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Potsdamer Konferenz: Als Stalin den Westen warten ließ

Vor 70 Jahren trafen sich die Siegermächte im Schloss Cecilienhof. Die Schlösserstiftung plant ein Jubiläumsprogramm von Juli bis September

Zum 70. Jahrestag der Potsdamer Konferenz wird es in Schloss Cecilienhof keine zentrale Gedenkveranstaltung geben. Wie der Schlossbereichsleiter Harald Berndt am Donnerstag vor der Presse sagte, haben man sich schweren Herzens entschlossen aufgrund der noch bis 2017 andauernden Sanierungsmaßnahmen in dem Schloss ein dezentrales Veranstaltungskonzept für das Gedenkjahr umzusetzen. „Wir haben zudem auch vom Land und Bund kein Signal erhalten, dass mit uns zusammen etwas veranstaltet werden soll“, sagte Berndt. Immerhin ist gemeinsam mit der Stadt Potsdam eine große Veranstaltung am 31. August geplant, wie die PNN nun erfuhren. Details dazu stehen drei Wochen vor dem Jahrestag des Konferenzbeginns allerdings noch keine fest. Das Kulturministerium des Landes verweist darauf, dass man an diesem Termin voraussichtlich teilnehmen werde, von einer großen zentralen Veranstaltung in Cecilienhof habe man aber bereits im Vorfeld wegen der dortigen Sanierungsarbeiten abgesehen.

Der Ausgang der Potsdamer Konferenz der drei Siegermächte Sowjetunion, USA und Großbritannien (17. Juli bis 2. August 1945) hat die weltpolitische Ordnung nach dem Zweiten Weltkrieg für über 40 Jahre maßgeblich geprägt. Auch wenn es in Potsdam kein formales Abkommen gab, sondern vielmehr nur ein Schlusskommuniqué, so hatten die Absprachen in Cecilienhof doch drastische Folgen. Bis zu 15 Millionen Menschen zwischen der Ostsee, der Ukraine, dem Sudetenland und der Lausitz mussten ihre Heimat verlassen. Die in Potsdam beschlossene neue Westgrenze Polens bedeutete de facto eine Westverschiebung des gesamten polnischen Staates. Eine Friedenskonferenz, die folgen sollte, fand nicht mehr statt. Der Kalte Krieg, der sich bereits auf den Vorgängerkonferenz von Teheran und Jalta angedeutet hatte, nahm nun konkrete Gestalt an. Erst 45 Jahre nach dem Treffen in Cecilienhof brachte das 2+4-Abkommen mit der deutschen Wiedervereinigung und der Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze einen endgültigen Abschluss für die Nachkriegsordnung.

Die Schlösserstiftung nimmt den Jahrestag der Potsdamer Konferenz zum Anlass, jeweils freitags spezifische Führungen zu dem historischen Ereignis anzubieten. Dabei werden auch zahlreiche Mythen und Legenden, die sich um das Dreimächtetreffen ranken, aufgegriffen und hinterfragt. Etwa warum Joseph Stalin seine Gesprächspartner Harry S. Truman und Winston Churchill immer wieder warten ließ. Ein damals anwesender sowjetischer Fotograf hat es aufgeschrieben. Joseph Stalin – er war Hausherr, weil Potsdam in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) lag – ließ die anderen beiden Staatsmänner einfach zappeln, um sie zu brüskieren und kleinzumachen. Nach zwei Tagen wollten diese dann nicht mehr aufstehen, wenn der sowjetische Diktator verspätet den Saal betrat. Doch als Stalin eintrat, seien sie unwillkürlich doch wieder aufgesprungen. Die Aura des Diktators hatte auch sie ergriffen.

Man tagte in einem leidlich verrauchten Saal, waren doch Churchill und Stalin starke Raucher. Dass Stalin gleich zu Beginn Truman die Leitung der Konferenz überließ, wird von Historikern als geschickter Winkelzug bewertet. Schließlich wurde der US-Präsident – ein Neuling, der an den Vorgängerkonferenzen nicht teilgenommen hatte – somit durch formale Aufgaben von den eigentlichen Fragen abgelenkt.

Für Truman war die Potsdamer Konferenz nicht nur in Bezug auf die mitteleuropäische Nachkriegsordnung entscheiden, schließlich galt sie noch als Kriegskonferenz, zwischen den USA und Japan wurde nach wie vor gekämpft. Dass die Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki jedoch von Potsdam aus befehligt worden waren, gehört ins Reich der Mythen. Von der Babelsberger Truman-Villa aus gab der US-Präsident zwar den Befehl, einen möglichen Atombombenabwurf auf vier japanische Städte vorzubereiten. Das „Go“ für Hiroshima und Nagasaki (6. und 9. August 1945) gab Truman jedoch erst nach der am 2. August beendeten Potsdamer Konferenz – und zwar vom Schiff aus, das ihn in die USA zurückbrachte.

Heute noch prangt ein großer roter Stern aus Geranien im Ehrenhof von Schloss Cecilienhof. Historisches Zeugnis und Zeichen dafür, wer 1945 hier Hausherr war. Drum herum wird derzeit eifrig gearbeitet. 28 Gewerke sind zeitgleich aktiv, vom Keller über die Grundmauern bis zu den Dächern und 38 (!) Schornsteinen wird das denkmalgeschützte Gebäude seit 2014 generalüberholt. Bis 2017 sollen hier rund 9,7 Millionen Euro verbaut werden, um das historisch wertvolle letzte Hohenzollernschloss für die Nachwelt zu erhalten. 2020 dann, so verspricht es zumindest Schlossherr Berndt, soll es eine große, zentrale Gedenkveranstaltung zu 75 Jahren Potsdamer Konferenz geben. Bereits an diesem Samstag wird das Schloss für alle geöffnet, die einen Blick hinter die Kulissen werfen wollen, ab 3. Juli dann folgen die historischen Führungen.

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