baulich so auszuführen sei, dass sie „ohne nennenswerte Umwege auch vom Alten Markt aus für Rollstuhlfahrer*innen und mit Kinderwagen problemlos erreichbar ist“.

Vorausgegangen war seinerzeit eine Debatte um die Barrierefreiheit des Ufers an der Alten Fahrt: Im ursprünglichen Entwurf war nämlich eine große Freitreppe ohne Rampe für Rollstühle, Rollatoren oder Kinderwagen vorgesehen. Für eine Rampe sei nicht ausreichend Platz. „Das ist die Visitenkarte der Stadt“, hatte der damalige Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) gesagt. Der freie Journalist Wolf-Dieter Hermann hatte daraufhin in einer Erklärung an alle Fraktionen im Stadtparlament das Fehlen der Rampe kritisiert. Die Stadtverwaltung gelobte nachzubessern. Schließlich wurde auf Antrag der Fraktion Die Andere der besagte Beschluss gefasst.

Stadtverwaltung sucht nun nach einer Alternative

Doch dieser wurde offenbar weitgehend ignoriert. Zwar wurden die Pläne überarbeitet, doch unbeschränkt zugänglich ist die Promenade nun doch nicht: Am 13. Juni wurde das 180 Meter lange und etwa 2,3 Millionen Euro teure Uferstück inklusive Freitreppe feierlich eingeweiht. Statt einer Rampe ist eine Hebebühne eingebaut worden. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Horst Müller-Zinsius als Chef des verantwortlichen Sanierungsträgers machten damit eine Probefahrt. Diese exklusive Möglichkeit hat jedoch nicht jeder – schließlich benötigt man dazu einen „ Euro WC-Schlüssel“, der für 20 Euro Bearbeitungsgebühr bei einem Verein in Darmstadt geordert werden kann. Bestellen können ihn allerdings nur Menschen mit einem bestimmten Grad an Einschränkungen.

Nach erneuter Kritik sucht die Stadtverwaltung nun nach einer Lösung. Zunächst wurde ein Spezialschlüssel bei der Tourist-Information in der Humboldtstraße hinterlegt. Damit das auch Ortsunkundige erfahren, ließ die Stadt am Montag ein Hinweisschild anbringen. Darauf kann man lesen, dass der Schlüssel werktags von 9.30 bis 19 Uhr und sonntags von 10 bis 16 Uhr in der Touristeninformation in der Humboldtstraße 1/2 abgeholt werden kann: „Helles Gebäude schräg hinter Ihnen.“

46.000 Euro für den Aufzug

Doch selbst mit Schlüssel tut sich am Aufzug häufig nichts. Am Montagmittag bewegte sich die Hebebühne – mal wieder – gar nicht. Die Stadtverwaltung erklärte, dass vermutlich der Notstoppknopf gedrückt war. Er könne von Hand entsperrt werden, hieß es. Demnächst soll eine Betriebsanleitung angebracht werden, so Stadtsprecher Jan Brunzlow. Einen Termin dafür gebe es noch nicht. Derzeit spreche man mit dem Hersteller des 46 000 Euro teuren Gefährts.

Der Beschluss der Stadtverordneten werde umgesetzt, so die Stadtverwaltung. Schließlich werde die Uferpromenade künftig vom Alten Markt aus „mit einem kleinen Umweg“ über die Brauerstraße barrierefrei erreichbar sein, sobald die Bauarbeiten dort abgeschlossen sind. Außerdem sei die Uferpromenade auch vom Hafen der Weissen Flotte aus erreichbar. Dort gebe es einen Personenaufzug. Diese beiden Zugänge waren jedoch schon in der ursprünglichen Planung vorgesegen – also vor dem Beschluss des Stadtparlaments.

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Die umstrittene Hebebühne hat Potsdam inzwischen sogar bundesweite Aufmerksamkeit beschert: Der ZDF-Länderspiegel berichtete in der Rubrik „Hammer der Woche“ darüber. Stadtsprecher Stefan Schulz erklärte darin im Interview unter anderem, dass auf eine Rampe aus ästhetischen Gründen verzichtet wurde. Allerdings trennt derzeit noch eine rot-weiß lackierte Plastikbarriere die Treppe von der Hebebühne, weil dazwischen noch eine Randbefestigung fehlt, die wahrscheinlich in dieser Woche nachgerüstet werden soll. Einen Schönheitspreis dürfte es dafür auch nicht geben. 

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Es braucht eine echte Lösung für den nicht zugänglichen Aufzug an der Uferpromenade der Alten Fahrt in Potsdam. Die Hebebühne muss weg, eine Rampe her. Ein Kommentar >>

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