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Die Kirche Sankt Peter und Paul zählt zu Potsdams beliebtesten Sehenswürdigkeiten.

© Ottmar Winter

300 Jahre katholische Potsdamer Kirchengemeinde: Als belgische Handwerker nicht nur Waffen bauen wollten

Am 2. September 1722 wurde die Gemeinde St. Peter und Paul gegründet. Warum das Jubiläum nicht nur Potsdam betrifft und welche Rolle die Gemeinde heute dort spielt - Propst Arnd Franke im Interview.

Potsdam - Rund 200 belgische „Büchsenmacher“ brachten vor 300 Jahren auf Einladung des „Soldatenkönigs“ Friedrich Wilhelm I. die Waffenproduktion in Brandenburg auf Trab. Und zugleich gründeten sie in Potsdam die erste katholische Gemeinde auf dem Gebiet des heutigen Erzbistums Berlin seit der Reformation. Im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erläuterte der Potsdamer Propst Arnd Franke, warum das Jubiläum nicht nur die Landeshauptstadt betrifft und welche Rolle die Gemeinde heute dort spielt.

Herr Propst, dass Potsdamer Katholikinnen und Katholiken das 300-jährige Bestehen ihrer Propsteigemeinde feiern, ist selbstverständlich. Aber warum sollten Katholikinnen und Katholiken auch aus Berlin oder gar aus Vorpommern zum Festwochenende kommen?
Weil wir die erste katholische Gemeinde waren, die nach der Reformation auf dem Gebiet des heutigen Erzbistums Berlin gegründet wurde. In Berlin gab es zwar schon vor über 300 Jahren katholische Gottesdienste, sie fanden aber nur in den Hauskapellen der Gesandtschaften aus katholischen Ländern statt. Es gibt also einen guten Grund, den Wiederbeginn des katholischen Gemeindelebens im ganzen Erzbistum zu feiern.

Propst Arnd Franke.

© Andreas Klaer

Welche Rolle spielt die Propsteigemeinde heute in der Stadt?
Unsere Propsteikirche Sankt Peter und Paul hat einen in Ostdeutschland außergewöhnlichen Standort für ein katholisches Gotteshaus. Sie liegt in der Sichtachse der Brandenburger Straße, der zentralen Einkaufsstraße, während die katholischen Kirchen in anderen ostdeutschen Städten ziemlich versteckt sind, etwa in meiner Heimatstadt Stralsund. Bei den Besucherzahlen der Potsdamer Sehenswürdigkeiten steht die Propsteikirche an vierter Stelle, sie hat mehr Besucherinnen und Besucher als die Berliner Sankt-Hedwigs-Kathedrale, als sie noch nicht wegen der gegenwärtigen Sanierung geschlossen war.

Inwieweit ist die Gemeinde mit ihrer Kirche mehr als ein touristisches Highlight?
Aus der prominenten Position im Zentrum ergibt sich in der Tat auch ein gesellschaftlicher Auftrag. Als etwa die Stadtverordnetenversammlung neu gewählt wurde, war bei uns der ökumenische Eröffnungsgottesdienst für die Sitzungsperiode.

Welche gesellschaftlichen Themen sind Ihnen besonders wichtig?
Ich schaue immer, welche vordringlich sind. So sind es in Potsdam unter anderem Fragen der Ökologie. Dafür steht hier vor allem das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung mit seinem Leiter Ottmar Edenhofer, der an der Enzyklika „Laudato Si“ von Papst Franziskus mitgewirkt hat. Generell geht es für uns als Christinnen und Christen um die Frage, was wir zur Zivilgesellschaft beitragen können. Wir wollen einen Pioniergeist und eine Haltung unterstützen, gesellschaftlich Verantwortung zu übernehmen.

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Wie eng sind die ökumenischen Beziehungen der Kirchen?
In der Arbeitsgemeinschaft der Christlichen Kirchen auf kommunaler Ebene ist es ein sehr intensives Miteinander mit regelmäßigen Treffen. Wir sind als Christen gemeinsam eine Minderheit in einer Bevölkerung, in der 80 Prozent keiner Kirche angehören.

Die Kirche St. Peter und Paul ist das architektonische Wahrzeichen der Propsteigemeinde. 

© Andreas Klaer

Zu dem Festwochenende werden auch der belgische Botschafter Geert Muylle und der Lütticher Bischof Jean-Pierre Delville erwartet, aus deren Land die Katholikinnen und Katholiken vor 300 Jahren nach Potsdam kamen. Wie sind die Beziehungen dorthin heute?
Bislang haben wir keine enge Partnerschaft, aber wir wollen durch das Jubiläum etwas anstoßen. Die Kontakte nach Belgien entstanden vergangenes Jahr, als das Sommerhochwasser auch im Raum Lüttich katastrophale Schäden anrichtete. In unserer Gemeinde haben wir eine Sonderkollekte für die Caritas Lüttich abgehalten. So ist der Kontakt Bischof Delville entstanden.

Übrigens ist mit dem Besuch aus Belgien ein schönes Zeichen verbunden: Die Botschaft spendiert uns 200 Liter belgisches Bier. Das ist eine Anspielung darauf, dass die belgischen Zuwandererinnen und Zuwanderer damals zwar einen katholischen Priester mitbringen durften, aber kein Braurecht für ihr Bier in Brandenburg erhielten. (KNA)

Gregor Krumpholz

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