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Radioaktive Strahlung: Auf das Schreckensszenario vorbereitet

Bei einer Strahlenschutzübung der Behörden stand vor allem eines im Zentrum: die Kommunikation. Dabei erinnerte die Übung an einen realen Alarm Anfang des Jahres.

Von Valerie Barsig

Potsdam/Bornstedt - Ein Molotow-Cocktail neben radioaktiv strahlendem Material in einem Chemielager hat am Mittwoch Polizei, Feuerwehr und Strahlenschutz beschäftigt. Die Katastrophe konnten sie gerade noch verhindern. Der Sprengsatz wurde aus dem Labor transportiert und entschärft, das strahlende Material sichergestellt. Das Szenario spielte sich auf dem Gelände des Weiterbildungszentrums der Fachhochschule der Polizei ab. Was tatsächlich passierte: eine Strahlenschutzübung des Landeskriminalamts gemeinsam mit der Strahlenschutzbehörde des Landes, den Feuerwehren und der Polizei aus Potsdam und Brandenburg/Havel.

Die Situation erinnert an einen Vorfall Anfang März dieses Jahres: Wegen einer Drohung, dass sich in einem Schließfach im Potsdamer Hauptbahnhof ein Rucksack mit radioaktiven Material befinde, musste der Bahnhof für zwei Stunden gesperrt werden. Gefunden wurde nichts. „Unser Übungsszenario stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest“, sagte Mathias Lux-Hain vom Landeskriminalamt (LKA) gestern. Bei solchen Gefährdungslagen sei es wesentlich, dass die Zusammenarbeit zwischen den Behörden reibungslos ablaufe. Gefahrenabwehr und Strafverfolgung müssten Hand in Hand arbeiten. Um das zu gewährleisten, habe auch die Übung stattgefunden. Es ist die zweite dieser Art nach einem weiteren Test im Jahr 2015 in Eberswalde. Auf der Suche nach einem geeigneten Ort für dieses Jahr sei die Wahl auf Potsdam gefallen. Etwa 80 Beamte waren gestern im Einsatz.

Bei einem Test im Jahr 2013 gab es Probleme bei der Klärung der Zuständigkeiten

Der Mann im weißen Schutzanzug trägt eine Atemschutzmaske wie im Film. Er hält einen silbernen Koffer in der Hand. Ein anderer prüft mit einem Messgerät die Strahlung. Bevor der Mann seinen Schutzanzug abstreifen und in eine Mülltüte stopfen kann, muss er sich in einem Zelt ein erstes Mal abduschen. Wenn er seinen Anzug ausgezogen hat, folgt eine zweite Dusche in einem anderen, beheizbaren Zelt. Die Szene ist nur eine Vorführung für die Presse, die bei der tatsächlichen Übung nicht anwesend sein darf. Die Auswertung der Übung habe man nicht öffentlich führen wollen, um die größtmögliche Offenheit zwischen den Behörden zu ermöglichen, heißt es zur Erklärung von der Polizei.

Der Mann im weißen Anzug erinnert trotzdem an einen Katastrophenfilm. Auch Babelsberg wäre betroffen, würde es einen Unfall oder einen Anschlag im Forschungsreaktor BER II im Helmholtz-Zentrum in Wannsee geben. Darauf angesprochen, reagiert LKA-Mann Lux-Hain verhalten. Es gebe verschiedenste Szenarien, die eintreten könnten. Bei der Übung am gestrigen Mittwoch stünde aber die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Feuerwehr und dem Strahlenschutz im Vordergrund. Dass die Kommunikation zwischen den einzelnen Stellen ein Hauptproblem darstellen kann, zeigt ein Fall von 2013. Damals wurde im Emsland mit rund 200 Beamten eine Bund-Länder-Kommunikationsübung durchgeführt. Simuliert wurde ein Atomunfall, problematisch waren vor allem die Klärung der Zuständigkeiten, berichtete damals die „taz“.

Ermittlung radioaktiven Materials als erster Schritt zur Ermittlung der Täter

Die Kommunikation zwischen den Behörden bei der Potsdamer Übung hingegen habe gut funktioniert, sagte Lux-Hain. Auch länderübergreifend stehe man in engem Kontakt, um im Ernstfall reibungslos zusammenzuarbeiten. Bei der Übung waren auch Behördenmitarbeiter der Sicherheitskooperation aus Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin anwesend. Ein länderübergreifendes Thema: die technische Ausstattung. Für Brandenburg steht zum Beispiel ein „Tatortfahrzeug Umweltschutz“ zur Verfügung, das direkt Bodenproben untersuchen kann. Das sei aber längst nicht in allen östlichen Bundesländern der Fall, erklärte Lux-Hain. Technisch auf dem aktuellen Stand zu bleiben sei einer der Punkte, an denen kontinuierlich gearbeitet werden müsse. Ebenso, genügend Schutzausrüstung für die Beamten zur Verfügung stellen zu können.

Bei der Übung gut funktioniert hätte indes der Alarmierungsweg und der Aufbau der Fahrzeuge, Zelte und Untersuchungsstellen. „Nur der Platz vor dem Gebäude war zu klein“, räumt Lux-Hain ein. Ein Umstand, der die Behörden auch unter realen Bedingungen treffen kann. Dafür hätten Tatortdienst und Strahlenschutz schnell herausgefunden, welches Material die radioaktive Strahlung hervorgerufen hätte. Was die Strahlung hervorruft und woher es stammt, sind wichtige Hinweise auf potenzielle Täter. Wird strahlendes Material sichergestellt, wird es nach der Untersuchung nach Mecklenburg-Vorpommern oder bis Nordrhein-Westfalen zur Zwischenlagerung gebracht.

Die endgültige Auswertung der Übung soll in den kommenden Wochen erfolgen. Das vorläufige Fazit zog der Pressesprecher der Polizei Brandenburg, Thorsten Herbst: „Wir sind für ein solches Szenario vorbereitet. Aber es gibt nichts, was nicht noch besser geht.“ Gerade die Kommunikation und Kooperation zwischen den Behörden müsse weiter verbessert werden.

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