zum Hauptinhalt
Jahrestag. Vor einem Jahr wurde an der Schwanenalle der Grundstein für den Wiederaufbau der Ventehalle gelegt. Inzwischen sind Anwohner, Investor und Stadt zerstritten. Ein B-Plan soll aufgestellt werden, eine Veränderungssperre wird gefordert.

© Sebastian Gabsch

Landeshauptstadt: Alle schreiben an Herrn Hirche

Knatsch um Kongsnaes: CDU fordert Veränderungssperre, Anwohner kritisieren Aufbaupläne und alle drohen sich mit Klagen

Berliner Vorstadt - Die CDU fordert eine Veränderungssperre an der Schwanenallee, Anwohner beklagen die ihrer Ansicht nach überdimensionierte Planung für den Wiederaufbau der Ventehalle, alle Beteiligten schreiben an die Unesco und sie drohen, sich gegenseitig zu verklagen: Was als Vorzeigeprojekt für die Wiedergewinnung historischer Bauten im Unesco- Welterbe startete, ist zum Streitobjekt geworden. Am Dienstagabend wurde auf den Tag ein Jahr nach der Grundsteinlegung für die Ventehalle am Havelufer in der Schwanenallee öffentlich über die Planungen diskutiert – allerdings ohne die Hauptbeteiligten, Investor Michael Linckersdorff sowie die Stadt Potsdam. Sie sind der Einladung von Peter Daniel vom Verein Berliner Vorstadt nicht gefolgt.

Die Meinung in der Villa Schöningen an diesem Abend war daher einhellig: Linckersdorff lege mit seinem neuen Bauantrag für die Matrosenstation eine Mogelpackung vor. Er habe die Bauunterlagen einsehen können und sei zu dem Schluss gekommen, dass sich gegenüber dem ersten Bauantrag kaum etwas geändert hat, sagte Anwohner Götz von Kayser. Die auf den Anträgen beruhenden Baugenehmigungen der Stadt sind nach Hinweisen des Verwaltungsgerichts seitens der Stadt zurückgenommen worden. Linckersdorff hat fünf neue Bauanträge gestellt.

Geplant ist, die Ventehalle im Originalgrundriss wieder aufzubauen und die umlaufende Veranda mit variablen Glasscheiben zu versehen. Im Innenbereich der Halle im norwegischen Stil sollen 60 Sitzplätze, auf der Veranda 30 Sitzplätze entstehen. Zudem gebe es 15 Sitzplätze auf der Bastion am Havelufer. Anwohner bezweifeln, dass es bei dieser Größe bleibt. Den angrenzenden Funktionsbau „mit einer Höhe von 4,50 Meter“ empfindet von Kayser als „Küchenbunker“. Linckersdorff erklärte auf Anfrage, in dem Anbau würden Toiletten, Sozialräume und eine „kleine Küche“ untergebracht. Er sei mit der Ventehalle über einen Glasgang verbunden. Dass der Anbau modern werde, sei vom Denkmalamt der Stadt als Kontrast zur historischen Halle so gewünscht.

Es ist nicht der einzige Kritikpunkt der Anwohner. In einem Bestandsgebäude sollen alle Fenster entfernt und „Schießscharten“ in einer Brüstungshöhe von 1,83 Meter eingebaut werden. Dass dieser Raum dann noch zum Wohnen genutzt werden kann, bezweifelt von Kayser deshalb. Weitere Eckdaten des Bauantrags ließen auf eine gewerbliche Nutzung schließen. Von Kayser wirft Linckersdorff deshalb eine Verschleierung seiner tatsächlichen Absichten vor. Der wehrt sich gegen die Vorwürfe: Das Haus sei eine frühere Bootshalle, die auf der Nordseite die Originalfenster erhalte. Auf der anderen Seite würden als Ausgleich dazu Fenster bis zum Boden eingebaut. Da die Wohnung mit einem offenen Kamin als Loft vorgesehen ist, seien in der Decke Fenster für die Lüftung vorgesehen. Dies werde von den Anwohnern falsch interpretiert.

Linckersdorff erklärte, der neue Bauantrag sei eine erheblich reduzierte Version des ersten. Auch der Steg sei um 75 Prozent kleiner. Das sieht von Kayser anders und betonte, dass der Verein wahrscheinlich wieder gegen eine neue Baugenehmigung klagen werde. Beim Zuschlag an Linckersdorff sei es nicht um die Verträglichkeit des Projektes für das Weltkulturerbe gegangen, sondern um die Höhe des Kaufpreises. Die Investition müsse Linckersdorff nun wieder erwirtschaften. Er wolle das Potsdamer Welterbe kommerzialisieren und sei kein Mäzen, wie er sich selbst darstelle. Linckersdorff erwiderte seinerseits auf Nachfrage: Er prüfe Schadensersatzansprüche gegen die klagenden Anwohner, da die Verzögerung bei dem Bauvorhaben ihn jährlich eine sechsstellige Summe koste.

Fast wehmütig klang da die Version des Vorsitzenden vom Verein „Royal Luise“, Claus Reichardt. Auch der Yacht- und Schifffahrts-Verein hatte sich um den Wiederaufbau der Ventehalle beworben. Er wollte dort Vereinsräume, ein kleines Museum und ein Café einrichten. Am Steg hätten die „Royal Luise“ und höchstens noch fünf, sechs historische Schiffe Platz gefunden. Allerdings wollte sein Verein auch erheblich weniger zahlen, so Reichardt. Die Form der Bürgerbeteiligung wurde ebenfalls heftig kritisiert. Es gebe sie nicht, fand Anwohner Hans-Joachim Rose.

CDU-Kreischefin Katherina Reiche hat inzwischen die Unesco um Klärung und Einschätzung gebeten. Der Präsident der Unesco-Kommission, Walter Hirche, der die Stadt um Stellungnahme und Übersendung der Unterlagen bat, hat in den letzten Tagen viel Post bekommen. „Alle haben sie Herrn Hirche geschrieben“, hieß es gegenüber den PNN. Unter anderem Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), Linckersdorff und auch Baudezernent Matthias Klipp (Bündnisgrüne). Der hatte sich nach PNN-Informationen über eine Aussage Hirches in einer Tageszeitung beschwert. H. Dittfeld/J. Brunzlow

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false