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Landeshauptstadt: Auf schmalem Grat

Der Potsdamer Martin Zech ist Slackliner. Im Volkspark führt er am Samstag sein Können vor

Bei dieser Aktion macht schon das Zuschauen Spaß: Ganze drei Zentimeter Untergrund hat Martin Zech unter seinen Füßen. Bedächtig langsam und im nächsten Moment doch ziemlich ruckartig setzt er einen Fuß vor den anderen. Die Arme hält Zech dabei ungefähr halb ausgestreckt vom Körper weg, um nicht die Balance zu verlieren. Und dann, ganz plötzlich, gibt sich der 27-Jährige einen Ruck und springt von seinem drei Zentimeter breiten Gurtband aus hoch. Zech federt hinauf in die Lüfte, aber die Schwerkraft zieht ihn im nächsten Moment gleich wieder herunter, im Sinkflug wirft der junge Mann seine Beine zur Seite, mit dem Hintern setzt er kurz auf dem Band auf, fliegt mit Schwung gleich wieder nach oben und kommt doch tatsächlich auf dem schmalen Gurtband, genannt Slackline, zum Stehen.

Zech, von Beruf Heilerziehungspfleger, trainiert in seiner Freizeit derartige Kunststücke gemeinsam mit Gleichgesinnten aus der Potsdamer Slacklinegruppe. Am heutigen Samstag zwischen 10 und 20 Uhr werden sich die Freunde dieses wackligen Sportvergnügens im Volkspark zum zweiten Potsdamer Slacklinefest versammeln. Auch Zech will dabei sein, wenn im sogenannten Nomadenland nahe den im Volkspark aufgebauten kirgisischen Jurten Menschen auf wackligen Gurtbändern merkwürdige Bewegungen vollführen. Mindestens 20 Slacklines mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad werden hier gespannt sein, sagt Nomadenland-Betreiber Matthias Michel. Unter alten Eichen können die Besucher des Slacklinefestes ihre Balancierfähigkeiten ausprobieren. Die längste Slackline dürfte wohl knapp 100 Meter lang sein.

„Man kann nicht einfach draufsteigen und losrennen“, sagt Michel. Und tatsächlich, wer den Slackern zuschaut, wird schnell erkennen, dass bei diesem Sport sehr viel Ruhe vonnöten ist. Nur mit Bedächtigkeit und absoluter Körperkontrolle erreichen die Gurtkünstler ihre Perfektion. Von Ganzkörpertraining spricht Michel. Schließlich werden beim Balancieren auf der Slackline sehr viele Muskeln beansprucht. Wer bislang noch nicht auf einer Slackline gestanden hat, kann um 11 Uhr und um 13 Uhr auf dem Fest an einem Workshop teilnehmen. „Die ersten Schritte sind möglich“, ermutigt Zech Einsteiger. Daneben soll es auch Probierlines für Kinder geben. Und natürlich wollen einige fortgeschrittene Slacker vorführen, was man auf dem Band mit ordentlicher Übung alles anstellen kann. Insbesondere hier dürften Schaulustige auf ihre Kosten kommen. Selbst bei Regen wollen die Slacklinefreunde das Fest nicht ausfallen lassen. Man werde jedenfalls vor Ort sein, sagt Zech.

Von diesem Trendsport träumen können die Besucher heute auch in einer der Jurten des Nomadenlands. Der textile Rundbau wird als Kino fungieren, in dem Filme mit atemberaubenden Slackline- Szenen aus aller Welt gezeigt werden sollen. Im Volkspark selbst wird es heute sicherlich weniger spektakulär als in den Filmszenen zugehen. Doch ganz ungefährlich ist das Balanciervergnügen freilich nicht – gerade wenn der Abstand zwischen Boden und Slackline nicht so ganz gering ist. Wer heute im Nomadenland auf ein solches Gurtband steigt, müsse vorher eine Erklärung zum Haftungsausschluss unterschreiben, sagt Michel.

Sofern der Regen nicht den Slackline-Spaß verdirbt, rechnet Michel mit etwa 300 aktiven Teilnehmern. Die meisten von ihnen werden vermutlich aus Potsdam kommen, aber auch Slacklinebegeisterte aus Dresden haben sich angesagt. Musik aus einer Soundanlage soll zusätzlich für Stimmung sorgen. Dub, Dub- step und Goa-Rhythmen sollen die Besucher in Schwung bringen. Kinder können sich zudem im Baumklettern üben. An einer präparierten Kletteranlage gehts ins Eichengeäst – natürlich gesichert mit Helm und Gurt.

Der Eintritt ist frei. Nur der übliche Obolus für den Volkspark wird fällig. Mit Vegetarischem und Gegrilltem wird auch für das leibliche Wohl gesorgt. Den Festplatz erreicht man über den Eingang an der Viereckremise. Holger Catenhusen

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